Die Brüder Karamasow. Федор Достоевский
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Название: Die Brüder Karamasow

Автор: Федор Достоевский

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012083

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СКАЧАТЬ die Nebenbuhlerschaft seines Bruders Iwan; sie werde ihm, Dmitri, bei vielem behilflich sein. Wobei behilflich? Gruschenka zu heiraten? So einen Schritt hielt Aljoscha für ein verzweifeltes Wagnis. Außerdem hatte er, ohne im geringsten zu zweifeln, bis zum gestrigen Abend geglaubt, Katerina Iwanowna selbst liebe seinen Bruder Dmitri leidenschaftlich – aber er hatte es nur bis zum gestrigen Abend geglaubt. Außerdem hatte er sich aus irgendeinem Grund immer vorgestellt, sie könne einen Menschen wie Iwan gar nicht lieben, sie liebe eben seinen Bruder Dmitri, und zwar so, wie er ist, trotz der Ungewöhnlichkeit einer solchen Liebe. Doch gestern, während der Szene mit Gruschenka, war er plötzlich zu einer anderen Auffassung gelangt. Das Wort »Überspanntheit«, das Frau Chochlakowa soeben verwendet hatte, ließ ihn fast zusammenzucken, da er gerade in dieser Nacht, als er im Morgengrauen halbwach dalag, wahrscheinlich nach einem Traum, vor sich hin gesagt hatte: »Überspanntheit! Überspannt!« Geträumt hatte er die ganze Nacht von der gestrigen Szene bei Katerina Iwanowna. Jetzt nun äußerte Frau Chochlakowa plötzlich offen und mit aller Bestimmtheit ihre Überzeugung, Katerina Iwanowna liebe seinen Bruder Iwan und betrüge sich absichtlich, aus Spielerei, aus »Überspanntheit« selbst und quäle sich mit ihrer irrtümlichen, auf einer Art Dankbarkeit beruhenden Liebe zu Dmitri. Das hatte Aljoscha stark beeindruckt. ›Ja‹, sagte er sich, ›vielleicht liegt die volle Wahrheit tatsächlich in diesem Wort!‹ Doch wie war in diesem Fall die Lage seines Bruders Iwan? Aljoscha fühlte instinktiv, daß ein Charakter wie Katerina Iwanowna herrschen mußte; herrschen konnte sie aber nur über einen Menschen wie Dmitri, kaum über einen wie Iwan. Denn nur Dmitri könnte sich ihr, allerdings nur für kurze Zeit, schließlich zu seinem eigenen Glück fügen, was sogar Aljoschas Wunsch gewesen wäre, Iwan aber nicht. Iwan konnte sich ihr nicht fügen, und eine derartige Fügsamkeit würde ihm auch kein Glück bringen. Diese Ansicht hatte sich Aljoscha unwillkürlich bereits über Iwan gebildet. Und nun gingen ihm alle diese Zweifel und Erwägungen in dem Augenblick durch den Kopf, als er in den Salon trat. Und noch ein Gedanke drängte sich ihm plötzlich unwiderstehlich auf: ›Wie, wenn sie keinen von beiden liebt, weder den einen noch den anderen?‹ Ich vermerke, daß sich Aljoscha solcher Gedanken gewissermaßen schämte und sich jedesmal Vorwürfe machte, wenn sie ihm im letzten Moment zufällig in den Kopf kamen. ›Was verstehe ich denn von der Liebe und den Frauen, wie kann ich nur solche Schlüsse ziehen?‹ sagte er sich mit Selbstvorwürfen, wenn er etwas Derartiges dachte. Und doch konnte er nicht umhin, so zu denken. Er verstand instinktiv, daß diese Nebenbuhlerschaft in dem Schicksal seiner Brüder jetzt eine wichtige Frage bildete, von der überaus viel abhing. Ein Reptil frißt das andere auf, hatte Bruder Iwan gesagt, als er gestern in gereizter Stimmung vom Vater und von Dmitri sprach. Also war Dmitri in seinen Augen ein Reptil, und vielleicht betrachtete er ihn schon lange als ein solches? Wohl seitdem er Katerina Iwanowna kennengelernt hatte? Die Worte waren Iwan gestern sicher unwillkürlich entfahren, doch dadurch waren sie nur um so bedeutungsvoller. Wenn es so stand, wie konnte da Friede herrschen? Ergaben sich daraus nicht neue Anlässe für Haß und Feindschaft in der Familie? Die Hauptsache aber war, mit wem sollte er, Aljoscha, sympathisieren? Was sollte er ihnen wünschen? Er liebte sie beide, doch was sollte er ihnen wünschen, angesichts so furchtbarer Gegensätze? In diesem Wirrwarr konnte man sich unmöglich zurechtfinden. Aljoschas Herz aber konnte keine Ungewißheit ertragen, denn seine Liebe war immer tätiger Natur. Untätig lieben konnte er nicht; wenn er jemand liebgewann, machte er sich auch gleich daran, ihm zu helfen. Doch dazu mußte er sich ein Ziel setzen, mußte er bestimmt wissen, was dem anderen gut und nützlich war. Wenn er sich von der Richtigkeit eines Zieles überzeugt hatte, war es für ihn selbstverständlich, daß er auch half. Aber statt eines festen Zieles sah er jetzt überall nur Unklarheit und Wirrwarr. Eine Überspanntheit! Dieses Wort war heute gefallen. Doch was sollte er darunter verstehen? Gleich das erste Wort in diesem Wirrwarr war ihm unverständlich!

      Als Katerina Iwanowna Aljoscha erblickte, sagte sie erfreut zu Iwan, der gerade geben wollte: »Noch einen kleinen Augenblick! Bleiben Sie noch einen Augenblick! Ich möchte die Meinung dieses Menschen hören, dem ich von ganzem Herzen vertraue. Katerina Ossipowna, bleiben Sie auch«, fügte sie, an Frau Chochlakowa gewandt, hinzu. Sie bat Aljoscha, an ihrer Seite Platz zu nehmen, und Frau Chochlakowa setzte sich gegenüber, neben Iwan Fjodorowitsch.

      »Hier sind nun alle meine Freunde beisammen, alle meine lieben Freunde, die ich auf der Welt habe«, begann Katerina Iwanowna in warmem Ton, in dem aufrichtiges Leid mitschwang, Aljoschas Herz wandte sich ihr sofort wieder zu. »Sie, Alexej Fjodorowitsch, waren gestern Zeuge dieser schrecklichen Szene und haben gesehen, wie ich mich benahm. Sie, Iwan Fjodorowitsch, haben es nicht gesehen, er aber hat es gesehen. Was er gestern von mir gedacht hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur das eine: Würde sich dasselbe jetzt auf der Stelle wiederholen, würde ich dieselben Gefühle zum Ausdruck bringen, dieselben Worte sprechen und dieselben Gesten machen. Sie erinnern sich an meine Gesten, Alexej Fjodorowitsch, bei einer haben Sie mich selbst zurückgehalten.« Bei diesen Worten errötete sie, und ihre Augen fingen an zu funkeln. »Ich erkläre Ihnen, Alexej Fjodorowitsch, daß ich mich mit nichts aussöhnen kann. Hören Sie, Alexej Fjodorowitsch, ich weiß nicht einmal, ob ich ihn jetzt noch liebe. Er erscheint mir bemitleidenswert, aber Mitleid ist ein schlechtes Zeichen von Liebe. Würde ich ihn lieben, immer noch weiterlieben, dann müßte ich ihn jetzt wohl nicht bemitleiden, sondern hassen ...«

      Ihre Stimme zitterte, und Tränen hingen an ihren Wimpern. Aljoscha erschrak. ›Dieses Mädchen ist wahrheitsliebend und aufrichtig!‹ dachte er. Und sie liebt Dmitri nicht mehr!

      »Ganz richtig! Ganz richtig!« rief Frau Chochlakowa.

      »Warten Sie, liebe Katerina Ossipowna, ich habe die Hauptsache noch nicht gesagt. Ich habe noch nicht gesagt welchen endgültigen Entschluß ich in dieser Nacht gefaßt habe. Ich fühle, daß mein Entschluß vielleicht furchtbar ist, furchtbar für mich. Aber ich weiß auch, daß ich ihn um keinen Preis ändern werde, um keinen Preis, in meinem ganzen Leben nicht! Mein lieber, guter, hochherziger Ratgeber, er, der mein Herz in seiner tiefsten Tiefe kennt, der einzige Freund, den ich auf der Welt habe, Iwan Fjodorowitsch, stimmt mir in allen Stücken zu und billigt meinen Entschluß. Er kennt ihn.«

      »Ja, ich billige ihn«, sagte Iwan Fjodorowitsch mit leiser, aber fester Stimme.

      »Aber ich möchte, daß auch Aljoscha – ach, verzeihen Sie, Alexej Fjodorowitsch, daß ich Sie einfach Aljoscha genannt habe –, ich möchte, daß auch Alexej Fjodorowitsch mir jetzt in Gegenwart meiner Freunde sagt, ob ich recht handle oder nicht. Ich habe das instinktive Gefühl, daß Sie, Aljoscha, mein lieber Bruder, denn Sie sind mein lieber Bruder«, fuhr sie begeistert fort und ergriff seine Hand. »Ich habe das Gefühl, daß Ihr Urteil, Ihre Billigung mir trotz aller Qualen zur Ruhe verhelfen wird. Denn nach Ihren Worten werde ich mich beruhigen und in mein Schicksal fügen, das fühle ich schon vorher!«

      »Ich weiß nicht, wonach Sie mich fragen wollen«, erwiderte Aljoscha errötend. »Ich weiß nur, daß ich Sie liebe und Ihnen in diesem Augenblick mehr Glück wünsche als mir selbst! Aber ich verstehe ja nichts von diesen Dingen!« beeilte er sich plötzlich hinzuzufügen.

      »In diesen Dingen, Alexej Fjodorowitsch, sind Ehre und Pflicht die Hauptsache, ich weiß nicht, was noch – aber es ist etwas Hohes, vielleicht sogar etwas Höheres als Pflicht. Mein Herz spricht von diesem unwiderstehlichen Gefühl, und dieses Gefühl reißt mich fort. Übrigens läßt sich alles in wenigen Worten sagen. Mein Entschluß ist folgender. Auch wenn er jene ... Kreatur heiraten sollte«, begann sie feierlich, »der ich niemals verzeihen kann – selbst dann werde ich ihn nicht verlassen! Von jetzt an werde ich ihn nie, nie mehr verlassen!« rief sie mit blasser, gekünstelter Begeisterung. »Das heißt nicht etwa, daß ich ihm nachlaufe, ihm alle Augenblicke vor Augen komme und ihn quäle – o nein, ich werde in eine andere Stadt ziehen, eine beliebige andere Stadt, aber ich werde mein ganzes Leben unermüdlich auf ihn achtgeben. Und wenn er mit dieser Frau unglücklich wird, und das wird gewiß bald geschehen, dann mag er zu mir kommen, und er wird in mir eine Freundin und Schwester finden, natürlich nur eine Schwester, und das wird lebenslänglich so bleiben, aber er wird sich schließlich überzeugen, daß diese Schwester wahrhaft seine Schwester ist, die ihn liebt und ihm ihr ganzes Leben СКАЧАТЬ