Название: Mine | Erotischer SM-Roman
Автор: Myriam Brixton
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: BDSM-Romane
isbn: 9783862774050
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Kapitel 12
Ich hielt mich damals viel am Rande der Stadt in der Nähe des Flusses auf. Dort war es grün und dicht mit Bäumen und hohem Gras bewachsen. Durch das nahe gelegene Fabrikgelände war die Gegend trotz aller Natur verschmutzt und mit Unrat belagert. Die Leute hielten sich lieber etwas weiter oben am Flussverlauf auf, wo weite Sandbänke und Wege die Natur schmückten. Dort verbrachten Familien ihre Sonntage mit Picknick und Federballspielen. In der Nähe des Fabrikgeländes war es hingegen wenig einladend. Kaputte Autoreifen, verrostete Metallbalken, Glasscherben, Schrott. Das, was hier herumlag, machte den Ort richtig ausladend. Außerdem war die Erde stellenweise durch Öl verklebt. Nur ich suchte dieses hässliche Grundstück auf. Hier konnte ich in Ruhe nachdenken und meinen Tränen freien Lauf lassen. Hier würde mich niemand beobachten.
An einem dieser Tage entdeckte ich das Loch, das sich hinter der Böschung verbarg. Es war von Gras und Gestrüpp überwachsen und völlig unsichtbar. Wäre nicht eine Maus dahinter verschwunden, hätte ich die Öffnung niemals gefunden. Es war einer jener Tage, an dem ich schon in der Schule gespürt hatte, dass ich weinen wollte. Oder musste. Einer jener Tage, an dem sich mein Herz unendlich schwer anfühlte. Es war mir gelungen, mich den ganzen Vormittag zusammenzureißen. Ich hatte aufrecht auf meinem Stuhl gesessen und den Lehrer mit weit aufgerissenen Augen angeblickt. Auf diese Weise meinte ich, besonders aufmerksam zu wirken. Ich versuchte, zu verschleiern, was sich hinter meinen Pupillen abspielte. Dort nämlich war es dunkel und düster und einsam und schwer. Sofort nach der Schule hatte ich damals den Weg zur alten Fabrik eingeschlagen. Natürlich hätte ich auch nach Hause laufen und dort weinen können. Tante Margot war tagsüber nie anwesend. Aber ihre Wohnung war so furchtbar eklig. Dorthin wollte ich nicht, dort fühlte ich mich überhaupt nicht zu Hause. Kaum hatten an jenem Tage die Schulglocken geläutet, stürmte ich zum Tor hinaus, weil sich die Tränen keine Sekunde länger zurückhalten lassen wollten. Ich lief und lief und der Schulranzen knallte bei jedem Schritt gegen meinen Rücken. Erst am alten Fabrikgelände hielt ich an und brach an der Böschung zusammen. An diesem Tag war es gewesen, dass mir die kleine Maus über die Füße krabbelte. Zuerst hatte ich sie nur gespürt und nicht gesehen. Das viele Salzwasser in den Augen hatte mich nichts sehen lassen. Die Maus zeigte überhaupt keine Scheu. Sie kitzelte mich mit ihrem weichen Fell und sah mich aus ihren schwarzen Knopfaugen an. Anzufassen, wagte ich sie nicht. Vielleicht hätte sie mich ja doch gebissen. Es war schön, dass sie da war. Mir kam wieder einer dieser Gedanken, wie ich sie damals oft hatte. Vielleicht waren meine Eltern es gewesen, die mir die Maus geschickt hatten. Sie wollten mich trösten. Wenn ein Windstoß mich streifte, dachte ich, meine Eltern würden mich auf diese Weise streicheln. Wenn die Sicherung fiel und das Licht ausging, fühlte ich es als einen Gruß von ihnen. So erkannte ich auch die Maus als ein Zeichen aus dem Himmel. Kurz darauf verstand ich jedoch etwas ganz anderes. Das kleine Tier verschwand zwischen den Grashalmen und ich folgte ihm mit den Händen. So entdeckte ich vor vielen Jahren diese Öffnung. Meine Eltern hatten mir ein Versteck geschickt! Ein Versteck, in welches ich mich im Notfall verkriechen konnte. Welchen Notfall ich damit meinte, wusste ich damals nicht. Mein ganzes Leben war seit dem fürchterlichen Unfall ein Notfall gewesen. Damals war ich einfach nur ein zehnjähriges Kind, das sich in eine Fantasiewelt flüchtete. Und in dieser hatte ich soeben von meinen Eltern ein Versteck geschenkt bekommen. Sie waren da. Bei mir. Auch wenn ich sie nicht sehen konnte. Sie gaben mir Kraft. Und einen Ort, den niemand außer ihnen und mir kannte.
Die Öffnung lag rund zwei Meter über dem Fluss und hatte einen Durchmesser, der es mir gerade ermöglichte, mich hineinzuzwängen. Mein Respekt vor Enge und Dunkelheit war jedoch zu groß, als dass ich sofort den Kopf hineingesteckt hätte. Vorsichtig tapste ich mit den Zehen ins Innere der Röhre. Zentimeter für Zentimeter tasteten sich meine Füße weiter, bis sie das Ende des Rohres erreicht hatten. Nur noch mein Kopf ragte heraus. Ich fühlte, dass es dahinter breiter wurde. Das Ende der Öffnung war nicht das Ende des Loches. Meine Zehen tippten in alle Richtungen. Nach oben, nach unten, nach hinten. Nirgendwo stießen sie an. Ich kletterte heraus, um nun doch den umgekehrten Blick in die Dunkelheit zu wagen. Mit beiden Händen spreizte ich das Gestrüpp auseinander. Nach ein paar tiefen Atemzügen steckte ich den Kopf hinein und krabbelte hindurch.
So fand ich mein neues Zuhause.
Hinter der alten Röhre befand sich ein kleiner Hohlraum. Früher wurde hier wohl das Abwasser der Fabrik direkt in den Fluss geleitet. Die Abflussrohre zum Fluss waren jedoch wieder entfernt worden, nachdem das Wasserschutzgesetz vor Jahren streng geregelt worden war. Nur der Stumpf, der nun meinen Eingang bildete, war übrig geblieben. Bei den Umbauarbeiten musste diese kleine Höhle entstanden sein. Das Abwasser wurde seither durch das Erdloch in die Kläranlage gepumpt. An der hinteren Seite des Hohlraumes war noch ein Stück altes Rohr vorhanden, an welches man eine neue Leitung angekoppelt hatte. Zu meiner Überraschung handelte es sich um warmes Wasser, das durch die Leitung floss. Dadurch gab das Rohr Hitze ab und erwärmte den Raum. Ich konnte mich auf den Knien aufrichten und mich in hockender Haltung durch die winzige Stube bewegen. Das über den Schaft hängende Gras und Gestrüpp ließ nur wenig Licht in den Hohlraum eindringen, aber meine Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit.
Kapitel 13
Noch am selben Tag holte ich meine wenigen Habseligkeiten bei Tante Margot ab. Meine Schultasche, meine Kleidung, mein Mobiltelefon mit der noch vollen Wertkarte, mein zweites Paar Schuhe und meinen Stoffhund, den mir Mama und Papa an meinem ersten Schultag geschenkt hatten. Ich war damals so schrecklich aufgeregt gewesen. Mama und Papa hatten gemeint, der kleine Hund würde gut auf mich aufpassen und ich bräuchte ihn nur fest an mich zu drücken, wenn ich mich unwohl fühlte.
Kapitel 14
Nachdem meine Eltern verunglückt waren, hatte ich den Stoffhund unzählige Male fest an mich gedrückt, aber er hatte mir leider nur wenig helfen können. Einzig der Gedanke daran, dass ihn Mama und Papa für mich ausgesucht und in ihren lebendigen Händen gehalten hatten, gab mir das Gefühl, dass das Hündchen mich mit meinen Eltern verband.
Gerne hätte ich Fotos von meiner Familie mitgenommen, aber ich konnte sie nicht finden. Ich hätte nach ihnen suchen müssen und ich wollte nicht riskieren, der Tante in die Arme zu laufen.
Schnell stopfte ich noch eine Decke in meine Tasche und lief aus Tante Margots Wohnung. Nie wieder wollte ich hierher zurückkehren. Die letzten Wochen waren schrecklich gewesen.
An diesem Tag wurde der Hohlraum an der Böschung hinter dem Fabrikgelände meine neue Bleibe.
Ich lebte in einer Penthouse Wohnung im besten Viertel. Die riesige Glasfront bot einen unglaublichen Blick über die Dächer der Stadt. Meine Terrasse überragte die der anderen. Ich fühlte mich wie in einem Adlerhorst, von dem aus ich alles überblicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Ich war ein großer Fan von Philippe Starck und hatte ihm die Einrichtung meiner Wohnung überlassen.
Meine Terrasse war mit Bäumen und Bambus bepflanzt. In der Mitte befand sich der Pool, in dem ich dank Gegenstromanlage ausgiebige Schwimmeinheiten absolvieren konnte. Abends saß ich oft stundenlang mit einem kalten Bier im sprudelnden Jacuzzi und blickte in den Himmel oder über das Lichtermeer der Stadt. Viele meiner Geschäftsideen waren hier geboren worden.
Kapitel 15
Ursprünglich stammte ich aus einer ganz normalen Familie. Meine Mutter war Hausfrau und kümmerte sich um Haus, Garten, meinen Vater, meine jüngere Schwester und mich.
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