Название: Dr. Norden Extra 4 – Arztroman
Автор: Patricia Vandenberg
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Dr. Norden Extra
isbn: 9783740940959
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»Vielleicht hat Kestner gefürchtet, daß Holbruck ihn für einen Dieb halten könnte. Jedenfalls scheint er ganz schön verunsichert gewesen zu sein, was die Ikone anbetraf.«
»Könnte ihm jemand gedroht haben? Auf deutsch gesagt, er hatte ein schlechtes Gewissen.«
»Und er vertraute darauf, daß wir ihn für einen ehrlichen Menschen halten.«
»Das war er auch, aber diese kleinen oder großen Leidenschaften bringen Sammler manchmal in einen Zwiespalt. Es ist wie mit einer schönen Frau, die man begehrt. Da ist einem jedes Mittel recht, sie zu bekommen.«
»Du mußt es wissen«, lachte Fee.
»Natürlich weiß ich es. Was mußte ich mir denn alles einfallen lassen, um dich zu überzeugen, daß ich nur dich liebe.«
»Du hättest mir nur keinen Grund zur Eifersucht geben müssen.«
»Ich habe dir keinen gegeben. Du hast es dir eingebildet, daß es andere gibt. Ich konnte doch nichts dafür, daß andere sich so viel Mühe gaben, mir zu gefallen, während du mir die kalte Schulter zeigtest.«
»Seid ihr wieder mal bei den ollen Kamellen?« ertönte da Dannys Stimme. »Sagt lieber, was in dem Päckchen ist.«
»Nichts für euch, du Naseweis«, bekam er von Fee zu hören.
»Na dann, wird schon nichts Besonderes sein«, meinte er.
Aber Daniel und Fee faßten den Entschluß, Dr. Holbruck einzuweihen.
*
»Fahren wir auf die Wiesen«, sagte Jörg zu Vanessa, als sie die Nordens verlassen hatten.
»Auf welche Wiesen?« fragte sie leicht empört zurück.
»Hier nennt man das Oktoberfest ›die Wiesen‹. Wir können dort etwas essen, da lernen Sie gleich die Atmosphäre in einem Bierzelt kennen.«
»In Hamburg nennen wir es den Dom«, sagte Vanessa, »aber mich kann das nicht begeistern.«
»In München geht es ein bißchen anders zu, aber man muß schon die richtige Einstellung mitbringen.«
»Und wenn man Auto fährt, darf man nichts trinken«, sagte sie neckend.
»Deshalb bringen wir das Auto auch zum Hotel und fahren mit dem Taxi hin.«
»Ist es denn nicht schon zu spät?«
»Iwo, jetzt ist doch erst die richtige Stimmung, und ein Gutes hat es auch, weil um dreiundzwanzig Uhr Schluß ist. Und wenn es Ihnen gefällt, können wir morgen ja noch länger hingehen.«
»Eigentlich möchte ich mir auch noch einige Sehenswürdigkeiten anschauen«, sagte Vanessa. »Die Pinakothek und das Deutsche Museum, Nymphenburg und den Botanischen Garten.«
»Da müßten Sie aber schon länger bleiben, Vanessa. Aber vielleicht ergibt es sich, daß wir uns öfter mal hier treffen.«
»Das kostet Zeit und Geld«, sagte sie. »Ich bin kein reiches Mädchen. Ich lebe allein mit meiner Mutter und habe keinen Vater. Meine Mutter hat einen Friseursalon.«
Sie sagte es hastig herunter, wie um ihn darauf aufmerksam zu machen, daß sie nicht in seine Kreise passen könnte.
»Das gefällt mir«, sagte er. »Ich kann diese versnobten reichen Töchter nicht ausstehen. Ich gehe auch nicht gern auf Partys, nur, wenn es nicht zu vermeiden ist. Und ich bin auch kein Snob, mein Vater erst recht nicht. Sie sind ein ganz besonders sympathisches Mädchen, Vanessa.«
Sie waren wieder beim Hotel angelangt. Er fuhr den Wagen in die Tiefgarage. Vanessa wartete draußen, und da sah sie wieder jenen Mann aus dem Teeraum. Er kam jetzt auf sie zu.
»So allein«, sagte er, und diese plumpe Tour stieß sie sofort ab.
Sie maß ihn nur mit einem abweisenden Blick und entfernte sich. Und da kam zum Glück auch schon Jörg.
»Der Mann aus dem Teeraum hat mich angequatscht«, sagte sie. »Aber jetzt hat er sich aus dem Staub gemacht.«
»Ich werde Sie nicht einen Augenblick mehr aus den Augen lassen«, sagte Jörg und legte den Arm um ihre Schultern. So gingen sie zum Taxistand.
Es war ein schöner milder Abend. Sie bummelten durch die Budenstraßen und fanden Platz in einem Zelt. Sie aßen Hähnchen und tranken zusammen eine Maß Bier, und ihre Stimmung ließ nichts zu wünschen übrig.
Viel zu schnell verging die Zeit. Auf dem Rückweg kauften sie noch gebrannte Mandeln und Magenbrot, und dann beschlossen sie, zu Fuß zum Hotel zurückzugehen.
Es war noch viel Betrieb in den nächtlichen Straßen, wie man es zu normalen Zeiten in München gar nicht gewohnt war.
»Zur Feier des Tages könnten wir in der Hotelbar eigentlich noch ein Glas Champagner trinken«, sagte Jörg.
»Was gibt es denn zu feiern?« fragte Vanessa.
»Daß ich dich kennengelernt habe«, erwiderte er dicht an ihrem Ohr, und ein Kribbeln lief durch ihren Körper.
*
In Hannover, in Dr. Jankovskis Wohnung, saßen Herbert Jankovski und Jonas Holbruck vor dem Kamin, in dem ein lustiges Feuer flackerte.
»Ich bin gespannt, wie sich unsere beiden jungen Leute verstehen«, sagte Herbert Jankovski verschmitzt.
»Ich fürchte, daß Jörg schon dahintergekommen ist, daß es sich um ein Ablenkungsmanöver handelt. Aber für uns wäre es ein schlechter Zeitpunkt gewesen, uns in München zu treffen.«
»Obgleich ich gern mal wieder auf die Wiesen gegangen wäre«, sagte Herbert. »Es war eine schöne Zeit, als ich in München studierte.«
»Ich bin nicht mehr unternehmungslustig«, sagte Jonas. »Aber wenn diese Vanessa so nett ist, wie du sagst, Herbert, gönne ich meinem Jungen ein fröhliches Wochenende.«
»Sie ist ganz besonders reizend und auch mein ganz besonderer Schützling.«
»Aber ist es auch nicht ein bißchen mehr?«
»Ich könnte ihr Vater sein, und ich wünschte, sie wäre meine Tochter, denn ihr Vater war ein Bruder Leichtfuß. Aber sie und auch ihre Mutter wissen nicht, daß ich ihn kannte.«
»Du bist ein richtiger Heimlichtuer. Weißt du, was sich in dem Päckchen befindet, das Kestner dir mitgab?«
»Nein, das hat er mir auch nicht gesagt. Aber ich frage mich immer wieder, ob er ahnte, daß er bald sterben würde.«
»Einen Unfall kann man doch nicht voraussehen.«
»War es wirklich ein Unfall? Es passiert öfter, daß jemand überfahren wird und der Fahrer Unfallflucht begeht«, sagte Jonas nachdenklich, »er hatte doch keine Feinde. Er lebte so zurückgezogen.«
»Mit all seinen Kostbarkeiten und Heiligtümern. Er trieb doch einen richtigen Kult СКАЧАТЬ