Vor Dem Fall. L. G. Castillo
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Название: Vor Dem Fall

Автор: L. G. Castillo

Издательство: Tektime S.r.l.s.

Жанр: Современная зарубежная литература

Серия: Gefallener Engel

isbn: 9788835404392

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СКАЧАТЬ anderen! Wir müssen die anderen warnen.« Sie riss sich von Raphael los. Ihr Gewand bauschte sich hinter ihr, als sie zu den anderen Zelten stürzte. »Rahab, Bithia! Sie kommen! Die Soldaten kommen!«

      Raphael wollte ihr nacheilen, als dutzende von Menschen durch die Zeltgemeinschaft zu stürzten und ihre Habseligkeiten an sich zu reißen begannen. Er sah zurück zum Zelt, in dem Ethan wartete. Er konnte ihn nicht allein lassen.

      Voller Trauer sah er die Angst in den Gesichtern der Menschen. Viele von denen, die dazu in der Lage waren, liefen auf das Tal zu und verschwanden in den Hügeln. Die anderen, zumeist Frauen mit ihren Kindern und die, die alt oder sehr krank waren, blieben hilflos sitzen. Er hörte ihre flehenden Stimmen.

      »Wir haben nichts getan.«

      »Wohin sollen wir denn gehen?«

      »Wir sind von Gott verlassen. Gott hat uns alle verlassen!«

      Miriam bahnte sich ihren Weg durch die Menge und eilte auf den alten Mann zu. »Obadiah, komm mit mir.«

      »Was ist los?«, fragte Rachel.

      »Die Soldaten. Sie sind auf dem Weg hierher. Du und Raphael, ihr müsst verschwinden.«

      Rachel sah Raphael mit einer Frage im Blick an, auf die er nicht antworten wollte. Wenn die Männer hier waren, um die Zeltgemeinschaft zu zerschlagen und mit ihr die Menschen, die in ihr lebten, gab es nichts, was sie tun konnten. Genauer gesagt, sie hatten nicht die Erlaubnis irgendetwas zu tun, was über das hinausging, das ihnen aufgetragen worden war. Sie konnten nicht eingreifen. Rachel wollte das Unvorstellbare verhindern.

      Als er den Kopf schüttelte, schoss ihr Blick zu dem Zelt, in dem sich Ethan versteckte, und dann zu Obadiah. Das Blut wich ihr aus dem Gesicht.

      »Nein«, formten ihre Lippen.

      Ein lautes Ächzen erklang und eine verwitterte Hand streckte sich Rachel entgegen, um ihre Aufmerksamkeit zu erlangen.

      »Rachel, gib mir meinen Stab«, bat Obadiah.

      »Was hast du vor?« Sie keuchte auf, als er sein Gewicht verlagerte und Anstalten machte, sich zu erheben. Sie eilte zur Zeltöffnung und ergriff einen langen, dunklen Stab. Dann eilte sie wieder zu ihm und reichte ihn ihm.

      An seinen knochigen Armen traten die Muskeln hervor, als er sich hochzog. Als er stand, zitterten ihm die Beine. »Ich werde den Soldaten entgegengehen. Bring Ethan und die anderen von hier weg.«

      Rachel blieb der Mund offen stehen, als sie zusah, wie Obadiah von ihr fortschlurfte.

      »Nein, bitte tu das nicht«, bat sie und ging ihm nach.

      Obadiah ging weiter. Seine Füße wirbelten Staub auf, als er durch den Sand schlurfte. »Beeil dich, Frau. Ich kann sie nur für kurze Zeit aufhalten.«

      »Ich werde mit dir gehen«, beharrte Rachel.

      Obadiah hielt an. Er sah zurück zu Raphael, dann wandte er sich ihr zu. Seine Hand zitterte, als er sie ausstreckte, um sie an der Wange zu berühren. »Ich habe viele Jahre gelebt. Ich habe dem Allmächtigen treu gedient, selbst als ich aus meinem eigenen Haus verstoßen wurde… selbst, als meine Tochter erschlagen wurde. Jetzt, am letzten Tag meines Lebens, hat Er dich und deinen Begleiter geschickt. Ich hätte nie geglaubt, dass ich bei meinem letzten Atemzug einen Engel berühren würde, eine Tochter des Allerhöchsten.«

      Rachel schnappte nach Luft und blinzelte. »Ich… ich weiß nicht, wovon du sprichst.«

      Obadiah schenkte ihr ein wissendes Lächeln. »Geh und hilf den anderen, Rachel. Vielleicht begegnen wir uns eines Tages wieder.«

      4

      »Rachel!«, rief Raphael ihr zu. »Hilf mir, Miriam zu finden!«

      Rachel blickte von Raphael zu Obadiah, der auf die Soldaten zuschlurfte. Verwirrung malte sich auf ihren feinen Gesichtszügen ab. Sollte sie bei Obadiah bleiben, der entschlossen schien, den Soldaten geradewegs entgegenzugehen oder sollte sie seinen Befehlen gehorchen?

      Traurige braune Augen erwiderten Raphaels Blick, als sie schließlich zu ihm kam. »Gib es nichts, was wir tun können?«

      Er sah ihr tief in die Augen. Wie konnte er ihr erklären, dass, selbst, wenn sie es versuchten, es keine Garantie gab, dass die Soldaten der Vernunft Gehör schenken würden? Obwohl sie die Macht der Gedankenmanipulation hatten und sie gegen die Soldaten einsetzen konnten, gab ihnen das nicht das Recht, den freien Willen der Menschen zu beeinflussen. Dieser Überzeugung hingen alle Erzengel an. Zugegeben, es war schwer, sich daran zu halten, besonders in Zeiten wie diesen. Die Macht zu haben, die Leben anderer zu retten und nicht die Erlaubnis zu haben, es zu tun. Er musste ihnen nur den Vorschlag unterbreiten und die Menschen würden seiner Führung folgen. Rachel wusste um seine Gabe, aber ihre Seele war so rein, dass ihr nicht einmal der Gedanke kam, dass diese Möglichkeit bestehen könnte.

      »Das Beste, was wir tun können, ist, den anderen zu helfen zu fliehen«, sagte er.

      Rachels Lippen zitterten, als sie Obadiah weiter voranschreiten sah.

      Mit jedem unsicheren Schritt, den Obadiah tat, wuchs Raphaels Bewunderung für den alten Mann. Obadiah, obwohl körperlich schwach, war geistig so stark, dass sein einziger Gedanke sich darum drehte, die anderen zu schützen – nicht darum, wie er der Gefahr aus dem Weg gehen konnte, in die er sich selbst begab, indem er sich den Soldaten näherte. Er musste wissen, dass sein Ende kurz bevor stand, und dennoch ging er weiter. Diese Art von Mut war es, die Raphael die Menschen nur umso mehr lieben ließ. Wenn nur Luzifer sehen könnte, was er sah.

      Raphael legte Rachel eine Hand auf die Schulter. »Komm. Ich werde Ethan holen und du kannst losgehen und – «

      Eine liebliche Stimme klang durch die Luft und erhob sich über das Stimmengewirr des wütenden Mobs und das Marschieren der Soldaten. Sie war so leise, dass Raphael sich fragte, ob er sie sich nur eingebildet hatte.

      Er spähte zu der näher kommenden Menge. Die Soldaten hatten kurz vor Obadiah angehalten und lachten.

      Ihr Anführer stand unbeweglich, sein Gesicht halb bedeckt von einem Bronzehelm und einem dichten schwarzen Bart. Über die Schultern hing ihm eine rote Toga, die von einer runden goldenen Brosche an seinem Hals zusammengehalten wurde. Die Toga wallte im Wind und strich sanft um seine muskulösen Oberschenkel.

      Als der Anführer sein Schwert aus der Scheide zog, schoss eine kleine Gestalt durch die Horde der Soldaten. Einen Moment lang dachte Raphael, es handele sich um einen kleinen Jungen. Vielleicht war es der Sohn eines der Kranken, die in der Zeltgemeinschaft lebten. Dann nahm er die wallende hellblaue Robe wahr, die über den Boden schleifte und eine Staubwolke hinter der Gestalt aufwirbelte.

      »Haltet ein, ich flehe euch an!«, rief die Frau. »Bitte haltet ein.«

      Ihre zierliche Hand legte sich auf den massigen Bizeps des Soldaten. Gegen den gestählten Arm wirkte sie zerbrechlich.

      »Aus dem Weg, Frau«, knurrte der Soldat und schob sie von sich.

      Die Frau stolperte einige Schritte nach vorn und fiel vor Obadiahs Füßen zu Boden. Dunkles Haar bedeckte ihr Gesicht wie ein seidener Vorhang. Aus der Entfernung vernahm Raphael ihr Schluchzen. Ein Geräusch, das ein merkwürdiges Gefühl in ihm wachrief. Es war, als sei ein Seil an seine Brust gebunden, das ihn zu ihr hinzog. Erschrocken angesichts der Heftigkeit des ungewohnten Gefühls stemmte er die Füße СКАЧАТЬ