Название: Butler Parker 191 – Kriminalroman
Автор: Günter Dönges
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Butler Parker
isbn: 9783740965860
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Sie trug ein sogenanntes Etuikleid aus grellrotem Satin mit Ausschnitt. Ihre Füße steckten in Schuhen, in denen sie unsicher vor und zurück schwankte. Ihr Gesicht war mit Puder belegt worden, und nur der geschminkte Mund und die grün umrandeten Augen stachen hervor.
Weiße Cocktailhandschuhe, die bis zu den Ellbogen reichten, sowie ein turbanähnlicher Hut mit schillernder Pfauenfeder vervollständigten ihre Erscheinung. Ab und zu nahm sie einen Zug aus einer langen Zigarettenspitze, um sofort darauf lautstark zu husten und den Rauch mit den Händen in der Luft zu verteilen.
»Was für eine Frau!« begeisterte sich Jock Fullerton, der von Konkurrenten gelegentlich auch ›das Handtuch‹ genannt wurde, und starrte hingerissen auf Lady Agatha, die ihre Mitstreiter bei den Händen faßte und offensichtlich eine Art Tanz einleiten wollte.
Fullerton beugte sich zu Parker herüber und räusperte nervös.
»Verzeihen Sie mir eine indiskrete Frage, Mister Parker, bitte, verstehen Sie mich nicht falsch ...«
»Mylady erfreut sich der Freiheit und ist ohne Gemahl, Mister Fullerton«, gab Parker würdevoll zurück. »Mylady ist bereits seit vielen Jahren verwitwet. Ich nehme an, daß dies Ihre Frage sein sollte, Sir?«
»Sie müssen Hellseher sein, Mister Parker«, gab der Besitzer des Etablissements zurück. »Aber es stimmt, genau danach wollte ich fragen.«
Er schwieg einen Augenblick, dann fuhr er fort: »Wissen Sie, eigentlich trage ich ja auch einen Titel, ich darf mich mit Fug und Recht ›Herzog‹ nennen.«
»Sie handeln noch immer nebenbei mit falschen Adelstiteln, Sir?« erkundigte sich Parker höflich.
»Hin und wieder, Mister Parker. Sie wissen, besonders die Amerikaner stehen auf sowas. Aber was meinen Titel betrifft, der ist echt! Ein verarmter Herzog, der beim Pokern gegen mich verlor, hat mich zum Ausgleich seiner Schulden adoptiert.«
»Sie hatten wie immer die besseren Karten im Ärmel, wie zu vermuten ist, Mister Fullerton.«
Der Gastgeber kam nicht mehr dazu, Parker zu antworten, denn die Show begann. Das Ensemble hatte sich in Bewegung gesetzt und führte einen sogenannten ›Can Can‹ vor. Ausgelassene Rhythmen peitschten aus den mächtigen Lautsprechern, die Tänzer wirbelten über die Bühne und warfen die Beine in die Luft, die Bretter dröhnten, und das Publikum begann zu rasen.
Man stieg auf die Stühle und klatschte sich die Hände wund. Gutgekleidete, seriös wirkende Herren in Abendgarderobe benahmen sich wie Twens, Damen gesetzten Alters konnten nicht mehr an sich halten und fingen an zu kreischen, jüngere Männer und Frauen drängten in die Gänge und machten es dem Ensemble auf der Bühne nach.
Lady Agatha beherrschte die Vorstellung. Sie hob ihre stämmigen Beine, ließ sich von ihren Partnern herumschwenken und genierte sich keineswegs bei ihrem Auftritt.
Dann stieg sie von der Bühne und mischte sich unter das tobende Publikum.
Am Ausgang kam es später fast zu einem Tumult, als sich die Herren noch mal umdrehten, und keiner als erster den Saal verlassen wollte ...
*
Nach der Vorstellung ging Mylady mit der Travestie-Truppe und Jock Fullerton in ein nahegelegenes Insider-Lokal, um den Erfolg zu feiern und ein opulentes Frühstück einzunehmen. Gegen Morgen ließ sie sich von Parker in die zur Verfügung stehenden Villa zurückfahren und begab sich sofort in ihr Schlafzimmer.
Josuah Parker umrundete das Haus, um es noch mal zu überprüfen, bevor auch er sich für zwei Stunden hinlegen wollte, als das Telefon klingelte.
»Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen, Sir«, grüßte er, nachdem sich der Anrufer gemeldet hatte.
»Ich wußte ja, daß Sie schon auf den Beinen sind, sonst hätte ich natürlich nicht so früh angerufen«, erklärte Mike Rander, Lady Agathas Anwalt und Vermögens Verwalter. »Wie läuft es denn so, Parker?«
»Meine bescheidene Wenigkeit ist gerade nach Hause zurückgekehrt, da die Nacht in einem Etablissement ganz besonderer Art verbracht wurde, Sir. Man pflegt dort sogenannte Travestie-Shows zu zeigen. Eingeweihte können beim Inhaber außerdem Nachrichten aller Art käuflich erwerben oder weitergeben lassen.«
»Wie ich Sie kenne, ist dieser Inhaber ein Bekannter von Ihnen, der Ihnen noch einen kleinen Gefallen schuldet, wie?« spottete Mike Rander, der den Butler nur zu gut kannte. Er hatte vor Jahren in den USA die Interessen britischer Firmen juristisch vertreten und war während dieser Zeit von einem Kriminalfall in den anderen geschliddert, woran Josuah Parker, der ihm damals als Butler diente, nicht ganz unschuldig war.
»Dem ist in der Tat so«, bestätigte Parker höflich. »Meine bescheidene Wenigkeit war vor einiger Zeit in der erfreulichen Lage, einem gewissen Mister Fullerton, der jetzt dieses Etablissement betreibt, behilflich zu sein.«
»Und dieser Mensch konnte Ihnen einen brauchbaren Tip geben, Parker?«
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