Название: Tödlicher Crash
Автор: Barbara Wimmer
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839263167
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An Kommissar Leyrhofer biss sich aber auch so mancher Journalist die Zähne aus, so wenig Informationen ließ er nach draußen durchsickern, wenn er schlecht gelaunt war. Und schlecht gelaunt – das war er eigentlich immer häufiger in letzter Zeit. Er hatte nur noch wenige Jahre bis zu seiner Pensionierung. Auch wenn er seine Arbeit prinzipiell gern machte, kämpfte er damit, dass die Kriminologie in den vergangenen Jahren nicht gerade einfacher geworden war, um es milde auszudrücken. Der Druck, Fälle rasch aufzuklären, war gestiegen. Und die technischen Mittel, die sie jetzt zur Aufklärung einsetzen mussten, halfen dabei oft nur sehr bedingt, verschlangen aber unendlich viel Zeit und Ressourcen. Und dazu kamen dann auch noch Personaleinsparungen. Nicht nur in der freien Marktwirtschaft wurden Arbeitskräfte wegrationalisiert, sondern auch bei den Behörden.
Leyrhofer hatte sich zwar für sein Alter rasch umgestellt und die technischen Entwicklungen nicht nur akzeptiert, sondern sie auch ausreichend analysiert, um sie für seine Tätigkeiten gewinnbringend einzusetzen. Aber ganz klar war ihm freilich nicht, was da bei den Datenbanken und Programmen im Hintergrund ablief und warum Computer manchmal Ergebnisse ausspuckten, die sich so gar nicht mit seinem Gespür deckten. Ein Gespür, auf das er sich eigentlich immer verlassen konnte. Er war präzise, objektiv, hart, aber gerecht. Kein Computer dieser Welt konnte dies ersetzen.
Der Kriminalkommissar biss gerade in seine Leberkäse-Semmel, als das Telefon klingelte. Von seiner Sekretärin war im Moment weit und breit keine Spur. Er blickte aufs Display. Unbekannte Nummer. Trotzdem hob er, noch an dem Leberkäse kauend, ab. Es könnte ja wichtig sein.
»Herr Leyrhofer? Miro Slavic hier, Geschäftsführer von Noofle Austria. Entschuldigen Sie die Störung, aber ich glaube, ich hätte da eine wichtige Information im Fall Wolfgang Steinrigl für Sie. Können wir uns treffen?«
Der Kommissar war neugierig, was ihm der Autokonzern für Informationen verkaufen wollte. Normalerweise war es eher schwierig, im Zuge von Ermittlungen an Daten zu kommen. Was also trieb den Österreich-Geschäftsführer des US-Konzerns freiwillig zur Polizei? Das konnte nur bedeuten, dass die Erkenntnisse auch dem Autokonzern selbst halfen, wieder in einem besseren Licht dazustehen, und nicht nur der Polizei. Aber woher wusste dieser Mensch eigentlich, dass er – also er, der Kriminalkommissar, für den Fall zuständig war? Das war seines Wissens noch nicht nach außen kommuniziert worden.
»Wann können Sie bei mir im Büro sein?«
»Passt es Ihnen um 16 Uhr?«
Leyrhofer blickte auf die Uhr. Das war in zwei Stunden. Er hatte noch genügend Zeit, um ein paar Recherchen über diesen Slavic anzustellen.
»Kommen Sie, kommen Sie. Ich erwarte Sie in meinem Büro.«
Kapitel 7
Auf Michael Leyrhofers Bürotisch stand ein Foto seiner Familie in jungen Jahren. Frau und Kind hatte er, das Kind war mittlerweile 30 und mit dem Mathematikstudium längst fertig. Zu Hause war weitgehend Ruhe eingekehrt. Ruhe, die der Kommissar abends dringend brauchte nach der ganzen Hektik im Büro. Es war später Nachmittag, aber draußen war es bereits ziemlich düster. Um die Jahreszeit wurde es einfach den ganzen Tag über nicht richtig hell. Das Licht, eine magere 30-Watt-LED-Lampe, im Büro des Kriminalkommissars brannte. Der Kommissar gähnte. Seine Herbstdepression machte sich einmal mehr bemerkbar. Am Abend musste er unbedingt wieder seine Lichtlampe aufstellen. Sie half ihm jeden Winter dabei, seine bleierne Müdigkeit in den Griff zu kriegen. Zusätzlich zum Kaffee selbstverständlich. Leyrhofer machte sich eine Notiz: »Lichtlampe!!!!« Den Zettel heftete er sich in die linke obere Ecke seines Whiteboards. Und zwar genau so, dass er ihn am Abend vor seinem Heimweg noch einmal sehen musste.
Der Kriminalkommissar war gerade mit dem Anheften fertig, als ein dünner, abgemagerter Typ, dem sein Anzug fast um eine ganze Nummer zu groß war, in sein Büro trat. Miro Slavics Wangenknochen stachen hervor und seine Zähne waren leicht gelblich verfärbt. Zahlte Noofle so schlecht, dass sich der Herr keine perfekt sitzende Garderobe leisten konnte? Oder ein Bleaching der Zähne?
»Herr Kriminalkommissar. Es freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Slavic und schüttelte Leyrhofer die Hand. Slavic’ֹs Händedruck war nicht fest, aber auch nicht locker. Manchmal ergab sich daraus schon ein erster Eindruck. Nervöse Menschen, die etwas zu verbergen hatten, drückten hier gerne ein wenig zu fest zu. Oder sie hatten verschwitzte, rutschige Hände und wollten das Händeschütteln schnell hinter sich bringen. Nicht so bei Slavic, der die Hand des Kommissars äußerst ausführlich und obendrein noch selbstbewusst schüttelte.
»Herr Leyrhofer, wir haben im Fall Wolfgang Steinrigl Daten, die wir Ihnen für Ihre Ermittlungen zur Verfügung stellen wollen«, sagte Slavic. Er fackelte also nicht lange herum, sondern brachte den Grund seines Besuchs auf den Punkt.
»Wie Sie bereits wissen, wurde bei dem Crash kein automatischer Notruf vom Wagen abgesetzt, wie es bei unseren Fahrzeugen standardmäßig üblich ist. Wir haben ein paar Anomalien festgestellt, über die wir Sie informieren möchten.«
»Von welchen Anomalien sprechen Sie?« Leyrhofer gab sich kurz angebunden. Er mochte es nicht, wenn ihn jemand so überfiel. Aber natürlich war er neugierig und vielleicht war ja doch etwas Wichtiges dabei. Er beobachtete sein schlaksiges Gegenüber auf jeden Fall ganz genau bei seinen Worten, die dieser bisher äußerst präzise wählte.
»Bei der Untersuchung unserer Software haben wir festgestellt, dass das Fahrzeug bereits ab einem bestimmten Zeitpunkt, rund 15 Minuten vor dem Crash, nicht mehr selbstständig gehandelt hat. Stattdessen wurde es aus der Ferne gesteuert. Von einem Fremden.«
»Was bedeutet das, dass das Auto von einem Fremden gesteuert wurde? Wie ist so etwas überhaupt möglich? Steuert das nicht sowieso der Bordcomputer?«
»Wie soll ich Ihnen das jetzt am einfachsten erklären …? Natürlich wird das Auto von einem Bordcomputer gesteuert. Die einzelnen Komponenten in selbstfahrenden Autos sind aber hochgradig miteinander vernetzt. Das ist notwendig, damit das Auto genau weiß, was es zu tun hat und die Algorithmen selbstständige Entscheidungen treffen können. An dem Tag, an dem es zu dem Crash kam, wurde eine Sicherheitslücke in unserem System gefunden. Das kommt, wie bei jedem System, das mit Computern zu tun hat, hin und wieder vor. Wir bei Noofle tun unser Bestes, die Lücke möglichst rasch und zeitnah zu beheben. Oft dauert es nur einige wenige Stunden, bis ein Problem dieser Art vollständig aus der Welt geschafft ist. Das haben wir auch dieses Mal gemacht, also das Problem behoben.«
»Das heißt, die Lücke ist mittlerweile beseitigt?«
Der Kriminalkommissar war leicht ins Schwitzen gekommen. Er sah in seinem Geiste bereits weitere Insassen selbstfahrender Flexus Alpha im Straßengraben landen.
»Ja. Die Sicherheitslücke wurde gestern von unseren IT—Spezialisten beseitigt. Leider wurde sie beim Crash ausgenützt.«
»Was macht Sie da so sicher?«
»Es ist generell nichts Außergewöhnliches, dass das passiert. In der Fachsprache nennt man das »Zero-Day-Exploit«.
»Zero-Day-Exploit. Noch nie gehört. Das wird mir zu technisch jetzt. Ich СКАЧАТЬ