Essentials der Theorie U. C. Otto Scharmer
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Название: Essentials der Theorie U

Автор: C. Otto Scharmer

Издательство: Bookwire

Жанр: Управление, подбор персонала

Серия: Management

isbn: 9783849781828

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СКАЧАТЬ Erleben betrifft. Der blinde Fleck bezieht sich auf den inneren Ort – die Quelle –, aus der unser Wirken hervorgeht, wenn wir handeln, kommunizieren, wahrnehmen oder denken. Wir sehen, was wir tun (Resultate). Wir sehen, wie wir es tun (Prozess). Aber meistens wissen wir nichts über das Woher: über den inneren Ort bzw. die Quelle, aus der unser Wirken entspringt (Abb. 2).

       Abb. 2: Der blinde Fleck von Führung

      Dem blinden Fleck begegnete ich zum ersten Mal, als ich mit Bill O’Brien, dem langjährigen CEO von Hanover Insurance, sprach. Seine Erkenntnis aus vielen Jahren transformativer Veränderungsprozesse in seinem Unternehmen fasste er wie folgt zusammen: »Der Erfolg einer Intervention hängt vom inneren Zustand des Intervenierenden ab.«

      O’Briens Feststellung öffnete mir die Augen: Was zählt, ist nicht nur das, was eine Führungskraft tut und wie sie es tut, sondern auch ihr »innerer Zustand« – d. h. ihre innere Quelle.

      Es dämmerte mir, dass Bill O’Brien auf eine tiefere Dimension (die Quelle) hinwies, aus der unsere Handlungen, Kommunikation und Wahrnehmungen hervorgehen und die es uns erlaubt, einen neuen Raum zukünftiger Möglichkeiten zu erspüren und zu beschreiben.

      Die Qualität unserer Aufmerksamkeit ist eine weitgehend unsichtbare Dimension unseres alltäglichen sozialen Erlebens – ob in Organisationen, Institutionen oder auch im persönlichen Leben. In unserem alltäglichen Handeln wissen wir meistens sehr wohl, was wir tun und wie wir es tun – d. h., wir kennen den Prozess. Stellt man uns aber die Frage, woher unser Handeln kommt, könnten die meisten von uns keine klare Antwort darauf geben. In meinen Forschungen bezeichne ich diesen Ursprung unseres Handelns und unserer Wahrnehmungen als Quelle oder Quellpunkt.

       Vor der leeren Leinwand

      In meinem Gespräch mit Bill O’Brien wurde mir klar, dass wir Tag für Tag sowohl auf sichtbaren als auch auf unsichtbaren Ebenen interagieren. Um diesen Punkt besser zu verstehen, sollten wir die Arbeit eines Künstlers betrachten.

      Kunst lässt sich aus mindestens drei Perspektiven betrachten:

      •Wir können uns auf den Gegenstand konzentrieren, der in dem kreativen Prozess entstanden ist – beispielsweise ein Gemälde.

      •Wir können uns auf den Prozess konzentrieren, also beobachten, wie die Künstlerin das Bild malt.

      •Oder wir können die Künstlerin in dem Augenblick beobachten, wenn sie vor der leeren Leinwand steht.

      Anders ausgedrückt: Wir können das Kunstwerk betrachten, nachdem es geschaffen wurde, während es entsteht oder bevor es entsteht.

      Wenn wir diese Analogie auf Veränderungsmanagement anwenden, können wir die Arbeit des Erfinders, des Veränderungsmachers, der Führungskraft aus drei ähnlichen Blickwinkeln betrachten. Erstens können wir anschauen, was Führungskräfte und Menschen, die etwas verändern möchten, tun. Aus dieser Perspektive sind schon viele Bücher geschrieben worden. Zweitens können wir anschauen, wie eine Führungskraft vorgeht, d. h., welche Prozesse sie aktiviert. Aus dieser Prozess-Perspektive wurden in den letzten 20 Jahren Bücher über Management und Führung geschrieben.

      Doch aus der Perspektive der leeren Leinwand haben wir die Führung nie systematisch betrachtet. Die bisher nicht beantwortete Frage lautet: Aus welchen Quellen entsteht das Handeln von Führungskräften und Veränderungsmachern? Zum Beispiel: Welche Qualität des Zuhörens, welche Qualität der Aufmerksamkeit bringe ich in eine Situation ein und wie verändert diese Qualität die Muster der Interaktion?

      Die Diskussion über die drei Abgründe lässt sich so zusammenfassen: Während die ökologische Kluft eine Bruchlinie zwischen Selbst und Natur und die soziale Kluft eine Bruchlinie zwischen Selbst und dem Anderen darstellt, erwächst die spirituelle Kluft aus einem Bruch zwischen dem Selbst und dem Höheren Selbst – das heißt zwischen dem, der ich heute bin, und dem, der ich morgen sein könnte, also meiner höchsten Zukunftsmöglichkeit.

       Ankunft am MIT

      Als ich vor etwa 24 Jahren aus Deutschland kam, um am MIT zu arbeiten, wollte ich lernen, wie ich Menschen, die in der Gesellschaft etwas verändern möchten, helfen könnte, die großen Herausforderungen und Umbrüche zu bewältigen, auf die wir immer wieder treffen. An dem damals neu gegründeten MIT Organisational Learning Center (OLC), das von Peter Senge, dem Autor von Die fünfte Disziplin, geleitet wurde, kam eine einzigartige Konstellation führender Vertreter der Aktionsforschung aus dem MIT und von der Harvard University zustande, darunter Edgar Schein, Chris Argyris, Don Schön, William Isaacs und viele andere. Dieses Buch ist stark geprägt und inspiriert von der Chance, in diesem Netzwerk und wunderbaren Kollegen- und Freundeskreis wie auch zusammen mit vielen anderen geschätzten Mitarbeitenden aus anderen Institutionen und anderen Orten arbeiten zu dürfen.

      Wenn ich heute auf meinen Weg zurückblicke, fallen mir drei wichtige Erkenntnisse auf, die meinem Vorhaben, den blinden Fleck zu erforschen, Gestalt gegeben haben.

       Von der im Entstehen begriffenen Zukunft lernen

      Meine erste Erkenntnis ist recht elementar. Nämlich: Es gibt zwei unterschiedliche Quellen des Lernens: (1) Lernen, indem man über die Vergangenheit nachdenkt, und (2) Lernen, indem man entstehende Zukunftsmöglichkeiten erspürt und verwirklicht.

      Alle herkömmlichen Methoden des organisationalen Lernens funktionieren nach demselben Lernmodell: Lernen, indem man über frühere Erfahrungen nachdenkt. Doch dann stellte ich immer wieder fest, dass in Organisationen die meisten Führungskräfte täglich mit Herausforderungen konfrontiert waren, denen man nicht einfach dadurch begegnen kann, dass man über die Vergangenheit nachdenkt. Manchmal sind früh gemachte Erfahrungen nicht hilfreich und stellen vielleicht sogar die Hindernisse dafür dar, dass ein Team eine Situation nicht mit neuen Augen sehen kann.

      Anders ausgedrückt: Aus der Vergangenheit lernen ist notwendig, aber nicht hinreichend. Alle umwälzenden Herausforderungen verlangen, dass wir uns der Sache mit einer neuen Herangehensweise nähern. Sie verlangen, dass wir uns entschleunigen, innehalten, die wichtigen Antriebskräfte der Veränderung erspüren, die Vergangenheit loslassen und die Zukunft, die entstehen möchte, kommen lassen.

      Aber was ist notwendig, um von der im Entstehen begriffenen Zukunft zu lernen? Als ich diese Frage stellte, schauten mich viele Menschen mit einem ausdruckslosen Blick an: »Von der Zukunft lernen? Wovon sprechen Sie?« Viele meinten, es sei eine verschrobene Frage.

      Doch es war genau diese Frage, an der sich meine Forschungsreise über mehr als 20 Jahre lang orientiert hat. Das Besondere an uns Menschen ist, dass wir uns mit einer entstehenden Zukunft in Verbindung setzen können. Genau das zeichnet uns als Menschen aus. Wir können die Muster der Vergangenheit sehen, durchbrechen und neue Muster schaffen. Keine andere Spezies auf der Erde ist dazu imstande. Bienen beispielsweise organisieren sich vielleicht mit einer höheren kollektiven Intelligenz; aber sie haben keine Möglichkeit, ihr Organisationsmuster СКАЧАТЬ