Gesammelte Erzählungen (Über 110 Titel in einem Band). Joachim Ringelnatz
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Название: Gesammelte Erzählungen (Über 110 Titel in einem Band)

Автор: Joachim Ringelnatz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027203710

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СКАЧАТЬ einer Sympathiebezeugung für Fidje, indem er ihm ein stattliches Vermögen schenkte; starb allerdings gleich darauf an einer Darmfistel.

      Fidje Pappendeik war reich geworden, lebte indessen nicht viel anders als bisher, harmlos, vergnügt, durchschnittsmäßig, ohne zu verraten und ohne Kenntnis zunehmen. Alles bahnte Versöhnung mit ihm an und haßte ihn insgeheim noch grimmiger.

      Weil eine ganze Stadt zu ersticken drohte, war es ein Verdienst des Staatsanwaltes Kirschrot, daß er einen Plan ersann zur sicheren und würdevollen Lüftung des Mysteriums.

      Kirschrot bestach drei Gasarbeiter mit Enzianschnaps. Die drei Gasarbeiter erhoben Anklage gegen Fidje Pappendeik und beschuldigten ihn:

      1 die Tochter des einen Gasarbeiters entführt und verführt zu haben,

      2 im Ausland Spionage getrieben zu haben,

      3 als fanatischer Anhänger einer kirchlichen Sekte zwei Waisenkinder totgetreten und beraubt zu haben.

      Dies alles verübt während der drei Jahre nach seinem Start von der Siebenhenkerwiese.

      Dieser hochsensationelle sexual-politische Ritualdoppelraubmord-Prozeß mußte unter freiem Himmel verhandelt werden. Die gesamte Einwohnerschaft, das rostige Fahrrad und die Siebenhenkerwiese waren zugegen. Die Verhandlung gestaltete sich nach der üblichen Einleitung etwa folgendermaßen:

      Staatsanwalt Wo fuhren Sie zunächst hin?

      Angeklagter In die Luft.

      Staatsanwalt Hatten Sie ein bestimmtes Ziel und welches?

      Angeklagter Ja, den Mond.

      Staatsanwalt Erreichten Sie ihn?

      Angeklagter Nein, ich verirrte mich und geriet auf den Fixstern Glyzerin.

      Bewegung im Publikum.

      Staatsanwalt Was taten Sie dort? Wie ging es zu? Wie lange blieben –? Erzählen Sie der Wahrheit gemäß und recht ausführlich. Atemlose Stille.

      Angeklagter Auf Glyzerin geht es genauso zu wie bei uns, bloß daß die Menschen dort nur von Leberwurst leben. Heiterkeit.

      Staatsanwalt Und was taten Sie dort?

      Angeklagter Ich aß sechs Monate lang Leberwurst.Dann bekam ich den Durchfall, übergab mich und radelte davon. Lärm, Pfui-Rufe.

      Staatsanwalt Ich verbitte mir jegliche Kundgebung seitens der Zuhörerschaft, sonst sehe ich mich genötigt, den Ausschluß der Öffentlichkeit zu be– Atemlose Stille.

      Staatsanwalt Angeklagter, berichten Sie weiter, genau und ausführlich. Wo fuhren Sie hin? Was trafen Sie wie? Wodurch?

      Angeklagter Ich geriet auf den Planeten Klopsia. Dort gibt es nur anständige Leute.

      Staatsanwalt Weiter! Weiter! Wieso? Was heißt das? Erzählen Sie doch! Welcher Gestalt taten Sie –?

      Angeklagter Ich legte mich in ein Kohlrabibeet, schlief zwei Jahre lang und radelte dann weiter.

      Staatsanwalt Häm – Sonderbar. – In der Tat. Aber die Methode ist uns nicht mehr neu. Wir kommen schon dahinter. Sprechen Sie weiter, Angeklagter. Wo? Nach welcher –?

      Angeklagter Ich landete auf dem Seitenmonde Exlibris.

      Staatsanwalt Exlibris?? Unruhe.

      Angeklagter Ja, Exlibris. Dort ging es fürchterlich zu. Hört! Hört!

      Staatsanwalt Fürchterlich? – Ruhe auf der Galerie! – Wollte sagen unter freiem Himmel. – Wieso fürchterlich?

      Angeklagter Ja. Ich kam todmüde an, entkleidete mich, ohne recht zu wissen wie, stopfte meine Kleider in den Schrank, kroch ins Bett und schlief gleich ein. Bis das Entsetzliche geschah. Alle Zuhörer stehen unwillkürlich auf.

      Staatsanwalt Welches Entsetzliche? Stocken Sie doch nicht fortwährend.

      Angeklagter Ich erwachte plötzlich. Die Lampe brannte. Da sah ich aus dem Türspalt des Kleiderschrankes einen nackten Arm herausragen, der mir meine zerknüllte Hose reichte, und eine hohle Stimme sagte: »Liederjahn!« Ich sträubte mein Haar, kroch unters Bettdeck. Und als ich wieder erwachte, hatte ich ein halbes Jahr verschlafen. Da radelte ich zur Erde zurück.

      Minutenlanger Lärm, dann Stille.

      Staatsanwalt Angeklagter, Sie haben bisher dreist gelogen.

      Angeklagter Ja.

      Staatsanwalt Wir wissen Mittel und Wege, Sie zahm zu machen. Aber erklären Sie uns jetzt zunächst einmal, wie Sie es fertigbringen, sich mit einem Fahrrad in die Luft zu erheben.

      Angeklagter Das kann ich nicht. Ich setze mich einfach drauf und fliege los.

      Staatsanwalt Quatsch! Ich setze mich auch einfach drauf und fliege nicht los. Also!?

      Der Angeklagteschweigt.

      Staatsanwalt Können Sie uns den Vorgang vielleicht praktisch vorführen?

      Angeklagter Ja. Es wird ihm das rostige Fahrrad gebracht. Angeklagter vormachend Ich ergreife die Lenkstange erst mit der linken, dann mit der rechten Hand. Dann setze ich den linken Fuß auf das linke Pedal. Dann hole ich ganz, ganz tief Atem. Allgemeines tiefes Atemholen.

      Staatsanwalt Das ist recht, so erzählen Sie vernünftig. Fahren Sie fort!

      Angeklagter Dann fahre ich fort. Er schwingt sich auf den Sattel und tritt an. Fährt ein Stück über den Rasen, hebt sich dann in die Luft und bewegt sich erst langsam, auf einmal sehr schnell gen Himmel. Und kam nie zurück.

      Die Ode an Elisa

       Inhaltsverzeichnis

      »Herein!«

      Ein elegant gekleideter Herr mit schwarzem Haar, Spitzbart und Monokel trat ein.

      »Verzeihung – ich war schon gestern hier, ohne Sie anzutreffen. Ich bin Baron von Tschmltrzklptsch –« (Den Namen verstand ich nicht.)

      »Ihr Besuch ehrt mich, bitte, nehmen Sie Platz. Ich habe leider nur einen Stu –«

      »Danke, danke«, unterbrach er mich nervös. »Ich höre, Sie dichten gut –«

      »Sehr gut«, bestätigte ich.

      »Ich habe ein vielleicht etwas seltsam klingendes Anliegen an Sie, aber ich würde, wenn Sie einverstanden wären, gut honorieren. Es handelt sich um ein Gelegenheitsgedicht –«

      »Goethe schrieb nur Gelegenheitsgedichte«, warf ich ein.

      »Würden Sie ein Gedicht über meine Frau machen?«

      »Mit Vergnügen. Frauenbedichtung ist meine Spezialität.«

      »Meine Frau kommt Montag aus Florenz, wird СКАЧАТЬ