Zitronenhimmel. Monika Detering
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Название: Zitronenhimmel

Автор: Monika Detering

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783958131620

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СКАЧАТЬ den Kopf. »Wenn sie aus Polen käme, würde sie Röcke tragen. Wären in ihrem Alter sowieso angebracht. Die kommt aus Bonn. Kenn ich ja nicht, ist auch ganz schön weit weg. Hat sie beim Einkaufen erzählt. Aber nur, weil ich sie gefragt habe. Von allein hätte sie das nicht gesagt.«

      »Wie sie da innen Blömkes hockt, als wenn sie auf dem Klo hocken würde. Hockt sie?« Frau Güse reckte den Kopf.

      »Die hat doch ein Trockendings!«, sagte Frau Holbein streng. »Spinnt nicht rum!«

      »Möfft das nicht?« Frau Güse grinste breit.

      »Keine Ahnung. Geh hin! Übrigens, Ekkard hat vorgestern von einer Lesung erzählt«, stellte Frau Venderbusch mit dem triumphierenden Blick der Besserwisser fest. »Charleen will aus ihrem Roman vorlesen. Können wir uns doch anhören. Sonst steht sie da ganz alleine, das kann man ja auch nicht gut haben.«

      »Kostet das was?«, forschte Frau Güse.

      Die Frauen nickten, flüsterten und guckten.

      Charleen stand auf und kam zu ihnen.

      »Na? Nicht am Schreiben?«, fragte Frau Güse. »Fällt Ihnen nix mehr ein?«

      Und ohne, dass sie es vorhatte, erzählte Charleen: »Ganz sicher«, lachte sie. »Frau Güse, Sie sind doch eine lebenserfahrene Frau. Kann es die Familie einem übel nehmen, wenn man wie ich sein Leben noch mal auf den Kopf stellt? Ist man als Mutter, Oma und Schwiegermutter auf ewig an die Familie gekettet?«

      Ehe die anderen reagieren konnten, insbesondere Frau Güse, sagte sie auch: »Jetzt schreibt meine Enkelin und fragt, ob man eine Seele hat und wiedergeboren wird. Was meinen Sie dazu?«

      »Eine Seele? Ich kann mir vorstellen, dass es sie gibt«, überlegte Frau Venderbusch. »Aber über so was Ernstes können wir doch nicht mitten auf der Straße sprechen.«

      »Warum denn nicht«, sagte Frau Güse. »Ich jedenfalls wäre nicht sehr erbaut, wenn mein Erich plötzlich wiedergeboren würde. Ein Leben mit ihm hat mir gereicht. Friede seiner Asche.«

      »Die du aus Sparsamkeitsgründen über den Acker gestreut hast«, kam es von Frau Venderbusch. »Sowas kannste heute nicht mehr machen.«

      »Stimmt es, dass Sie vorlesen wollen?« Frau Holbein rückte näher zu ihr. »Ich komme. Wo soll es denn sein?«

      »Im Ekkards Garten.«

      »Soso. Das ist aber auch der Garten von Herrn Piritz.«

      Insekten schwirrten, es roch nach Schweinestall, es roch nach Raps und nach Meer. Kühe grasten zufrieden, der Bauer hatte seinen Bestand auf ein für ihn verträgliches Maß reduziert. Alle hatten ihren Alltag wie immer, und so jemand wie Charleen störte in dem Gefüge. In so einem Wohnmobil schlafen. Das gefiel Frau Güse nicht. Deshalb sprach sie mit der Bürgermeisterin, ob man Charleen den Platz nicht kündigen sollte. »Das sieht da ziemlich klüngelig aus. Nachher haben wir da noch Ratten!«

      ***

      Charleen suchte Salat. Gesunden. An den Wiesenrändern fand sie Spitzwegerich, Brennnessel, Löwenzahn. Jedenfalls hoffte sie, dass dieses Grünzeug so hieß. Sie hoffte auch, dass keine Hunde darauf gepinkelt hatten. Oder ein Fuchs hier durchgestromert war. Sie betrachtete einige Blätter, fragte sich, ob das wohl Sauerampfer war. Hoffentlich. Die Blätter schienen Ähnlichkeit mit Kopfsalat zu haben, sie waren nur schmaler und länger. Hauptsache, nicht giftig. Sie hatte nach der ›Seele‹ geforscht, schließlich hatte Lisa danach gefragt. Das deutsche Wort ›Seele‹ war sehr alt. Sie hatte nachgelesen, um den Begriff eingrenzen zu können. Der urgermanische Wortstamm hieß ›saiwalö‹. Das soll von dem germanischen Begriff ›saiwaz‹, See, abgeleitet worden sein. Die Germanen glaubten, dass Menschenseelen vor ihrer Geburt und nach dem Tod in ganz bestimmten Seen leben würden. Später erst wurde der Mensch in seiner Ganzheit einbezogen; wie oft wurde gesagt und geschrieben: Leib und Seele. Wenn niemand da ist, steht dafür: ›keine Seele‹. Es gibt die ›gute Seele‹ für den guten Menschen, aber es gibt sie auch für den etwas Einfältigen.

      Kann ich Lisa so abstrakte Erklärungen geben? Soll ich ihr etwa über die Körperseele, die Exkursionsseele und die Außenseele ­schreiben? Wird sie das verstehen? Aber die Deutungen sind ja immer Glaubenssache. Ihre Mutter würde ihr andere Erklärungen geben.

      Haben Pflanzen eine Seele? Sie betrachtete das Grün in ihrer Hand. Roch daran. Vielleicht haben sie eine Pflanzensprache unter der Erde? Charleen meinte, etwas Ähnliches gelesen zu haben.

      »Deshalb haben sie aber keine Seele«, entschied sie. »Ich will einen Kräutersalat machen und essen. Aber keine Seelen!«

      Auf dem Weg zum Wohnmobil, zu dem gelbtrockenen Rasen, zum Mohn, der beim leisesten Hauch zitterte, während ihre Kornblumen standhaft schienen, grübelte Charleen, wie sie ihre Antwort formulieren sollte.

      Sie richtete ihren Wildkräutersalat an und hoffte, dass sie nichts Giftiges gepflückt hatte. Die Gedanken irrten zu Lisa, waren bei Kathrin, dem Schwiegersohn Christian. So gerne hätte sie mit Kathrin gesprochen, um die Missverständnisse aufzulösen. So gerne hätte sie sie in den Arm genommen. War Lisas Brief ein Anfang?

      So kam sie nicht weiter. Sie nahm das Rad, fuhr am Kranichzentrum vorbei, weiter zum See, der von einem dichten Schilfgürtel umschlossen war. Sie sah einen Mann mit Hund und zahlreiche Seevögel auf dem Wasser. Blätterschatten flirrten und aufgeplusterte Wolken hingen wie Wächter über der Stille. Da waren gefällte Baumstämme mit grausilberner Rinde. Links kam ein gekälktes flaches Gebäude mit Teerpappendach, an der Hauswand leuchtete ein Polsterstuhl mit rotem Stoffbezug. Charleen fuhr über den Deich und trug Lisas Fragen wie einen Sack Steine mit sich.

      E-Mails werde ich dir nicht schicken. Das regeln wir mit ganz normalen Briefen. Unsere Seelengespräche.

      Später mal wirst du sie vielleicht noch einmal lesen und dich erinnern. Dann erinnerst du dich an mich und ich wäre nicht vergessen.

      Unvermittelt fing sie an zu weinen.

      ***

      Die Decke glitt auf den Boden. Ein Schatten grinste Charleen an. ›Mein Gott, wie tot Sie sind, gnädige Frau!‹ Gerade, als sie dachte: Wieso denn ›Gnädige‹?, wurde sie durch ein Geräusch vor dem Van wach. Verschwitzt setzte sie sich auf. Ich habe ja geschlafen, wunderte sie sich.

      Das Geräusch. Doch. Das kannte sie. Das war der gekonnte Wurf der Zeitungsfrau.

      Sie zog das feuchte Shirt aus, griff sich ein frisches und ging vor die Tür. Die Zeitungsfrau mit dem ewigen Kopftuch war weitergeradelt.

      Der Himmel war mit jadegrünen und blassrosa Streifen überzogen, dazwischen zeigte sich noch das Blau und Grau der Nacht. Ein Bussard rüttelte in der Luft und schoss im Sturzflug herunter. Luise Beyer, die jeder nur als ›Luise‹ kannte, kam mit apfelgrüner Mütze geradelt, hielt an und rief: »Brötchen?«

      »Bring mir bitte zwei Sesam und ein Brot mit! Und die Erdbeermarmelade von Frau Holbein.«

      »Wird gemacht, zu Holbeins muss ich sowieso.« Und weg war sie.

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