Название: Die Brüder Karamasow
Автор: Федор Достоевский
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Große verfilmte Geschichten
isbn: 9783955012083
isbn:
Als Katerina Iwanowna Aljoscha erblickte, sagte sie erfreut zu Iwan, der gerade geben wollte: »Noch einen kleinen Augenblick! Bleiben Sie noch einen Augenblick! Ich möchte die Meinung dieses Menschen hören, dem ich von ganzem Herzen vertraue. Katerina Ossipowna, bleiben Sie auch«, fügte sie, an Frau Chochlakowa gewandt, hinzu. Sie bat Aljoscha, an ihrer Seite Platz zu nehmen, und Frau Chochlakowa setzte sich gegenüber, neben Iwan Fjodorowitsch.
»Hier sind nun alle meine Freunde beisammen, alle meine lieben Freunde, die ich auf der Welt habe«, begann Katerina Iwanowna in warmem Ton, in dem aufrichtiges Leid mitschwang, Aljoschas Herz wandte sich ihr sofort wieder zu. »Sie, Alexej Fjodorowitsch, waren gestern Zeuge dieser schrecklichen Szene und haben gesehen, wie ich mich benahm. Sie, Iwan Fjodorowitsch, haben es nicht gesehen, er aber hat es gesehen. Was er gestern von mir gedacht hat, weiß ich nicht. Ich weiß nur das eine: Würde sich dasselbe jetzt auf der Stelle wiederholen, würde ich dieselben Gefühle zum Ausdruck bringen, dieselben Worte sprechen und dieselben Gesten machen. Sie erinnern sich an meine Gesten, Alexej Fjodorowitsch, bei einer haben Sie mich selbst zurückgehalten.« Bei diesen Worten errötete sie, und ihre Augen fingen an zu funkeln. »Ich erkläre Ihnen, Alexej Fjodorowitsch, daß ich mich mit nichts aussöhnen kann. Hören Sie, Alexej Fjodorowitsch, ich weiß nicht einmal, ob ich ihn jetzt noch liebe. Er erscheint mir bemitleidenswert, aber Mitleid ist ein schlechtes Zeichen von Liebe. Würde ich ihn lieben, immer noch weiterlieben, dann müßte ich ihn jetzt wohl nicht bemitleiden, sondern hassen ...«
Ihre Stimme zitterte, und Tränen hingen an ihren Wimpern. Aljoscha erschrak. ›Dieses Mädchen ist wahrheitsliebend und aufrichtig!‹ dachte er. Und sie liebt Dmitri nicht mehr!
»Ganz richtig! Ganz richtig!« rief Frau Chochlakowa.
»Warten Sie, liebe Katerina Ossipowna, ich habe die Hauptsache noch nicht gesagt. Ich habe noch nicht gesagt welchen endgültigen Entschluß ich in dieser Nacht gefaßt habe. Ich fühle, daß mein Entschluß vielleicht furchtbar ist, furchtbar für mich. Aber ich weiß auch, daß ich ihn um keinen Preis ändern werde, um keinen Preis, in meinem ganzen Leben nicht! Mein lieber, guter, hochherziger Ratgeber, er, der mein Herz in seiner tiefsten Tiefe kennt, der einzige Freund, den ich auf der Welt habe, Iwan Fjodorowitsch, stimmt mir in allen Stücken zu und billigt meinen Entschluß. Er kennt ihn.«
»Ja, ich billige ihn«, sagte Iwan Fjodorowitsch mit leiser, aber fester Stimme.
»Aber ich möchte, daß auch Aljoscha – ach, verzeihen Sie, Alexej Fjodorowitsch, daß ich Sie einfach Aljoscha genannt habe –, ich möchte, daß auch Alexej Fjodorowitsch mir jetzt in Gegenwart meiner Freunde sagt, ob ich recht handle oder nicht. Ich habe das instinktive Gefühl, daß Sie, Aljoscha, mein lieber Bruder, denn Sie sind mein lieber Bruder«, fuhr sie begeistert fort und ergriff seine Hand. »Ich habe das Gefühl, daß Ihr Urteil, Ihre Billigung mir trotz aller Qualen zur Ruhe verhelfen wird. Denn nach Ihren Worten werde ich mich beruhigen und in mein Schicksal fügen, das fühle ich schon vorher!«
»Ich weiß nicht, wonach Sie mich fragen wollen«, erwiderte Aljoscha errötend. »Ich weiß nur, daß ich Sie liebe und Ihnen in diesem Augenblick mehr Glück wünsche als mir selbst! Aber ich verstehe ja nichts von diesen Dingen!« beeilte er sich plötzlich hinzuzufügen.
»In diesen Dingen, Alexej Fjodorowitsch, sind Ehre und Pflicht die Hauptsache, ich weiß nicht, was noch – aber es ist etwas Hohes, vielleicht sogar etwas Höheres als Pflicht. Mein Herz spricht von diesem unwiderstehlichen Gefühl, und dieses Gefühl reißt mich fort. Übrigens läßt sich alles in wenigen Worten sagen. Mein Entschluß ist folgender. Auch wenn er jene ... Kreatur heiraten sollte«, begann sie feierlich, »der ich niemals verzeihen kann – selbst dann werde ich ihn nicht verlassen! Von jetzt an werde ich ihn nie, nie mehr verlassen!« rief sie mit blasser, gekünstelter Begeisterung. »Das heißt nicht etwa, daß ich ihm nachlaufe, ihm alle Augenblicke vor Augen komme und ihn quäle – o nein, ich werde in eine andere Stadt ziehen, eine beliebige andere Stadt, aber ich werde mein ganzes Leben unermüdlich auf ihn achtgeben. Und wenn er mit dieser Frau unglücklich wird, und das wird gewiß bald geschehen, dann mag er zu mir kommen, und er wird in mir eine Freundin und Schwester finden, natürlich nur eine Schwester, und das wird lebenslänglich so bleiben, aber er wird sich schließlich überzeugen, daß diese Schwester wahrhaft seine Schwester ist, die ihn liebt und ihm ihr ganzes Leben СКАЧАТЬ