Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann. E. T. A. Hoffmann
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Название: Gesammelte Werke von E. T. A. Hoffmann

Автор: E. T. A. Hoffmann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027209156

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СКАЧАТЬ gefrevelt! Nicht Gnade, nicht Ruhe im Grabe soll er finden, solange der Stamm, den sein Verbrechen erzeugte, fortwuchert in freveliger Sünde!” – - Francesko sank nieder in den Staub, denn er wußte wohl, daß nun sein Urteil gesprochen und ein entsetzliches Verhängnis ihn trostlos umhertreiben werde. Er floh, ohne des Knäbleins in der Höhle zu gedenken, von dannen und lebte, da er nicht mehr zu malen vermochte, im tiefen, jammervollen Elend. Manchmal kam es ihm in den Sinn, als müsse er zur Glorie der christlichen Religion herrliche Gemälde ausführen, und er dachte große Stücke in der Zeichnung und Färbung aus, die die heiligen Geschichten der Jungfrau und der heiligen Rosalia darstellen sollten; aber wie konnte er solche Malerei beginnen, da er keinen Skudo besaß, um Leinwand und Farben zu kaufen, und nur von dürftigen Almosen, an den Kirchentüren gespendet, sein qualvolles Leben durchbrachte. Da begab es sich, daß, als er einst in einer Kirche, die leere Wand anstarrend, in Gedanken malte, zwei in Schleier gehüllte Frauen auf ihn zutraten, von denen eine mit holder Engelsstimme sprach: “In dem fernen Preußen ist der Jungfrau Maria, da, wo die Engel des Herrn ihr Bildnis auf einen Lindenbaum niedersetzten, eine Kirche erbaut worden, die noch des Schmuckes der Malerei entbehrt. Ziehe hin, die Ausübung deiner Kunst sei dir heilige Andacht, und deine zerrissene Seele wird gelabt werden mit himmlischem Trost.” – Als Francesko aufblickte zu den Frauen, gewahrte er, wie sie in sanftleuchtenden Strahlen zerflossen und ein Lilien-und Rosenduft die Kirche durchströmte. Nun wußte Francesko, wer die Frauen waren, und wollte den ändern Morgen seine Pilgerfahrt beginnen. Aber noch am Abende desselben Tages fand ihn, nach vielem Mühen, ein Diener Zenobios auf, der ihm ein zweijähriges Gehalt auszahlte und ihn einlud an den Hof seines Herrn. Doch nur eine geringe Summe behielt Francesko, das übrige teilte er aus an die Armen und machte sich auf nach dem fernen Preußen. Der Weg führte ihn über Rom, und er kam in das nicht ferne davon gelegene Kapuzinerkloster, für welches er die heilige Rosalia gemalt hatte. Er sah auch das Bild in den Altar eingefugt, doch bemerkte er bei näherer Betrachtung, daß es nur eine Kopie seines Gemäldes war. Das Original hatten, wie er erfuhr, die Mönche nicht behalten mögen, wegen der sonderbaren Gerüchte, die man von dem entflohenen Maler verbreitete, aus dessen Nachlaß sie das Bild bekommen, sondern dasselbe nach genommener Kopie an das Kapuzinerkloster in B. verkauft. Nach beschwerlicher Pilgerfahrt langte Francesko in dem Kloster der heiligen Linde in Ostpreußen an und erfüllte den Befehl, den ihm die heilige Jungfrau selbst gegeben. Er malte die Kirche so wunderbarlich aus, daß er wohl einsah, wie der Geist der Gnade in ihm zu wirken beginne. Trost des Himmels floß in seine Seele.

      Es begab sich, daß der Graf Filippo S. auf der Jagd in einer abgelegenen wilden Gegend von einem bösen Unwetter überfallen wurde. Der Sturm heulte durch die Klüfte, der Regen goß in Strömen herab, als solle in einer neuen Sündflut Mensch und Tier untergehen; da fand Graf Filippo eine Höhle, in die er sich samt seinem Pferde, das er mühsam hineinzog, rettete. Schwarzes Gewölk hatte sich über den ganzen Horizont gelegt, daher war es, zumal in der Höhle, so finster, daß Graf Filippo nichts unterscheiden und nicht entdecken konnte, was dicht neben ihm so raschle und rausche. Er war voll Bangigkeit, daß wohl ein wildes Tier in der Höhle verborgen sein könne, und zog sein Schwert, um jeden Angriff abzuwehren. Als aber das Unwetter vorüber und die Sonnenstrahlen in die Höhle fielen, gewahrte er zu seinem Erstaunen, daß neben ihm auf einem Blätterlager ein nacktes Knäblein lag und ihn mit hellen, funkelnden Augen anschaute. Neben ihm stand ein Becher von Elfenbein, in dem der Graf Filippo noch einige Tropfen duftenden Weines fand, die das Knäblein begierig einsog. Der Graf ließ sein Horn ertönen, nach und nach sammelten sich seine Leute, die hierhin, dorthin geflüchtet waren, und man wartete auf des Grafen Befehl, ob sich nicht derjenige, der das Kind in die Höhle gelegt, einfinden würde, es abzuholen. Als nun aber die Nacht einzubrechen begann, da sprach der Graf Filippo: “Ich kann das Knäblein nicht hülflos liegen lassen, sondern will es mit mir nehmen und, daß ich dies getan, überall bekannt machen lassen, damit es die Eltern oder sonst einer, der es in die Höhle legte, von mir abfordern kann.” Es geschah so; aber Wochen, Monate und Jahre vergingen, ohne daß sich jemand gemeldet hätte. Der Graf hatte dem Fündling in heiliger Taufe den Namen Francesko geben lassen. Der Knabe wuchs heran und wurde an Gestalt und Geist ein wunderbarer Jüngling, den der Graf seiner seltenen Gaben wegen wie seinen Sohn liebte und ihm, da er kinderlos war, sein ganzes Vermögen zuzuwenden gedachte. Schon fünfundzwanzig Jahre war Francesko alt worden, als der Graf Filippo in törichter Liebe zu einem armen, bildschönen Fräulein entbrannte und sie heiratete, unerachtet sie blutjung, er aber schon sehr hoch in Jahren war. Francesko wurde alsbald von sündhafter Begier nach dem Besitze der Gräfin erfaßt, und unerachtet sie gar fromm und tugendhaft war und nicht die geschworene Treue verletzen wollte, gelang es ihm doch endlich nach hartem Kampfe, sie durch teuflische Künste zu verstricken, so daß sie sich der freveligen Lust überließ und er seinen Wohltäter mit schwarzem Undank und Verrat lohnte. Die beiden Kinder, Graf Pietro und Gräfin Angiola, die der greise Filippo in vollem Entzücken der Vaterfreude an sein Herz drückte, waren die Früchte des Frevels, der ihm sowie der Welt auf ewig verborgen blieb.

      Von innerm Geiste getrieben, trat ich zu meinem Bruder Zenobio und sprach: “Ich habe dem Throne entsagt, und selbst dann, wenn du kinderlos vor mir sterben solltest, will ich ein armer Maler bleiben und mein Leben in stiller Andacht, die Kunst übend, hinbringen. Doch nicht fremdem Staat soll unser Ländlein anheimfallen. Jener Francesko, den der Graf Filippo S. erzogen, ist mein Sohn. Ich war es, der auf wilder Flucht ihn in der Höhle zurückließ, wo ihn der Graf fand. Auf dem elfenbeinernen Becher, der bei ihm stand, ist unser Wappen geschnitzt, doch noch mehr als das schützt des Jünglings Bildung, die ihn als aus unserer Familie abstammend getreulich bezeichnet, vor jedem Irrtum. Nimm, mein Bruder Zenobio! den Jüngling als deinen Sohn auf, und er sei dein Nachfolger!” – Zenobios Zweifel, ob der Jüngling Francesko in rechtmäßiger Ehe erzeugt sei, wurden durch die von dem Papst sanktionierte Adoptionsurkunde, die ich auswirkte, gehoben, und so geschah es, daß meines Sohnes sündhaftes, ehebrecherisches Leben endete und er bald in rechtmäßiger Ehe einen Sohn erzeugte, den er Paolo Francesko nannte. – Gewuchert hat der verbrecherische Stamm auf verbrecherische Weise. Doch kann meines Sohnes Reue nicht seine Frevel sühnen? Ich stand vor ihm wie das Strafgericht des Herrn, denn sein Innerstes lag vor mir offen und klar, und was der Welt verborgen, das sagte mir der Geist, der mächtig und mächtiger wird in mir und mich emporhebt über den brausenden Wellen des Lebens, daß ich hinabzuschauen vermag in die Tiefe, ohne daß dieser Blick mich hinabzieht zum Tode.

      Franceskos Entfernung brachte der Gräfin S. den Tod, denn nun erst erwachte sie zum Bewußtsein der Sünde, und nicht überstehen konnte sie den Kampf der Liebe zum Verbrecher und der Reue über das, was sie begangen. Graf Filippo wurde neunzig Jahr alt, dann starb er als ein kindischer Greis. Sein vermeintlicher Sohn Pietro zog mit seiner Schwester Angiola an den Hof Franceskos, der dem Zenobio gefolgt war. Durch glänzende Feste wurde Paolo Franceskos Verlobung mit Vittoria, Fürstin von M., gefeiert, als aber Pietro die Braut in voller Schönheit erblickte, wurde er in heftiger Liebe entzündet, und ohne der Gefahr zu achten, bewarb er sich um Vittorias Gunst. Doch Paolo Franceskos Blicken entging Pietros Bestreben, da er selbst in seine Schwester Angiola heftig entbrannt war, die all sein Bemühen kalt zurückwies. Vittoria entfernte sich von dem Hofe, um, wie sie vorgab, noch vor ihrer Heirat in stiller Einsamkeit ein heiliges Gelübde zu erfüllen. Erst nach Ablauf eines Jahres kehrte sie zurück, die Hochzeit sollte vor sich gehen, und gleich nach derselben wollte Graf Pietro mit seiner Schwester Angiola nach seiner Vaterstadt zurückkehren. Paolo Franceskos Liebe zur Angiola war durch ihr stetes, standhaftes Widerstreben immer mehr entflammt worden und artete jetzt aus in die wütende Begier des wilden Tieres, die er nur durch den Gedanken des Genusses zu bezähmen vermochte. – So geschah es, daß er durch den schändlichsten Verrat am Hochzeitstage, ehe er in die Brautkammer ging, Angiola in ihrem Schlafzimmer überfiel und, ohne daß sie zur Besinnung kam, denn Opiate hatte sie beim Hochzeitmahl bekommen, seine frevelige Lust befriedigte. Als Angiola durch die verruchte Tat dem Tode nahe gebracht wurde, da gestand der von Gewissensbissen gefolterte Paolo Francesko ein, was er begangen. Im ersten Aufbrausen des Zorns wollte Pietro den Verräter niederstoßen, aber gelähmt sank sein Arm nieder, da er daran dachte, daß seine Rache der Tat vorangegangen. Die kleine Giazinta, Fürstin von B., allgemein für die Tochter der Schwester Vittorias geltend, war die Frucht des geheimen Verständnisses, das Pietro mit Paolo Franceskos Braut unterhalten hatte. Pietro ging mit Angiola nach Deutschland, СКАЧАТЬ