Название: Das Holly Summer Lesebuch
Автор: Holly Summer
Издательство: Bookwire
Жанр: Путеводители
isbn: 9783958693135
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»Ich weiß nicht. Irgendetwas stimmt nicht.»
»Ach was, er ist schrecklich wie eh und je.«
Ich zucke mit den Achseln.
»Soll ich dir helfen? Du hast noch Schmutz an der Wange.«
Wir betreten den Waschraum und ich nehme meine Wechselklamotten aus der Tasche, während Jessy einige Tücher aus dem Spender zieht und sie mit Wasser und Seife befeuchtet.
»Hier, bitte.«
Sie reicht mir die Papiertücher, damit ich mir vor dem Spiegel das Gesicht reinigen kann.
»Du solltest dir diese Unverschämtheiten von Fullerton wirklich nicht gefallen lassen«, redet Jessy auf mich ein.
»Ich weiß. Aber solange ich keinen neuen Job in Aussicht habe, werde ich mich zurückhalten.«
»Suchst du eigentlich nach einem neuen Job?«, will Jessy wissen und grinst mich an.
»Lass mich erst mal die Sache mit der Wohnung in Angriff nehmen.«
»Tut mir leid. Erzähl, was war denn heute Morgen los?«
»Durch den verdammten Stromausfall war mein Wecker aus und du weißt doch, dass mein Auto in der Werkstatt ist. Es kommt immer alles zusammen«, erkläre ich ihr die Situation, während wir uns im Spiegel anschauen und ich die Schmutzstreifen aus meinem Gesicht wische.
»Du Arme hast es wirklich nicht leicht in letzter Zeit.«
»Das kannst du laut sagen.« Dabei schlüpfe ich schnell aus der zerrissenen Hose, streife mir die Bluse von den Schultern und ziehe mir mein Etuikleid über.
»Und wie ist das passiert?« Dabei deutet sie auf meine zerrissene Jeans.
»Ich wollte die Abkürzung durch den Park nehmen, da kam mir ein Jogger entgegen und eine Frau mit einem Kind, das einem Eichhörnchen oder so nachlaufen wollte. Wenn ich nicht eine Vollbremsung hingelegt und den Lenker zur Seite gerissen hätte, wäre das Kind mir direkt ins Fahrrad gelaufen. Also habe ich mich dafür entschieden, diesen tollen Typen einfach umzufahren, um so mit ihm anzubändeln.« Dabei rolle ich genervt die Augen.
»Ach, so kenne ich dich ja gar nicht«, wundert sich Jessy grinsend.
»Nein, wirklich, ich wollte ausweichen und habe stattdessen den Jogger über den Haufen gefahren.«
»Oh Gott, hoffentlich ist ihm nichts passiert! Und dem Kind?«
Ich schüttle verneinend den Kopf.
»Nein, alles okay. Ich war die Einzige, die etwas abbekommen hat. Aber am schlimmsten hat es Elijahs Rennrad erwischt. Ich weiß doch, wie sehr er an dem Teil hängt. Von diesen Rennrädern gibt es nicht viele.«
»Männer und ihre Spielzeuge«, sagt sie und grinst mich im Spiegel an. »Aber erzähl mal, sah er wirklich so scharf aus?«
Ich werfe das benutzte Papiertuch in den Abfalleimer und schaue auf.
»Wer?«
»Na, der Typ, den du umgefahren hast.«
Ich zucke mit den Achseln, um Gleichgültigkeit zu signalisieren. Leider ist er ebenso schnell wieder aus meinem Leben verschwunden, wie er mit voller Power hineingetreten ist. Zu schade, dass wir uns nicht unter anderen Umständen kennengelernt haben. Er war wirklich eine Sahneschnitte ...
»Lassen wir den Alten nicht unnötig warten«, entscheide ich, anstatt Jessys Frage zu beantworten, und stopfe die schmutzige Hose und die Bluse in die Tasche.
Fullerton sitzt mit ernster Miene wie eine Spinne im Netz in seinem Chefsessel hinter seinem Schreibtisch, während Jessy, seine Sekretärin und ich uns auf den unbequemen Stühlen davor niederlassen.
»Wir haben einige neue Objekte zum Verkauf bekommen. Die müssen sofort beworben werden«, bestimmt er. »Jessy, übernehmen Sie das?«
»Natürlich«, sagt sie reserviert.
Nach 20 Minuten weiterer Belanglosigkeiten zum Tagesgeschäft, fordert er uns auf, wieder an die Arbeit zu gehen.
»Sie nicht, Miss Anderson. Mit Ihnen habe ich noch etwas zu besprechen.«
Ich werfe Jessy einen genervten Blick zu, da ich genau weiß, um was es geht, und setze mich wieder. Als Jessy und die Sekretärin die Tür hinter sich geschlossen haben, wendet sich Mister Fullerton an mich und beugt sich über seinen Schreibtisch nach vorne, während er seinen silbernen Kugelschreiber durch die wulstigen Finger gleiten lässt. Diese Besprechung war so unnötig wie ein Kropf. Der kollektive Arschtritt, den er uns ab und zu verpasst, hat dazu beigetragen, mir den Tag so richtig zu vermiesen, und jetzt wird er das Fass zum Überlaufen bringen.
»Der nächste Punkt betrifft Sie, Miss Anderson. Ich brauche Sie in der nächsten Woche für einen Abend hier.« Ich schaue verwundert auf. »Für das Marketingkonzept, das ich ausarbeiten werde«, lässt er mich wissen. Als wäre ich diejenige, die Hintergedanken hat.
»Nächste Woche habe ich einige private Termine am Abend, Mister Fullerton«, will ich seinen Versuch, mich nach Büroschluss hierzubehalten, abwehren.
Er tippt auf seiner Computertastatur und ruft eine Excelliste auf.
»Ich glaube nicht, dass Sie in der Position sind, Forderungen zu stellen«, wirft er beiläufig ein, ohne sich vom Bildschirm abzuwenden. Ich spüre, wie Wut in mir aufsteigt, und balle unbewusst die Hände zu Fäusten.
Am liebsten hätte ich laut aufgelacht. Was heißt hier Forderungen stellen? Er redet von Überstunden, die weit über mein Tätigkeitsfeld hinausgehen. Ich bin Immobilienmaklerin, ich zeige Kunden Häuser und hochwertige Wohnungen, fertige Verträge und Expertisen aus, aber ich bin nicht sein Mädchen für alles. Das sollte ich ihm endlich klar machen.
»Ich kann mich nicht erinnern, Forderungen gestellt zu haben«, antworte ich leicht angefressen. Aber er geht nicht weiter darauf ein. Im Gegenteil, jetzt kommt die Ansprache, die ihm schon die ganze Zeit unter den Nägeln brennt.
»Soweit ich sehen kann, haben Sie in der letzten Zeit nicht einen einzigen Abschluss getätigt. Was ist mit dem Grundstück in der Elm Street? Wieso sind die Interessenten abgesprungen? Sie hatten den Vertrag doch schon so gut wie unterzeichnet.«
»Sie wissen genauso gut wie ich, dass unser stärkster Konkurrent J. Edwards dazwischen gefunkt hat. Wie er es so oft tut«, verteidige ich mich. Fullerton winkt genervt ab.
»Sie machen es sich reichlich einfach, Miss Anderson. Setzen Sie Ihren Charme ein. Das können Sie doch.«
Ich ziehe entsetzt die Luft ein. Diese Anspielung hat gesessen und war obendrein vollkommen aus der Luft gegriffen. Ich sollte mir diese Unverschämtheiten nicht weiter gefallen lassen, also stehe ich jetzt entschlossen auf. Mein Stuhl rutscht dabei über den polierten Parkettboden nach hinten und kippt, aber ich kann ihn zum Glück noch davor bewahren, auf dem Boden aufzuschlagen.
»Ich habe nicht vor, mir weiter Ihre Frechheiten anzuhören«, kontere ich erhitzt.
Fullertons СКАЧАТЬ