Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten. A. F. Morland
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      Er wandte sich einem der kleinen vergitterten Fenster neben der Tür zu und brachte sein Gesicht nah an die Scheibe heran.

      Hinter dem rechten Fenster erspähte er so etwas wie eine Teeküche, in der sich niemand aufhielt. Doch als er sich dem zweiten Fenster zuwandte, blickte er in einen länglichen Raum mit einem rechteckigen Tisch, an dem zwei Männer saßen. Sie wandten dem Beschauer ihre Rücken zu. Ihre Aufmerksamkeit galt einem Fernsehgerät, das auf einer Konsole hoch an der gegenüberliegenden Wand flimmerte.

      Die Männer hatten schwarze Haare. Einer war schlank, er schien jünger zu sein als der andere, der jetzt mit einer breiten, behaarten Pranke nach einer Tasse griff und sie an seine Lippen setzte.

      Freed hielt es für möglich, dass es sich bei den Kerlen um Hitmen handelte, oder sogar um Gorillas, die sich hier die Zeit vertrieben, bis sie gebraucht wurden.

      Waren es vielleicht Orlandos Babysitter?

      Freed wandte sich vom Fenster ab. Er tastete sich durch das Gerümpel, ohne genau zu wissen, was er suchte. Er wusste nur, dass er die Tür ins Haus nicht selbst öffnen konnte. Daraus ergab sich zwingend die Notwendigkeit, es von jemand anderem tun zu lassen. Nach Lage der Dinge boten sich nur die beiden Männer an, die da vorm Fernsehapparat hockten.

      Als er einen großen Müllcontainer fand, der offenbar randvoll mit leeren Tonic und Sodawasserflaschen gefüllt war, improvisierte er einen Plan.

      Er schleppte den Container unter das Fenster, hinter dem die beiden Kerle saßen. Dann begann er, die Flaschen über den Hof gegen die Mauer zu werfen.

      Es knallte ganz schön, wenn die Flaschen zerbarsten, doch die beiden Männer blickten erst nach der siebten oder achten Flasche auf.

      Wie ein Automat schleuderte Freed die Flaschen über den Hof. Er konnte die Männer nur aus dem Haus locken, wenn sie annehmen konnten, es nur mit einem übermütigen Randalierer oder einem betrunkenen Jugendlichen zu tun zu haben, der leere Flaschen über die Mauer schmiss. Ein verstohlenes Geräusch hätte die Kerle wesentlich vorsichtiger reagieren lassen. Vermutlich hätten sie dann ihren Boss gefragt, was sie tun sollten.

      Schließlich stand der jüngere der beiden auf und trat ans Fenster. Er legte eine Hand über die Augen und kniff die Lider zusammen. Freed duckte sich. Als er den Kopf wieder hob, ging der Bursche bereits nach rechts hinüber, wo Freed eine Tür bemerkt hatte.

      Ohne Unterbrechung schleuderte er Flasche um Flasche gegen die Mauer.

      Der Mann mit der Boxerpranke blieb sitzen. Freed fischte ein paar Flaschen mehr aus dem Müllbehälter, dann baute er sich neben der Tür auf. Die Tür schwang nach innen auf, das hatte Fred bereits herausgefunden. Er hörte einen Schlüssel knirschen und schleuderte die letzte Flasche. Er spürte, wie die Tür geöffnet wurde. Eine Sohle knirschte leise. Der Bursche vermutete eine unmittelbare Gefahr bestimmt nicht gleich an der Tür.

      Freed presste sich mit dem Rücken gegen die Mauer. Er hörte den anderen atmen, dann tief Luft holen.

      „Jetzt ist es ruhig!“, rief der Mann über die Schulter zurück. Freed konnte ein wenig Licht sehen, das über die Schwelle fiel.

      „Dann komm wieder rein“, lautete die gleichmütige Antwort.

      Jetzt, dachte Freed, jetzt dreht der Kerl sich um.

      Lautlos bewegte er sich zur Seite. Er konnte den Umriss des Mannes erkennen, der eben die Tür wieder schließen wollte. Freed schmetterte ihm die ineinander verschränkten Fäuste in die Seite.

      Der Kerl sackte zusammen. Freed fing ihn auf. Er spürte, wie der Mann vergeblich versuchte, Luft zu holen. Er setzte ihn gegen die Wand, dann schob er sich durch die Tür in den schmalen Raum hinein, in dem der andere saß und sich gerade eine Zigarette anzündete.

      Der Gorilla wandte den Kopf, und er reagierte sehr schnell. Er ließ die Zigarette und das brennende Feuerzeug einfach fallen und sprang auf. Freed glitt einen halben Schritt auf ihn zü, dann drehte er sich in der Hüfte und rammte dem Kerl den angewinkelten Ellbogen aus geduckter Haltung unter die kurzen Rippen.

      Der Mann war stämmig, und er war kein Kämpfer, der beim ersten Hieb aufgab. Die Pranke glitt unter die leichte Leinenjacke, während die andere Hand sich zur Faust ballte und auf Freeds Kopf zuschoss.

      Der G-man blockte den Schlag ab und wollte einen Schritt zur Seite ausweichen, wobei er den verstauchten Knöchel vergaß. Der Fuß gab nach, und Freed sackte nach vorn, wodurch ein anderer Fausthieb sein Schädeldach streifte.

      Jetzt hatte der Gangster seinen Revolver herausgebracht, aber er konnte ihn nicht in Anschlag bringen, weil Freed ihm zu nah war. Deshalb wollte er die Waffe als Schlagwerkzeug benutzen.

      Freed Verbiss den Schmerz in seinem Fuß, als er ihn dem anderen in die Kniekehle hakte und ihm gleichzeitig den Kopf in den Magen rammte.

      Der Tisch stürzte um, Porzellan zerbrach klirrend. Der stämmige Gangster torkelte. Freed legte alle Kraft in den einen vernichtenden Uppercut, den er auf die Reise schickte.

      Er sah das zerknitterte Gesicht des Gangsters genau vor sich, als die Faust am runden Kinn explodierte. Der Kerl stürzte über einen umgekippten Stuhl und schlug mit dem Kopf gegen ein Tischbein. Er blieb reglos liegen.

      Freed rieb seine Handknöchel, schnappte den Revolver, der dem Gangster entfallen war, dann rannte er in den Flur zurück, wo der jüngere sich eben von seinem Niederschlag erholte und japsend Luft holte. Der G-man entwaffnete auch ihn, dann schleppte er ihn in den angrenzenden Raum, wo er die beiden Kerle mit einem Paar Handschellen an einen Heizkörper fesselte.

      Der Stämmige schwebte noch im Reich der Träume und würde auch dort noch einige Zeit verweilen, wie Freed feststellte. Deshalb herrschte er den jüngeren der beiden an.

      „Wo ist Augie?“

      Am höhnischen Ausdruck der kleinen Augen erkannte Freed sofort, dass der Bursche ihm die Frage nicht beantworten würde, nicht einmal dann, wenn er ihn folterte. Er starrte den Burschen deshalb grimmig an. „Kein Ton, verstehst du? Oder ich komme wieder und mache euch stumm!“ Mit einer ruckartigen Bewegung fetzte er das Telefonkabel aus der Wand, ehe er den Raum verließ.

      Freed öffnete eine Feuerschutztür und spähte in den Teil des Ganges, der dahinterlag. Er hörte Musik. Im Gang brannten mehrere Lampen. Eine junge blonde Frau kam aus der Toilette und ging in die Bar zurück, ohne ihn zu bemerken. Freed entdeckte eine Tür mit der Aufschrift PRIVAT. Ohne zu zögern öffnete er sie.

      Er stand am Fuß der Treppe, die steil ins Obergeschoß führte. Freed betrat die Treppe und ließ die Tür sacht hinter sich zufallen. So schnell es sein verstauchter Fuß erlaubte, stieg er die Stufen hinauf.

      Der obere Flur war nur kurz. An jedem Ende brannte eine Wandlampe. Es gab vier geschlossene Türen. Vor der Tür, die dem Ende der Treppe am nächsten lag, war der blaue Velourläufer stärker abgetreten als vor den anderen Türen.

      Art Freed presste sein Ohr gegen das Holz. Jeden Augenblick konnte der Zauber losgehen. Vielleicht hatte er einen Alarm ausgelöst, als er die Treppe heraufgekommen war, oder die Kerle, die er unten zurückgelassen hatte, machten sich auf irgendeine Weise bemerkbar.

      Er hörte verschiedene Geräusche, die zunächst eine verschwommene Kulisse bildeten. Erst als er sich konzentrierte, vermochte er einige Laute zu unterscheiden. Ein Mann machte eine knappe Bemerkung, ein anderer lachte. Es СКАЧАТЬ