Kehrseite der Geschichte unserer Zeit. Оноре де Бальзак
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Название: Kehrseite der Geschichte unserer Zeit

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783955014728

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СКАЧАТЬ auftraten und genügend Gründe für andere vorlagen, sich zu verkleiden, so erwartete ich eine Aufklärung, die ich direkt erbat. ›Wie siehst du denn aus, mein bester Mongenod?‹ sagte ich und nahm eine Prise Tabak, die er mir in einer Tabaksdose aus nachgemachtem Gold anbot. ›Sehr traurig‹, erwiderte er. ›Es ist mir nur noch ein Freund geblieben ... und dieser Freund bist du. Ich habe alles versucht, um diesen Schritt zu vermeiden, aber ich komme jetzt, um hundert Louisdor von dir zu verlangen. Das ist eine große Summe‹, sagte er, als er mein Erstaunen bemerkte; ›aber wenn du mir nur fünfzig geben würdest, so wäre ich außerstande, sie dir jemals zurückzugeben, während, wenn mir das, was ich vorhabe, missglückt, mir immer noch fünfzig Louisdor bleiben, um mein Glück auf einem andern Wege zu versuchen; ich weiß augenblicklich noch nicht, was die Verzweiflung mir dann anraten wird.‹ ›Du hast nichts mehr?‹ fragte ich. ›Ich besitze noch‹, bemerkte er, indem er eine Träne zurückdrängte, ›fünf Sous, die ich auf mein letztes Geldstück herausbekommen habe. Um bei dir erscheinen zu können, habe ich mir die Stiefel putzen und mich frisieren lassen. Ich besitze nur das, was ich an mir trage. Aber‹, fuhr er fort und machte eine Bewegung, ›ich schulde meiner Wirtin tausend Taler Assignaten, und unser Garkoch gibt mir seit gestern keinen Kredit mehr. Ich bin also ohne jedes Hilfsmittel.‹ ›Und was gedenkst du zu tun?‹ sagte ich, mich schon in Dinge einmischend, die er allein zu entscheiden hatte. ›Mich als Soldat anwerben zu lassen, wenn du mir meine Bitte abschlägst.‹ ›Du Soldat, du, Mongenod?‹ ›Ich werde fallen oder der General Mongenod werden.‹ – ›Nun‹, sagte ich tiefbewegt, ›frühstücke in Ruhe mit mir, ich bin im Besitze von hundert Louisdor ...‹ Ich hielt es hierbei«, sagte der Biedermann mit einem schlauen Blick auf Gottfried, »für nötig, als Darleiher ein bisschen zu lügen.«

      ›Das ist alles, was ich auf der Welt besitze‹, sagte ich zu Mongenod, ›ich wartete auf den Moment, wo die Staatsanleihen so tief als möglich ständen, um dieses Geld darin anzulegen; aber ich will es dir übergeben, und du wirst mich als deinen Sozius ansehen, ich überlasse es deiner Rechtschaffenheit, wann und wo du mir das Ganze zurückgeben wirst. Das Gewissen eines Ehrenmannes‹, fuhr ich fort, ›ist das sicherste Staatsschuldenbuch.‹ Mongenod sah mich bei diesen Worten starr an und schien sie in sein Herz einzugraben. Er streckte seine rechte Hand aus, ich legte meine Linke hinein, und wir drückten uns die Hände, ich tiefbewegt, er, ohne diesmal zwei dicke Tränen zurückzuhalten, die an seinen abgezehrten Wangen herabrannen. Der Anblick dieser Tränen zerriss mir das Herz. Ich wurde noch mehr ergriffen, als Mongenod in diesem Augenblick, alles vergessend, ein schlechtes, ganz zerrissenes indisches Taschentuch herauszog, um sich die Augen abzutrocknen. – ›Bleib hier‹, sagte ich zu ihm und ging eilig zu meinem Versteck, so tiefbewegt, als ob ich eine Frau mir ihre Liebe hätte gestehen hören. Und ich kam zurück mit zwei Goldrollen, jede zu fünfzig Louisdor. – ›Hier, zähl sie nach ...‹ Er wollte sie nicht zählen und blickte um sich, um ein Schreibzeug zu suchen und mir, wie er sagte, eine Quittung auszustellen. Ich weigerte mich rundweg, irgendein Schriftstück an mich zunehmen. – ›Wenn ich sterben sollte‹, sagte ich zu ihm, ›würden meine Erben dich drängen. Das muss unter uns bleiben.‹ Als er sah, was er für einen Freund an mir besaß, verschwand der Ausdruck von Kummer und Angst auf Mongenods Gesicht, und er wurde heiter. Meine Wirtschafterin servierte uns Austern, Weißwein, eine Omelette, geröstete Nieren, den Rest einer Pastete aus Chartres, die meine alte Mutter mir geschickt hatte, dann den Nachtisch, Kaffee und Inselliköre. Mongenod, der seit zwei Tagen nichts gegessen hatte, lebte wieder auf. Wir sprachen über unser Leben vor der Revolution und blieben bis drei Uhr nachmittags bei Tische als die besten Freunde von der Welt sitzen. Mongenod erzählte mir, wie er sein Vermögen verloren hatte. Zuerst hatte ihm die Verkürzung der städtischen Renten zwei Drittel seines Einkommens genommen, denn sein Vater hatte den größten Teil seines Vermögens in Stadtanleihen angelegt; dann, nachdem er sein Haus in der Rue de Savoie verkauft hatte, war er gezwungen worden, den Preis in Assignaten entgegenzunehmen; er hatte sich damals in den Kopf gesetzt, eine Zeitung herauszugeben, ›Die Schildwache‹, nach deren sechsmonatigem Erscheinen er genötigt war, zu fliehen. Jetzt setzte er seine ganze Hoffnung auf eine komische Oper, betitelt ›Die Peruaner‹. Dieses letzte Bekenntnis ließ mich erzittern. Mongenod als Theaterdichter, der vorher sein Geld in seiner ›Schildwache‹ begraben hatte und jetzt sicherlich beim Theater lebte, in Beziehungen zu den Sängern des Theaters Feydeau, mit Musikern und der eigenartigen Gesellschaft, die sich hinter dem Vorhang verbirgt, fehlen mir nicht mehr derselbe Mongenod zu sein. Ich empfand ein leichtes Frösteln. Aber wie sollte ich meine hundert Louisdor wieder zurücknehmen? Ich sah die beiden Rollen in jeder Tasche seiner Hose stecken wie zwei Pistolenläufe. Mongenod entfernte sich. Als ich mich allein sah, nicht mehr vor dem Bilde dieses bitteren, furchtbaren Elends, musste ich gegen meinen Willen Erwägungen anstellen, indem ich nüchtern wurde: ›Mongenod‹, dachte ich jetzt, ›ist sicher tief verdorben, er hat mir eine Komödie vorgespielt.‹ Seine Fröhlichkeit, als er gesehen hatte, wie ich ihm gutmütig eine so riesige Summe gab, schien mir der Freude der Diener im Lustspiel zu gleichen, die irgendeinen Geronte erwischt haben. Ich endete damit, womit ich hätte anfangen sollen, ich beschloss, Erkundigungen über meinen Freund Mongenod einzuziehen, der mir seine Adresse auf die Rückseite einer Spielkarte geschrieben hatte. Aus Zartgefühl wollte ich ihn nicht schon am nächsten Tage aufziehen; er hätte in meiner Eile ein Zeichen von Misstrauen sehen können. Zwei Tage später nahmen andere Sorgen mich völlig in Anspruch, und erst nach vierzehn Tagen begab ich mich, da ich Mongenod nicht mehr zu sehen bekommen hatte, eines Morgens aus dem Croix-Rouge, wo ich wohnte, nach seiner Wohnung in der Rue des Moineaux. Mongenod hauste in einem möblierten Hause unterster Sorte, dessen Vermieterin eine sehr anständige Frau war, die Witwe eines Generalpächters, der auf dem Schafott geendet hatte, die, vollständig ruiniert, mit einigen Louisdor sich dem aussichtsreichen Gewerbe einer Zimmermieterin zugewendet hatte. Sie hat seitdem sieben Häuser im Viertel Saint-Roch innegehabt und ein Vermögen erworben. – ›Der Bürger Mongenod ist nicht anwesend,‹ sagte mir die Dame, ›aber es sind Leute bei ihm oben‹. Diese Äußerung erregte meine Neugierde. Ich stieg in das fünfte Stockwerk hinauf. Eine reizende Person öffnete mir die Tür ... Oh, eine junge Person von wunderbarster Schönheit, die ziemlich argwöhnisch auf der Schwelle der halb geöffneten Tür verharrte. ›Ich bin Alain, Mongenods Freund,‹ sagte ich. Sogleich öffnet sich die Tür völlig, und ich trete in eine abscheuliche Bodenkammer ein, die aber trotzdem von der jungen Person sehr sauber gehalten war. Sie schiebt mir einen Stuhl vor einen Kamin voller Asche, aber ohne Feuer, in dessen Winkel ich eine gewöhnliche irdene Wärmpfanne erblicke. Es war eisig kalt. ›Ich bin sehr glücklich, mein Herr‹, sagte sie, ergriff meine Hand und drückte sie liebevoll, ›dass ich Ihnen meine Dankbarkeit bezeugen kann, denn Sie sind unser Retter. Ohne Sie hätte ich Mongenod vielleicht nie wiedergesehen ... Er hätte sich ... ach!... ins Wasser gestürzt. Er war in Verzweiflung, als er Sie aufsuchen ging ...‹ Als ich die junge Person genauer betrachtete, war ich ziemlich erstaunt darüber, dass sie rings um den Kopf einen Schal trug und dass am Hinterkopf und an den Schläfen ein dunkler Schatten erschien; als ich näher hinsah, entdeckte ich, dass ihr Haupt geschoren war. ›Sind Sie leidend?‹ fragte ich mit Bezug auf dieses seltsame Aussehen. ›Jawohl‹ bemerkte sie hastig, ›ich hatte furchtbare Kopfschmerzen, und war genötigt, mein schönes Haar, das mir bis auf die Hacken reichte, abzuschneiden.‹ ›Habe ich die Ehre, mit Frau Mongenod zu sprechen?‹ fragte ich. ›Jawohl, mein Herr‹, erwiderte sie und warf mir einen wahren Engelsblick zu. Ich empfahl mich der armen kleinen Frau und ging hinunter, um die Hauswirtin auszuforschen, aber diese war weggegangen. Ich hatte den Eindruck, dass die junge Frau ihr Haar hatte verkaufen müssen, um Brot anzuschaffen. Stehenden Fußes ging ich zu einem Holzhändler und schickte ihr eine halbe Klafter Holz, wobei ich den Träger und die Holzschneider bat, der kleinen Frau eine quittierte, auf den Namen des Bürgers Mongenod ausgestellte Quittung zu übergeben. –

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