Eine Mutter. Gerstäcker Friedrich
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Название: Eine Mutter

Автор: Gerstäcker Friedrich

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066115012

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СКАЧАТЬ daß wir einen guten Director in der Colonie hätten, der etwas auf seine Colonisten hielt, in Rio wurd's auch bekannt, und von allen Seiten kamen jetzt die Auswandererschiffe an, daß der Director und ich manchmal nicht wußten, wo uns der Kopf stand – aber Geld wie Heu. Es war ordentlich, als ob der Segen auf dem alten Hause läge, und wie ich mir noch ein neues dazu baute, hatte ich immer noch nicht Platz genug. Weil ich das baare Geld aber nicht wollte im Kasten liegen lassen – von wegen Buxen und Consorten, die mir damals keinen schlechten Schreck eingejagt –, kaufte ich Land dafür, was sie mir nicht stehlen konnten, und verdiente da wieder dran, Hand über Hand; kurz, in vier Jahren war ich ein gemachter Mann, und da erst, wie ich 'was hatte und es mit dem Besten in der Colonie aufnehmen konnte, kriegt' ich das Heimweh und beschloß, einmal wieder nach Deutschland zurückzukehren. Meine Häuser verkaufte ich um das Doppelte, was ich dafür gegeben hatte, meine Colonien verpachtete ich an arme Colonisten, die noch keinen eigenen Grund und Boden hatten, und – da bin ich...«

      »Und wie haben Sie alle unsere Freunde in der alten Colonie verlassen?« fragte Felix – »was macht Sarno, und haben Sie nichts von Günther von Schwartzau mehr gesehen?«

      »Herr Sarno ist noch immer der Alte,« erzählte Jeremias, emsig mit einem Gänseschenkel beschäftigt – »immer bei der Spritze, und die Geschichte geht jetzt dort wie am Schnürchen. Wer nicht in die Colonie paßt, den beißt er weg, und die Anderen befinden sich alle wohl, oder wenn sie's nicht thun, ist es ihre eigene Schuld. Einen andern Pfarrer haben sie auch, einen braven, ordentlichen Mann, der nie länger als eine halbe Stunde predigt...«

      »Und von Schwartzau wissen Sie nichts?«

      »Doch – im vorigen Jahr war er wieder in der Colonie und wohnte ein paar Wochen beim Herrn Director; er war lange krank gewesen und sah recht elend aus. Jetzt ging's ihm aber wieder besser, und kurz vorher, ehe ich wegging, hörte ich, daß er selber Director in San Sebastian oder Gott weiß, wie die neue Colonie heißt, geworden wäre.«

      »Armer Günther!« seufzte Felix – »so treibt er sich noch immer in der Fremde umher und kann keine Ruhe finden...«

      »Und was macht der Baron?« fragte Helene, der eine andere Frage noch am Herzen lag, die sie aber nicht wagte.

      »Je, nun,« sagte Jeremias, »der Baron trägt immer noch dieselben Nankinghosen, die beim Waschen immer kürzer werden – armer Teufel – ne, lieber Freund, ich bin noch nicht fertig,« unterbrach er sich rasch und hielt mit beiden Händen seinen Teller, den ihm der aufwartende Diener, weil er ihn einen Augenblick außer Acht gelassen, gerade fortnehmen wollte.

      Felix lachte und winkte, ihn in Ruhe zu lassen, und Jeremias, der seinen Gänseschenkel wieder vornahm, fuhr fort:

      »Dem armen Teufel geht's eigentlich erbärmlich. Arbeiten kann er und will er nichts, und mit Vornehmthun giebt's in den Colonien nichts aus – der Buttlich betrog ihn, wie gesagt, um eine hübsche Summe – wie er's aus ihm herausgekriegt, weiß ich auch nicht. Nachher ließ er sich in ein Geschäft mit Herrn von Pultele – Hurrjeh!« unterbrach sich Jeremias plötzlich, weil er glaubte, einen Mißgriff gemacht zu haben.

      »Erzählen Sie nur weiter,« lachte aber Felix – »also, Herr von Pulteleben ist auch noch in der Colonie...?«

      »Jetzt nicht mehr,« sagte Jeremias, der puterroth geworden war und einen verzweifelten Blick nach Helenen hinüberwarf. »Es war eine Seele von einem Menschen, aber – aber ein bischen – ein bischen unpraktisch, und da kam er auf die unglückliche Idee, mit dem Baron eine Perlenfischerei an der Küste anzulegen.«

      »Eine Perlenfischerei?«

      »Ja, gewiß – und gefischt haben sie auch genug,« meinte Jeremias, »aber nicht einmal so viel Perlen gefunden, um sich eine Tuchnadel davon machen zu lassen, und da bekam es der Herr Baron denn zuerst satt – die Mittel erlaubten es nicht – und Herr von Pulteleben ging nachher nach Rio Grande, aber ich habe nichts weiter von ihm gehört.«

      »Und die Gräfin Baulen,« sagte Helene ruhig, »ist sie noch in Santa Clara?«

      »Ihre Frau Mutter? Gewiß!« rief Jeremias, der natürlich keine Ahnung von den dortigen Vorgängen haben konnte – »immer noch die Alte – sehr achtungswerthe Dame,« setzte er aber rasch und erschreckt hinzu – »ungeheure Betriebskraft, weiß immer etwas Neues, um zu speculiren – aber Graf Oskar ist fort...«

      »Fort – wohin?« rief Helene rasch.

      »Der liebe Gott weiß es,« sagte Jeremias achselzuckend – »mein Himmel, junges Blut will austoben, und Brasilien ist groß – Frau Mutter hatte eine kleine Schwierigkeit mit dem Bäckermeister Spenker und zog aus, miethete nachher ein kleines Haus gerade dem Baron gegenüber, und da war der junge Graf eines Morgens auf eine Entdeckungsreise ausgegangen, wie sie sagten, und konnte nachher selber nicht mehr entdeckt werden. Aber das Alles hat Ihnen gewiß Ihre Frau Mutter schon geschrieben – lieber Gott, in Brasilien geht das ja auch oft so, daß ein junger Mensch einen Platz satt bekommt und sich nach einem andern umsieht, der ihm besser gefällt!«

      »Und was ist aus der Frau jenes Mörders, jenes Bux geworden?« fragte Felix, der das Gespräch auf ein anderes Thema zu bringen wünschte.

      »Der geht's gut,« bestätigte Jeremias; »das war eine brave, rechtschaffene Frau, und wie sie sich nur erst einmal von der schlechten Behandlung erholt hatte, schaffte sie tüchtig. Ihre Kinder brachten wir rasch bei Colonisten unter, und nachher habe ich sie selber in das Hotel genommen, wo sie sich vortrefflich betragen hat. Sie ist jetzt noch dort und verdient sich hübsches Geld...«

      »Und jener Bux?«

      »Nun, den haben sie nach Rio gebracht und dort wahrscheinlich gehangen oder in's Loch gesteckt. Ich habe nie etwas Weiteres von ihm gehört.«

      »Aber ein sonderbares Zusammentreffen ist es doch,« lächelte Helene, »daß wir uns hier gerade in Haßburg wiedersehen sollten...«

      »Und noch dazu den ersten Tag, wo ich hier bin!« rief Jeremias.

      »Apropos, Sie wollten mir ja erzählen, was Sie gerade nach Haßburg geführt,« sagte Felix, »denn wie Sie selber sagen, stammen Sie gar nicht aus der Gegend...«

      »Hm,« meinte Jeremias und warf einen Blick über die Schulter nach dem aufwartenden Diener und dann nach der Bonne hinüber, »das ist auch eine etwas längere Geschichte.«

      »Also dann beim Kaffee,« nickte der junge Graf, dem es nicht entgangen war, daß der kleine Mann noch etwas Anderes auf dem Herzen hatte – »aber vorher noch ein Glas Wein, Jeremias, wie? Machen Sie keine Umstände, Mann, der Wein ist trinkbar.«

      »Famoser Stoff!« bestätigte Jeremias, der indessen mit seinen Gedanken nicht ganz bei der Sache war, denn es ging ihm im Kopf herum, daß sich die junge Gräfin eigentlich gar nicht so lebhaft nach ihrer »Mutter« erkundigt hatte, wie er wohl erwartet haben mochte, und auch über das Verschwinden ihres Bruders nicht im Mindesten aufgeregt erschien. Aber sie mußte es jedenfalls schon früher brieflich erfahren haben, und wußte vielleicht sogar, wo er stak. Daß er ihm selber noch eine nicht unbeträchtliche Summe schulde, erwähnte er nicht; er besaß, trotz seiner rauhen Hülle, zu viel Zartgefühl, und doch hatte es ihm Rottack entweder angemerkt oder es sich auch nur gedacht – und große Definitionsgabe gehörte allerdings nicht dazu.

      Aber die Tafel wurde jetzt abgeräumt und dann der Kaffee gebracht. Die Bonne verließ mit den Kindern den Speisesaal, und das junge Paar war mit Jeremias allein.

      »Und nun, mein alter Freund,« sagte СКАЧАТЬ