Die Kreuzritter. Henryk Sienkiewicz
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Название: Die Kreuzritter

Автор: Henryk Sienkiewicz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012113

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СКАЧАТЬ Leute aus dem armen Masovien nicht gewöhnt waren, und der sie daher mit Verwunderung erfüllen mußte. Wohl existierten noch in anderen Teilen des Landes, wie z. B. in Lubusz an der Oder, in Plock in Großpolen und in Mogilno uralte, große Benediktiner-Abteien, allein keine vermochte sich an Größe mit der Abtei von Tyniec zu messen, deren Ländereien an Ausdehnung die eines selbständigen Fürstentums übertrafen, deren Einkünfte den Neid damaliger Könige zu erwecken vermochten.

       Je näher sie der Abtei kamen, umsomehr wuchs das Staunen der Hofleute. Oftmals glaubten sie den eigenen Augen nicht trauen zu dürfen. Die Fürstin indessen, von dem Wunsche beseelt, sich die Zeit zu verkürzen und die Neugierde der sie begleitenden Hoffräulein zu erregen, bat einen der Mönche, er möge ihnen doch die uralte, furchtbare Sage von Walgierz Wlady erzählen, von der sie in Krakau schon hatte sprechen hören. Unverweilt scharten sich nun die Mägdelein dicht um die Herrin und schritten gemächlich mit dieser der Höhe zu, in dem morgendlichen Sonnenlichte wandelnden Blumen gleichend.

       »Dem Bruder Hidulf ist Walgierz schon einmal des Nachts erschienen, er möge Euch daher von ihm berichten,« erklärte einer der Mönche, indem er auf einen durch das Alter ergrauten Ordensbruder deutete, der etwas gebeugt neben Mikolaj von Dlugolas einherschritt.

       »Habt Ihr ihn wirklich mit Euren eigenen Augen gesehen, ehrwürdiger Vater,« fragte die Fürstin.

       »Ich habe ihn gesehen,« entgegnete düster der Mönch, »denn in einer bestimmten Zeit steht es ihm nach dem Willen Gottes frei, die höllische Unterwelt zu verlassen und sich der Welt zu zeigen.«

       »Wann pflegt dies zu sein?«

       Der Mönch blickte auf seine Gefährten und schwieg, herrschte doch der Glauben, der Geist von Walgierz zeige sich dann, wenn die Sitten des Ordens sich verschlechtern, und wenn die Mönche, mehr als es gestattet ist, an weltlichen Besitz, an weltliche Vergnügungen denken. Dies wollte selbstverständlich keiner offen bekennen, da indessen auch angenommen wurde, das Erscheinen des Walgierz deute auf Krieg oder auf irgend ein anderes unglückliches Ereignis, hub Bruder Hidulf nach kurzem Schweigen wieder an: »Sein Erscheinen weissagt nichts Gutes.«

       »Um nichts in der Welt möchte ich ihn sehen!« rief die Fürstin, sich bekreuzend. »Doch sagt, weshalb ist er denn in der Hölle, wenn er sich, wie ich hörte, nur für das ihm angethane schwere Unrecht rächte?«

       »Hätte er auch stets tugendhaft gehandelt, so wäre er doch verdammt worden,« entgegnete der Mönch in strengem Tone, »denn er lebte in heidnischen Zeiten und wurde nicht durch die heilige Taufe von der Erbsünde gereinigt.«

       Bei diesen Worten zogen sich die Brauen der Fürstin schmerzlich zusammen, denn sie gedachte ihres Vaters, dessen Andenken sie treu im Herzen bewahrte. Auch er war als Heide gestorben, und mußte nun wohl in alle Ewigkeit in der Hölle brennen.

       »Wir lauschen Euren Worten,« erklärte sie jedoch nach kurzer Pause.

       Und Bruder Hidulf sprach also: »Es lebte in heidnischen Zeiten ein mächtiger Graf, welcher wegen seiner großen Schönheit Walgierz Wlady genannt wurde. Dieses ganze Land, soweit das Auge reicht, gehörte ihm, und bei Kriegsläuften führte er außer dem Fußvolke noch gegen hundert Lanzenreiter mit, denn alle Vogteien, im Westen bis nach Opole, im Osten bis nach Sandomierz waren ihm unterthan. Seine Herden konnte niemand zählen, und in Tyniec besaß er, wie jetzt die Kreuzritter in Marienburg, einen ganz mit Gold gefüllten Turm.«

       »Ja, das weiß ich, die Kreuzritter besitzen einen solchen Turm,« warf hier die Fürstin Danuta ein.

       »Und Walgierz war wie ein Riese,« fuhr der Mönch fort, »Eichbäume riß er mit der Wurzel aus, und an Schönheit, im Spiele der Laute und im Gesange kam ihm kein Mensch in der ganzen Welt gleich. Da einmal, als er sich an dem französischen Königshofe befand, ward die Königstochter Helgunde von heftiger Liebe für ihn ergriffen, und sie floh mit ihm nach Tyniec, denn nach dem Willen des Vaters sollte sie zum Lobe des Herrn in ein Kloster gehen. In Tyniec aber hausten die beiden in Unzucht mit einander, kein Priester wollte sie zusammengeben in christlicher Ehe. Zu damaliger Zeit aber lebte in Wislica ein gewisser Wislan Piêkny aus dem königlichen Geschlechte Popiel, und dieser verwüstete während der Abwesenheit von Walgierz Wlady die ganze Grafschaft Tyniec. Doch Walgierz zog nach seiner Rückkehr gegen den Wislaw Piêkny, besiegte ihn und führte ihn als Sklaven nach Tiniec. Er ahnte freilich nicht, daß jede Frau, deren Augen auf Wislaw fielen, bereit sein werde, Vater, Mutter und Ehegemahl zu verraten. So geschah es auch mit Helgunde. Solche Fesseln ersann sie für Walgierz, daß er, ein Riese, der Eichbäume entwurzelte, sich nicht zu befreien vermochte, dann übergab sie ihn dem Wislaw, welcher ihn sofort nach Wislica brachte. Hier schmachtete er im Kerker. Als er aber einstmals zu singen anhub, da hörte ihn Rynga, die Schwester des Wislaw, und Liebe ergriff sie für ihn, und sie befreite ihn aus der Gefangenschaft. Mit dem Schwerte erschlug hierauf Walgierz den Wislaw und Helgunde, überließ ihre Körper den Raben, und zog mit Rynga wieder in Tyniec ein.«

       »Für welches Unrecht muß er aber dann büßen?« fragte die Fürstin.

       Doch Bruder Hidulf rief: »Hätte er sich taufen lassen, hätte er Tyniec den Benediktinern übergeben, dann würde ihm der Herr seine Sünden verziehen haben, allein er that dies nicht, deshalb verschlang ihn die Hölle.«

       »Es gab aber doch schon Benediktiner in diesem Königreiche?«

       »Nein, dazumal sind noch keine Benediktiner in dem Königreiche gewesen, denn selbst hier lebten noch Heiden.«

       »Wie hätte er dann die Taufe nehmen oder Tyniec übergeben können?«

       »Er wollte sich nicht taufen lassen, und deshalb ist er vornehmlich zur ewigen Höllenstrafe verdammt,« warf hier der Mönch würdevoll ein.

       »Er hat recht, er spricht billig!« ertönten jetzt einige Stimmen.

       Mittlerweile hatten die Wandernden ihr Ziel erreicht. Vor dem Hauptthore des Klosters wurde die Fürstin von dem Abte an der Spitze zahlreicher Mönche und Edelleute erwartet. Wie dies stets zu sein pflegte, so waren auch jetzt viele weltliche Leute – Oekonomen, Advokaten, Prokuratoren, mannigfaltige Klosterbeamte – anwesend. Eine Menge Landbewohner, sogar mächtige Edelleute, hatten auf Grund eines ausnahmsweise in Polen geltenden Lehensrechtes klösterlichen Besitz in Pacht, und diese als »Vasallen« erschienen gern an dem Hofe des Oberlehensherrn, wurden doch nicht allzu selten am Hochaltare allerlei Wohlthaten erwiesen, Schenkungen erteilt, Erleichterungen gewährt, je nach der Laune des mächtigen Abtes, bei dem oft eine kleine Gefälligkeit, ein passendes Wort die größte Wirkung thaten. Die Aussicht auf die Festlichkeiten in der Hauptstadt hatte auch Vasallen aus entfernteren Gegenden herbeigezogen, und alle, welche keine Unterkunft in Krakau finden konnten, erhielten Obdach in Tyniec. Aus diesem Grunde konnte daher » abbas centum villarum« die Fürstin mit noch größerem Gefolge als gewöhnlich empfangen.

       Der Abt, ein hochgewachsener, völlig kahlköpfiger Mann, mit einem hageren, klugen Gesichte und einem spärlichen, grauen Schnurrbart, hatte über der Stirn eine tiefe Narbe, die wohl aus seinen jungen, streitbaren Jahren herrühren mochte. Hochmütig schauten die scharfblickenden Augen unter den schwarzen Brauen hervor. Gleich den andern Mönchen war er in eine Kutte gekleidet, aber über dieser Kutte trug er einen schwarzen, rot gefütterten Mantel und um den Hals eine goldene Kette, an der ein gleichfalls goldenes, mit kostbaren Steinen besetztes Kreuz hing. Seine ganze Erscheinung verriet den Hochmut eines Menschen, dem das Befehlen zur zweiten Natur geworden, der voll Selbstvertrauen ist.

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