Название: So große Gefühle!
Автор: Anselm Grün
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Секс и семейная психология
isbn: 9783833874604
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Hier heißt es im Griechischen: diaterein. Es meint: Maria schaut durch die Worte ihres Sohnes hindurch in den Grund ihrer eigenen Seele. Und dort im Grund ihrer Seele fühlt sie sich eins mit ihrem Sohn. Auch wenn sie den Sohn, sein Verhalten und seine Worte, absolut nicht versteht, so sieht sie durch die Worte, durch ihre Emotionen von Angst und Schmerz hindurch, um sich eins zu fühlen mit ihrem Kind.
ICH VERSTEHE DICH NICHT, ABER ICH VERZWEIFLE NICHT
Das ist ein schönes Bild dafür, wie Eltern auf ihre pubertierenden Kinder reagieren sollen. Sie sollen sich eingestehen, dass sie das Verhalten und das Reden der Kinder nicht verstehen. Aber sie sollen nicht verzweifeln oder sich Vorwürfe machen, was sie alles verkehrt gemacht haben könnten. Denn damit würden sie sich nur schwächen.
Ihre Schwächen aber würden den pubertierenden Kindern nicht zum Segen gereichen. Im Gegenteil, diese finden dann keinen Halt mehr in Mutter und Vater. Sie wollen sich ja reiben. Da brauchen sie starke Eltern, die gut in sich selbst feststehen. Wenn diese durch all die Missverständnisse, durch all das Unverständliche im Verhalten der pubertierenden Töchter und Söhne in den Grund ihrer eigenen Seele hinuntersteigen und sich dort eins fühlen mit dem inneren Grund ihrer Kinder, dann wächst in ihnen die Hoffnung, dass diese innere Einheit hält, auch wenn nach außen hin alles auseinanderzustreben scheint. Und sie dürfen hoffen, dass diese EINHEIT auf dem Grund ihrer Seelen auch wieder ins Bewusstsein vordringt und nach und nach auch im Sprechen und Fühlen wieder Einheit entstehen kann. Die innere Einheit ist die Verheißung, dass ein neues Einverständnis zwischen Eltern und Kindern wachsen kann. Die Kinder spüren diese Einheit. Sie gibt ihnen Halt in ihrer Rebellion gegen die Eltern.
Heilungsgeschichten von Kindern
Positive wie negative Gefühle werden in den biblischen Heilungsgeschichten sichtbar, in denen es um die Beziehungen zwischen Vater und Tochter, Mutter und Tochter sowie Vater und Sohn geht.
BIBELGESCHICHTE
Von der zwölfjährigen Tochter des Synagogenvorstehers Jairus erzählt Markus. Man kann sich vorstellen, dass dieser Vater vor lauter »Vorstehen« seine Tochter für einige Zeit übersehen hat. Das Kind kann aber nicht leben, wenn es vom Vater übersehen wird, es liegt krank da.
Die Heilung beginnt damit, dass der Vater seine Ohnmacht einsieht. So geht er zu Jesus. Dieser möge seinem Kind die Hand auflegen, damit es wieder gesund werde. Doch auf dem Weg zurück begegnen Jairus und Jesus Verwandten, die berichten, die Tochter sei gestorben. Es habe also keinen Sinn mehr, dass Jesus zu ihr käme. Doch dieser sagt zum Synagogenvorsteher: »Sei ohne Furcht, glaube nur!« (Mk 5,16) Er wandelt also die Gefühle des Vaters um: Angst soll zu Vertrauen werden. Er soll nicht nur an Gott glauben, sondern auch an sein Kind. Er soll dem vertrauen, was sich in diesem gerade bewegt. Väter haben oft die Tendenz, ihre Töchter zu kontrollieren. Doch das lässt diese nicht leben. Jesus traut dem Vater nun zu, dass der seine Kontrollwünsche aufgibt und seine Tochter frei ihre eigene Form finden lässt.
Markus erzählt weiter von den Emotionen der Verwandten. Sie weinen und jammern. Doch als Jesus ihnen sagt: »Das Kind ist nicht gestorben, es schläft nur«, da lachen sie ihn aus. Ihre Gefühle schlagen ins Gegenteil um. Doch Jesus lässt sich davon nicht beeindrucken. Er fasst das Kind an der Hand und sagt zu ihm: »Mädchen, ich sage dir, steh auf!« (Mk 5,41) Und sofort steht die Tochter des Jairus auf und geht umher. Jesus bringt also das, was scheinbar unter der Decke der Gefühllosigkeit im Mädchen geschlummert hat, wieder zum Leben. Es ist ein wichtiges Wort, das Jesus zu der Tochter sagt: »Steh auf!«
KRAFT UND ZUVERSICHT VERMITTELN
Für das Kind ist es eine einschneidende Erfahrung, wenn es sich langsam selbst aufrichtet. Es möchte aufstehen, doch dann fällt es immer wieder hin. Manche Kinder verlieren in solchen Situationen ihren MUT. Da braucht es die Eltern, die immer wieder ermutigen: »Steh auf! – Du kannst stehen. Du hast Kraft in dir.« In diesem Befehl spürt das Mädchen die Emotion Jesu, die zugleich von Kraft und von Liebe geprägt ist. Und es ist ein Gefühl von Klarheit. Jesus redet nicht um den heißen Brei herum. Er sagt klar: »Steh auf!« Und das Mädchen spürt diese klare Kraft, die Zuversicht und die Hoffnung, die vom Wort Jesu ausgeht. Sie traut sich aufzustehen. Und dann befiehlt Jesus, dass man dem Mädchen zu essen geben solle. Es soll sich selbst spüren, indem es wieder isst und das Essen genießt.
BIBELGESCHICHTE
Ein Mädchen, das von einem unreinen Geist besessen war, ist Thema einer anderen Geschichte, in der es um die Beziehung zwischen Mutter und Tochter geht. (Mk 7,24-30) Der unreine Geist ist ein Bild für negative Gefühle, von denen das Kind gleichsam besetzt ist.
Er trübt das Denken, zeigt sich oft in Zwangsgedanken oder in negativen Denkmustern. Der Theologe Fridolin Stier (1902–1981) übersetzt die »unreinen Geister« oder die »Dämonen« mit »Abergeistern«. Das kennen auch manche heutigen Mütter von ihren Töchtern. Bei allem, was sie ihren Kindern sagen, antworten die mit: »Aber. – Aber bei mir ist es ganz anders. Aber bei mir geht das nicht. Aber das ist unfair. Aber das kann ich nicht machen.«
Die Mutter fühlt sich ohnmächtig ihrer Tochter gegenüber. Sie geht auf Jesus zu und wirft sich ihm zu Füßen und bittet ihn, er möge aus ihrer Tochter den Dämon austreiben. Doch Jesus geht zunächst nicht auf die Bitte der Mutter ein. Er konfrontiert sie vielmehr mit ihrem Verhalten der Tochter gegenüber: »Lasst zuerst die Kinder satt werden; denn es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen.« (Mk 7,27) Die Mutter spürt, dass sie ihre Tochter nicht gesättigt hat, dass sie zu viel Energie für ihre eigenen Bedürfnisse verwendet hat. Nun liegt das Kind krank auf dem Bett, weil es nicht satt geworden ist an Zuwendung. Die Größe der Mutter besteht jetzt darin, dass sie sich von Jesus mit ihrer Wahrheit konfrontieren lässt. Sie antwortet: »Ja, du hast recht, Herr! Aber auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen.« (Mk 72,8)
Die Mutter erkennt, dass ihre Tochter nicht satt geworden ist. Aber sie offenbart Jesus auch ihre Bedürftigkeit: Ich habe ja auch Bedürfnisse. Für mich muss auch etwas übrig bleiben von dem Brot, das für die Kinder bestimmt ist. Ich brauche auch Zeit für mich. Ich kann nicht nur für das Kind leben.
Jesus bestätigt ihr, dass sie die Situation richtig erkennt. Er antwortet ihr: »Weil du das gesagt hast, sage ich dir: Geh nach Hause, der Dämon hat deine Tochter verlassen.« (Mk 7,29) Im Griechischen heißt es noch genauer: »Wegen dieses deines Wortes, wegen dieser deiner Einsicht geh: Der Dämon hat deine Tochter verlassen.« Weil die Mutter die Beziehung zu ihrer Tochter richtig erkennt, verlässt der unreine Geist das Kind.
BEDÜRFNISSE ERKENNEN, FREIRÄUME SCHENKEN
Der Dämon ist also keine äußere Macht, die die Tochter im Griff hat. Er ist vielmehr innere Verwirrung und Verwicklung zwischen Mutter und Tochter. Beide sehen sich selbst nicht richtig. Der trübe Geist hindert sie daran, sich gegenseitig so zu sehen, wie sie in Wirklichkeit sind.
Man könnte die Geschichte auch noch anders deuten: Die Tochter ist nicht krank. Sie ist scheinbar vom Dämon besetzt, weil die Mutter sie nicht richtig wahrnimmt. Diese Erfahrungen machen manche Mütter pubertierender Töchter.
Eine Mutter erzählte mir, ihre СКАЧАТЬ