Der neue Dr. Laurin 19 – Arztroman. Viola Maybach
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Название: Der neue Dr. Laurin 19 – Arztroman

Автор: Viola Maybach

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der neue Dr. Laurin

isbn: 9783740957865

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СКАЧАТЬ er vorsichtiger sein müssen. Er stand daher auf und ging hinüber zu den Beleuchtern, mit denen er sich praktisch jeden Tag unterhalten hatte, weil ihre Arbeit ihn faszinierte. Es sprach, fand er, alles dafür, dass er diese Gewohnheit auch bei ihrem letzten Zusammentreffen beibehielt.

      *

      Sie waren beim Dessert angelangt, als Nina sagte: »Du wolltest mit mir reden. Worüber?«

      Per sah ein, dass es wenig Sinn hatte, das Gespräch noch länger aufzuschieben. Und noch weniger Sinn hatte es, jetzt noch lange um das eigentliche Thema herumzureden. Also sagte er es ganz gerade heraus: »Ich denke, es wäre gut, wenn du dir eine eigene Wohnung suchst, Nina.« Seine Stimme klang ruhig, er schaffte es sogar, sie anzusehen bei diesen Worten. Sie konnte ja nicht ahnen, wie viel Anstrengung ihn dieser Blick kostete.

      Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich so dramatisch, dass er einen Schrecken bekam. Er würde bei dem folgenden Gespräch also doch nicht glimpflich davonkommen.

      »Du willst mich loswerden?«, fragte sie, und er konnte hören, wie verletzt sie war. Aber er konnte es auch sehen. Wenn sie jetzt weinte, war er verloren. Er würde aufspringen, sie in seine Arme ziehen, ihr sagen, dass das Gegenteil der Fall war, dass er eigentlich etwas ganz anderes wollte …

      Er zwang sich dazu, ihr im selben Tonfall wie zuvor zu antworten. »Ich will dich nicht loswerden, ich denke nur, dass du allmählich auf eigenen Füßen stehen solltest.«

      »Rede nicht von mir, rede von dir!« Nina wurde nur selten zornig, jetzt war sie es. »Du willst also lieber allein wohnen?«

      Nein, dachte Per. »Ja«, sagte er. »Wenn du es so ausdrücken willst. Wir beide haben uns in unserer Trauer um deine Mutter gestützt, wir haben einander gebraucht, aber ich denke, es ist jetzt an der Zeit, dass wir nach vorne blicken, jeder von uns.«

      »Hast du eine Freundin?«, fragte Nina. »Willst du deshalb, dass ich ausziehe? Damit ich euch nicht störe?«

      »Nein!«, sagte Per heftig. Das Gespräch lief in eine vollkommen falsche Richtung, und er fand kein Mittel, das zu ändern. Je mehr er beteuern würde, dass sie falsch lag mit ihren Vermutungen, desto weniger würde sie ihm glauben. Dennoch fuhr er fort: »Damit hat das überhaupt nichts zu tun. Ich habe keine Freundin, und ich suche auch nicht nach einer.«

      Nina hatte längst aufgehört zu essen, jetzt schob sie mit einer unwilligen Bewegung die Crème brûlée von sich. Er wusste, sie würde sie nicht mehr anrühren. »Warum dann?«, fragte sie. »Sag mir einen einzigen vernünftigen Grund!«

      »Es wird Zeit, dass du erwachsen wirst und auf eigenen Füßen stehst«, wiederholte er seine Worte von vorher und hörte selbst, wie lächerlich das klang. Nina war erwachsen, viel erwachsener als andere Zwanzigjährige, und sie stand längst auf eigenen Füßen. Außerdem war die Wohnung mehr als groß genug für sie beide, vorher war sie ja auch groß genug für drei gewesen. Und wo sollte Nina überhaupt eine Wohnung herbekommen, die sie bezahlen konnte? Solche Wohnungen gab es bekanntlich in München kaum noch.

      »Ich bin erwachsen, und ich stehe auf eigenen Füßen«, stellte Nina denn auch fest. »Du bist feige, Per! Du hast andere Gründe, aber du willst sie mir nicht sagen. Vielleicht kann ich dir helfen? Du fühlst dich beengt von deiner Stieftochter, du möchtest endlich wie der freie Mann leben, der du seit Mamas Tod bist, aber du hast Angst, es auszusprechen, weil ich es in den falschen Hals kriegen könnte.«

      Sie stand auf, mit einer so heftigen Bewegung, dass der Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, umkippte. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als seine hölzerne Lehne auf das Parkett knallte. »Ich sage dir, was ich in den falschen Hals bekomme: dein blödes Rumgeeiere, die vorgeschobenen Gründe. Du hättest einfach sagen sollen, was Sache ist, das wäre ehrlich gewesen, und ich wäre damit besser zurechtgekommen.«

      Sie funkelte ihn noch einmal an, dann marschierte sie aus dem Zimmer.

      Per blieb sitzen, stützte den Kopf in beide Hände. Das war gründlich schiefgegangen, viel schlechter hätte es nicht laufen können. Und was das Schlimmste war: Er konnte das Missverständnis nicht aufklären, denn dann hätte er ihr die Wahrheit sagen müssen.

      Er würde Nina verlieren, weil er ihr nicht sagen konnte, dass er sie liebte. Sie würde sich von ihm abwenden, weil sie dachte, er wollte sie loswerden!

      Ihm kamen die Tränen, die er sich erschrocken aus den Augen wischte. Er musste sich zusammennehmen. Vor allem durfte er nicht der Versuchung erliegen, Nina zu sagen, dass er sie liebte – dass er sie liebte, wie ein Mann eine Frau nur lieben kann. Denn damit würde er sie für immer von sich wegtreiben, so viel stand fest.

      *

      »Auf Konny müssen wir heute wohl nicht warten«, stellte Antonia Laurin fest, als die Kinder nach dem Abendessen den Tisch abräumten. Wie immer hatte Simon Daume, der ihnen den Haushalt führte, hervorragend gekocht. Dass ihre Jüngste, Kyra, neuerdings kein Fleisch mehr aß, schien ihm keine Schwierigkeiten zu bereiten, jedenfalls beklagte er sich nicht über die Mehrarbeit, die das für ihn bedeutete.

      »Er hat gesagt, es kann sehr, sehr spät werden. Oder auch früh«, erklärte Kaja.

      »Er ist bestimmt traurig, wenn er nach Hause kommt«, sagte Kyra. »Vielleicht sollte einer von uns wach bleiben, damit er dann nicht ganz alleine ist.«

      Antonia und Leon wechselten einen Blick. Das war typisch für Kyra. Immer war sie voller Mitgefühl für andere, ob Mensch oder Tier. Als sie noch kleiner gewesen war, hatte sie ständig verletzte Tiere nach Hause gebracht, meistens Vögel, einmal aber auch einen Igel, ein anderes Mal eine Katze, die von einem Auto angefahren worden und wenig später gestorben war. So war Kyra: Wenn ein Lebewesen litt, litt sie mit.

      »Ich schreibe morgen früh Mathe«, sagte Kaja, »ich muss schlafen.«

      »Ich könnte wachbleiben«, schlug Kevin vor, der Dreizehnjährige.

      Das ›Sandwichkind‹, wie Antonia manchmal dachte. Der Mittlere, obwohl es den bei vier Kindern eigentlich nicht gab, in ihrem Fall, wegen der Zwillinge, aber eben doch. Er hatte, fand sie jedenfalls, den schwierigsten Platz in der Familie zugewiesen bekommen. Bei seiner Geburt waren die Zwillinge drei Jahre alt gewesen, und bis dahin hatte sich das Familienleben vor allem um sie gedreht. Zwillinge waren ja etwas Besonderes, auch außerhalb der Familie war ihnen die allgemeine Aufmerksamkeit sicher. Daran hatte sich auch durch Kevins Geburt nichts geändert. Und dann war, nach weiteren drei Jahren, Kyra auf die Welt gekommen, das Nesthäkchen.

      Aber Kevin war erstaunlicherweise das gelassenste der Laurin-Kinder geworden. Er ruhte in sich, hatte ein gesundes Selbstvertrauen und ging weitgehend unbeirrbar seinen Weg. Er würde einmal Ingenieur werden. Oder IT-Spezialist. Alles, was mit Technik zu tun hatte, faszinierte ihn.

      »Ich muss morgen sehr früh in die Klinik«, sagte Leon. »Wahrscheinlich stehe ich ungefähr zu der Zeit auf, wenn Konny nach Hause kommt. Oder ich werde wach, weil ich immer unruhig schlafe, wenn ich weiß, dass ich früh aufstehen muss oder dass jemand aus der Familie noch unterwegs ist. Niemand von euch muss seinen Nachtschlaf opfern.«

      »Hätte mir nicht viel ausgemacht«, behauptete Kevin. »Ich habe gerade ein superspannendes Buch angefangen, das hätte ich heute Nacht durchlesen können.«

      »Und morgen hättest du dann den kompletten Unterricht verschlafen, oder wie?«, fragte Antonia.

      Kevin verzichtete auf eine Antwort, er grinste nur.

      Eine halbe Stunde später СКАЧАТЬ