Название: Jedermannfluch
Автор: Manfred Baumann
Издательство: Автор
Жанр: Триллеры
isbn: 9783839265840
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»13B.«
Merana stutzte. »13B? Wenn ich das recht im Kopf habe, dann muss das am Anfang der Nonntaler Hauptstraße liegen.«
Braunberger nickte. »Du hast recht. Meines Wissens liegt das nicht weit entfernt vom Rösthaus und Café ›220 Grad‹.«
Merana fixierte seinen Kollegen, schüttelte irritiert den Kopf. »Also Otmar, das verblüfft mich jetzt.« Er wies mit der Hand hinab bis zum Anfang der steinernen Stiege.
»Warum ist sie nicht unten geblieben? Da wären es für sie nur noch wenige Meter in der Kaigasse gewesen. Dann hätte sie schnell den Kajetanerplatz überquert, hätte sich nach der Schanzlgasse gleich rechts gehalten und wäre im Handumdrehen zu Hause gewesen. Dieser Weg wäre bedeutend kürzer. Gar kein Vergleich zu der eher mühsamen Strecke über die Nonnbergstiege, immer am Berg entlang, vorbei am Kloster. Es dauert schon ein wenig, bis man weit hinter der Erhardkirche wieder hinunterkommt. Warum hat sie diesen Weg gewählt? War sie vielleicht doch nicht auf dem Weg zu ihrer Wohnung?«
Er schaute auf seine beiden Kollegen.
»Gute Frage, Herr Kommissar«, entgegnete Braunberger und steckte das Notizbuch zurück. »Vielleicht sollten wir den Esel fragen. Aber ich weiß nicht, ob der uns überhaupt versteht. Immerhin hat er nur ein Ohr.« Sein Lachen erinnerte ein wenig an das kehlige Gemecker eines Ziegenbocks, während er der beschädigten Grautierstatue einen Klaps versetzte.
3
Auch drei Stunden später war das meiste noch weitgehend unklar. Nur auf eine der aufgetauchten Fragen sollte der Kommissar eine einigermaßen einleuchtende Antwort erhalten. Warum Isolde Laudess nicht den wesentlich kürzeren Weg über den Kaigassenausgang, sondern die viel weitere Strecke über die Nonnbergstiege gewählt hatte.
Der Kommissar hatte Jana Daimond wie vereinbart in deren Büro aufgesucht. Er hatte ihr mehrmals bestätigt, die sensiblen Angaben vor allem zu den großen Stars der Festspielproduktion absolut vertraulich zu behandeln. Er würde nur Auszüge davon an seine vertrautesten Mitarbeiter weiterreichen, damit sie mit den Befragungen beginnen könnten. Die Öffentlichkeitschefin hatte auch arrangiert, dass er mit Senta Laudess reden könnte. Sie würde ihn um zwölf Uhr in ihrem Appartement erwarten.
»Frau Laudess wohnt nicht im Hotel?«
»Nein, einigen unserer Künstler ist es angenehmer, während ihres Salzburg-Aufenthaltes eine für sie bereitgestellte Wohnung zu beziehen als im Hotel zu bleiben. Wir versuchen natürlich, diesen Wünschen entgegenzukommen, so gut es geht.«
Bevor er erneut ins Kaiviertel aufbrach, wo die angegebene Wohnung lag, wollte er noch schnell Halt am Alten Markt machen. Er hatte es nicht anders erwartet. Das prächtige Wetter war zu verlockend. Das Café Tomaselli samt Terrasse und gegenüberliegendem Garten war bis auf den letzten Platz gefüllt. Nicht besser sah es beim Café Fürst aus. Auch hier waren alle Tische auf dem Platz vor dem Lokal belegt. Doch dann bemerkte er, dass eine Gruppe von drei Leuten eben die Rechnung bezahlte und sich erhob. Er trat schnell heran und ergatterte den Platz. Er bestellte sich einen großen Schwarzen und einen Apfelstrudel. Er war seit fünf Uhr auf und hatte bis jetzt nur einen Haferflockenriegel zu sich genommen. Die Kellnerin war rasch zurück, stellte ihm das Gewünschte hin. Er nahm die Gabel, kostete ein Stück von der Mehlspeise. Köstlich. Er hatte es nicht anders erwartet. Er nahm das nächste Stück, schloss kurz die Augen, um jeden Bissen noch intensiver zu genießen. So viel Zeit musste sein, beschloss er. Erst sich den verdienten Genuss gönnen, dann weiter mit der Arbeit. Nichtsdestotrotz blieb doch noch ein Stück des Strudels auf dem Teller, als er bereits nach dem Handy griff. Er wollte die kurze Zeitspanne nützen, um sich ein wenigstens gerafftes Bild über die beiden Schwestern Laudess zu verschaffen. Er aktivierte sein Handy. Über Senta, den großen Bühnenstar, gab es wie erwartet eine Fülle an Eintragungen im Internet. Über Isolde war wenig zu finden, zumindest nichts Aufschlussreiches. Beide waren in Salzburg geboren, aber das hatte er schon gewusst. Senta hatte im Alter von 17 Jahren ihre Heimatstadt verlassen. Sie war nach Berlin gezogen, hatte eine Ausbildung an der berühmten Schauspielschule »Der Kreis« absolviert. Schon im zweiten Studienjahr bekam sie eine Gastrolle am Deutschen Theater. Das war der Start für eine auch international beachtliche Karriere. Welchen Weg die um sechs Jahre jüngere Isolde gegangen war, ließ sich für Merana in der Kürze mittels Internetrecherche am Handy nicht ermitteln. Doch er hoffte, von Senta Laudess bald mehr darüber zu erfahren. Er verspeiste das letzte Stück Strudel, trank den Kaffee aus, legte einen Geldschein auf den Tisch und erhob sich. Wie er von Jana Daimond erfahren hatte, lag die Wohnung in der Krottachgasse, einer Seitengasse zur Kaigasse, aus der man gleich nach dem Mozartkino abbog. Er machte sich rasch auf den Weg, erreichte das ihm von Daimond genannte Haus. Merana kannte sich in der Gegend ganz gut aus. Schräg gegenüber gab es ein italienisches Café. Gelegentlich trank er dort einen Cappuccino oder genehmigte sich einen Teller mit Antipasti und dazu ein Glas Wein. Er betrat das große Gebäude, das dem Lokal gegenüber lag. Er hatte im Laufe der letzten Jahre schon hin und wieder bei seinen Ermittlungen mit dem einen oder anderen großen Star aus der Welt der Künste zu tun gehabt. Dennoch spürte er einen Anflug von leichter Nervosität, als er die Marmorstiege langsam nach oben nahm. Im fünften Geschoss machte er Halt und läutete. Und obwohl er wusste, was ihn erwartet, konnte er sich eines gewissen Staunens nicht erwehren. Es war tatsächlich die gefeierte Buhlschaft aus dem »Jedermann« der Salzburger Festspiele, die ihm die Tür öffnete.
»Guten Tag. Ich nehme an, Sie sind Kommissar Merana. Bitte kommen Sie herein.«
Er überlegte, ob er ihr zur Bestätigung seinen Dienstausweis zeigen sollte, ließ ihn dann aber stecken. Das »Appartement«, wie Jana Daimond es in beiläufigem Tonfall bezeichnet hatte, erwies sich als große, luxuriös ausgestattete Wohnung. Beeindruckend war auch der Blick aus dem Salon auf die gegenüberliegende Seite der Stadt. Am anderen Salzachufer war ein Großteil des Kapuzinerbergs mit der lang gezogenen Befestigungsmauer und dem alten Franziskanerkloster am linken Ende auszumachen.
»Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«
»Sehr freundlich, ein Glas Wasser bitte.«
Sie deutete zum auffällig gestylten Glastisch, der in der Nähe des großen Fensters stand. Dann brachte sie eine vollgefüllte hellblaue Karaffe und zwei edel aussehende Kristallgläser. Er setzte sich auf einen der mit hellem Leder überzogenen Sessel. Sie nahm ebenfalls Platz, füllte die Gläser. Sie wirkt älter als auf der Bühne, fand er. In jedem Fall älter als auf den Bildern, die er von ihr kannte. Aber vielleicht täuschte sein Eindruck. Immerhin hatte sie eben erst vom tragischen Tod ihrer Schwester erfahren. Auch das rötlich gefärbte Haar erschien ihm kürzer, als er es von den Fotos in Erinnerung hatte. Nur die erkennbare Kupfertönung war ihm vertraut, so wie er sie von Abbildungen kannte. Er bemerkte den matten Glanz, der in ihren dunklen Augen lag. Auch der sanfte Schwung der Augenbrauen erschien ihm makellos. Sie lächelte. »Soll ich an meinem Gesicht etwas ändern, Herr Kommissar?«
Er spürte, wie ihm die Röte in die Wangen schoss. »Nein, absolut nicht. Falls ich Sie angestarrt habe und Sie das aufdringlich empfunden haben, möchte ich mich entschuldigen. Das lag keineswegs in meiner Absicht.«
Erneut lächelte sie. Aber sie sagte nichts, nahm nur einen Schluck Wasser. Der Glanz in ihren Augen verschwand. Ihre Gesichtszüge nahmen jenen Ausdruck an, den er auch von vielen Bildern, auch aus bestimmten Film- und Theaterszenen kannte. Ihr Mienenspiel spiegelte jene Vitalität und Überzeugungskraft wider, mit der sie auf jeder Bühne brillierte. Er räusperte sich. Dann begann er das Gespräch, indem er ihr zuerst sein Beileid für den erlittenen Verlust aussprach. Sie bedankte sich. Sie wollte wissen, ob man Isolde tatsächlich auf der Nonnbergstiege gefunden hatte, wie ihr Jana Daimond СКАЧАТЬ