Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane. Arthur Conan Doyle
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane - Arthur Conan Doyle страница 148

Название: Gesammelte Werke: Kriminalromane + Detektivgeschichten + Historische Romane

Автор: Arthur Conan Doyle

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788026850861

isbn:

СКАЧАТЬ der Farbe des Haares in absonderlichem Kontraste stehen, dies alles zeichnet ihn vor der übrigen Menge der Bettler aus, und dies tut auch sein Witz; denn er hat stets eine schlagfertige Antwort auf jeden schlechten Scherz, den ein Vorübergehender mit ihm machen mag. Das ist also jener Mietsmann in der Opiumhöhle, jener Mann, der den vermißten Herrn, den wir suchten, zuletzt gesehen haben muß.«

      »Aber ein Krüppel!« warf ich ein. »Was vermochte der allein gegen einen Mann in vollster Körperkraft?«

      »Ein Krüppel ist er wohl, sofern er zum Gehen einer Krücke bedarf, sonst aber scheint er kräftig und wohlgenährt zu sein. Gewiß wird deine ärztliche Erfahrung dich lehren, Watson, daß die Schwäche des einen Gliedes oft durch eine um so größere Stärke des andern ausgeglichen wird.«

      »Bitte, fahre in deiner Erzählung fort.«

      »Frau St. Clair war beim Anblick der Blutflecken am Fenster ohnmächtig geworden, und ein Schutzmann hatte sie im Wagen nach Hause gebracht, zumal da auch ihre Gegenwart bei den weiteren Nachforschungen nutzlos war. Wachtmeister Barton, der den Fall zu leiten hatte, untersuchte alles aufs genaueste, doch ohne irgend etwas zu finden, was die dunkle Sache hätte aufhellen können. Darin war ein Fehler begangen worden, daß Boone nicht sofort verhaftet wurde, sondern noch einige Minuten sich überlassen blieb, während deren er sich mit seinem Freunde, dem Malaien, verständigen konnte; doch machte man diesen Fehler sehr bald wieder gut, denn er wurde festgenommen und durchsucht, ohne daß sich jedoch irgend etwas Belastendes gegen ihn ergeben hätte. Allerdings befanden sich einige Blutflecken auf seinem rechten Hemdärmel, doch wies er auf seinen Ringfinger hin, an dem unterhalb des Nagels eine Schnittwunde war, und sagte, das Blut komme daher, mit dem Hinzufügen, er sei erst vor kurzem am Fenster gewesen, und die dort bemerkten Blutspuren rührten ohne Zweifel von der gleichen Ursache her. Er verneinte es aufs entschiedenste, Herr Neville St. Clair je einmal gesehen zu haben, und versicherte, daß es ihm nicht weniger unerklärlich sei als der Polizei, wie die Kleider in sein Zimmer kämen. Was aber Frau St. Clairs Aussage anbelange, daß sie ihren Mann leibhaftig am Fenster gesehen habe, so müsse sie entweder geistig gestört oder im Traume gewesen sein. Trotz seines lauten Widerspruchs wurde er zur Polizeistation verbracht, während der Wachtmeister zurückblieb, in der Hoffnung, die Ebbe möchte neue Anhaltspunkte liefern.

      Und so war es auch, obgleich auf dem Schlamme nicht das gefunden wurde, was man gefürchtet hatte: nicht Neville St. Clair selbst, aber Neville St. Clairs Rock kam zu Tage, als die Flut sich verlief. Und was glaubst du wohl, daß sich in den Rocktaschen vorfand?«

      »Ich kann mir’s nicht denken.«

      »Nein, du würdest es auch niemals erraten. Jede Tasche war vollgepfropft mit Kupfermünzen – 421 ganzen und 270 halben Pennystücken. Da war es also kein Wunder, daß der Rock nicht von der Flut mit fortgenommen wurde. Aber mit einem menschlichen Körper ist’s ein ander Ding. Zwischen der Werft und dem Haus ist ein starker Wirbel, und so konnte es leicht geschehen, daß der beschwerte Rock zurückblieb, während der entkleidete Körper in den Fluß hinausgespült wurde.«

      »Ich habe geglaubt, alle übrigen Kleider seien im Zimmer vorgefunden worden. Sollte der Körper nur allein mit dem Rocke bekleidet gewesen sein?«

      »Nein, gewiß nicht, aber die Tatsachen lassen doch eine ziemlich glaubwürdige Erklärung zu. Vorausgesetzt, dieser Boone habe St. Clair aus dem Fenster geworfen, ohne daß ein menschliches Auge es sah – was hätte er dann vor allem tun müssen? Natürlich sich in erster Linie der verräterischen Kleider entledigen. Er griff also nach dem Rocke; im Begriff, diesen hinauszuwerfen, fiel ihm aber ein, daß er ja schwimmen würde, anstatt unterzusinken. Die Zeit drängt, denn von unten her hört er die Stimme der Frau St. Clair, die hinaufdringen will; vielleicht hat ihm auch sein Spießgeselle, der Wirt, schon einen Wink gegeben, daß die Polizei nicht fern sei. Kein Augenblick ist zu verlieren. Er eilt zu irgend einem geheimen Winkel, wo er die Erträgnisse seines Bettels aufgestapelt hat, und stopft so viele Münzen, als ihm zur Hand sind, in den Rock, damit dieser gewiß untersinkt. Schnell wirft er ihn hinaus, wie er es auch mit den anderen Kleidungsstücken gemacht hätte, wären nicht Schritte genaht, so daß ihm nur noch Zeit blieb, das Fenster zu schließen.«

      »Dies klingt allerdings nicht unmöglich.«

      »So laß uns einstweilen auf diesen Voraussetzungen fußen, bis sich Besseres findet. Boone wurde also, wie ich dir schon erzählt habe, festgenommen und auf die Polizeiwache gebracht, doch konnte nicht nachgewiesen werden, daß schon früher etwas gegen ihn vorgelegen hätte. Seit Jahren war er als gewerbsmäßiger Bettler bekannt, schien aber sonst ein stilles, unbescholtenes Leben geführt zu haben. So weit ist die Sache bis jetzt gediehen, und die Fragen, die einer Lösung harren, nämlich was Neville St. Clair in der Opiumhöhle zu schaffen gehabt hat, was dort mit ihm geschehen ist, wo er sich jetzt befindet, und inwiefern Hugo Boone an seinem Verschwinden beteiligt war – alle diese Fragen sind noch so weit als je von einer Lösung entfernt. Ich muß dir gestehen, daß mir in meiner ganzen Erfahrung nie ein Fall vorgekommen ist, der auf den ersten Anblick so einfach erschienen wäre und dennoch solche Schwierigkeiten geboten hätte.«

      Während mir Sherlock Holmes die sonderbare Verwicklung dieser Umstände im einzelnen darlegte, waren wir an den letzten Vorstadthäusern vorübergerollt und hatten jetzt grüne Hecken zu beiden Seiten. Als er eben am Schlusse war, fuhren wir durch zwei verstreut liegende Dörfer, wo aus manchem Fenster noch Licht schimmerte.

      »Jetzt nähern wir uns Lee«, sagte Holmes; »auf unserer kurzen Fahrt haben wir nicht weniger als drei Grafschaften berührt. In Middlesex brachen wir auf, kamen durch einen Zipfel von Surrey und beschließen die Fahrt jetzt mit Kent. Siehst du das Licht dort zwischen den Bäumen hervorschimmern? Das kommt von ›den Cedern‹, und neben jener Lampe sitzt eine Frau, deren angstvolles Ohr ohne Zweifel schon den Hufschlag unseres Pferdes vernommen hat.«

      »Aber warum betreibst du die Angelegenheit nicht von der Bakerstraße aus?« fragte ich.

      »Weil allerlei Erkundigungen von hier aus einzuziehen sind. Frau St. Clair hat mir in entgegenkommendster Weise zwei Zimmer zur Verfügung gestellt, und du darfst überzeugt sein, daß sie meinen Freund und Kollegen gleichfalls freundlich willkommen heißen wird. Es ist mir im Innersten zuwider, Watson, ihr ohne Nachrichten über ihren Mann entgegentreten zu müssen. So, jetzt wären wir da! Hollah, he!«

      Wir hielten vor einer großen, von Gärten umgebenen Villa. Ein Stalljunge war herbeigeeilt und hielt das Pferd. Wir stiegen aus, und ich folgte Holmes auf dem schmalen, geschlängelten Kiesweg, der zum Hause führte. Als wir näher kamen, flog die Türe auf, und eine kleine blonde Frau stand auf der Schwelle. Sie war in ein leichtes, an Hals und Ärmeln mit Spitzen verziertes Seidengewand gehüllt. Ihre Gestalt zeichnete sich in dem starken Lichtstrom, der aus der Türe quoll, deutlich ab, und wie sie so dastand, den Körper leicht vorgebeugt, die eine Hand auf der Türklinke, die andere halb erhoben vor Sehnsucht und Verlangen, das Gesicht mit den forschenden Augen und den halbgeöffneten Lippen nach vorne gewandt, sah sie ganz so aus wie ein lebendig gewordenes Fragezeichen.

      »Nun, und was gibt’s?« rief sie. Und sobald sie bemerkte, daß wir zu zweien waren, kam es wie ein Ausruf der Hoffnung von ihren Lippen, der aber in einem Seufzer erstarb, als mein Gefährte den Kopf schüttelte und die Achseln zuckte.

      »Keine guten Nachrichten?«

      »Überhaupt keine.«

      »Also auch keine schlechten?«

      »Nein.«

      »Gott sei Dank. Doch treten Sie ein. Sie müssen müde sein nach diesem langen Tag.«

      »Hier stelle ich Ihnen meinen Freund, Herrn Dr. Watson, vor. Er ist mir schon bei verschiedenen Angelegenheiten von Nutzen gewesen, und ein glücklicher СКАЧАТЬ