Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz страница 188

СКАЧАТЬ dafür – Gott sei –«

      Er vermochte nicht weiter zu reden, und geraume Zeit hindurch herrschte tiefes Schweigen, war doch ein jedes in den Anblick des andern versunken. Die Stille wurde nur unterbrochen durch den würzigen Lufthauch, der von der Wiese her durch die Blätter des Birnbaumes fuhr und sie zum Rauschen brachte, sowie durch das Zirpen der Grillen und durch den aus weiter Ferne herüberklingenden Gesang des Mähers.

      Danusia blickte immer klarer darein und hörte nicht auf zu lächeln, gleich einem Kinde, dem im Traume ein Engel erscheint. Doch allgemach schaute sie verwundert umher.

      »Wo bin ich?« fragte sie schließlich.

      Ein wahrer Wortschwall entströmte nun Zbyszkos Lippen, der, vor Entzücken sich kaum mehr kennend, in kurzen, abgerissenen Sätzen entgegnete: »Bei mir bist Du! Du bist in der Nähe von Spychow! Zu Deinem Vater begeben wir uns! Deine Leiden sind zu Ende! O meine Danusia, meine Danusia! Ich habe Dich gefunden, ich habe Dich befreit! Du bist nicht mehr in der Macht der Deutschen! Aengstige Dich nicht länger! Bald werden wir in Spychow sein. Du bist krank gewesen, doch der Herr Jesus hat sich barmherzig gezeigt! Welche Schmerzen haben wir erduldet, wie viele Thränen sind geflossen! Danusia! – Ja, nun ist alles gut! Eitel Glück liegt vor Dir! Hei, wie habe ich Dich gesucht, wie bin ich umhergewandert! … Oh, allbarmherziger Gott! … Oh! …«

      Er seufzte laut, dann aber atmete er tief auf, als ob nun jede Last von seiner Brust gewälzt sei.

      Danusia lag zwar noch immer unbeweglich da, allein sie schien sich über etwas zu besinnen, etwas zu überlegen. Endlich fragte sie mit schwacher Stimme: »So hast Du mich nicht vergessen?«

      Und zwei große Thränen rannen langsam über ihre Wangen auf die Kissen nieder.

      »Ich Dich vergessen!« schrie Zbyszko auf.

      In diesem Aufschrei aber lag mehr als in den heißesten Schwüren, als in den leidenschaftlichsten Beteuerungen. Ach, er hatte sie ja zu allen Zeiten mit ganzer Seele geliebt, jetzt indessen, da er sie wiedergefunden hatte, war sie ihm teurer geworden als alles auf der Welt.

      Und wieder trat tiefes Schweigen ein, und wieder herrschte ringsum Stille. Selbst der Gesang des Mähers war verstummt, doch plötzlich wetzte dieser zum zweiten Male seine Sense.

      Nach wenigen Minuten bewegte Danusia aufs neue die Lippen, allein sie flüsterte so leise, daß Zbyszko sie nicht verstehen konnte. Tief beugte er sich daher zu ihr herab und fragte: »Was sagst Du, meine Taube?«

      Und sie antwortete: »O, die duftenden Blumen!«

      »Wir sind an einer Wiese,« erklärte Zbyszko, »doch bald werden wir uns zu Deinem Vater aufmachen, der ebenfalls aus der Gefangenschaft befreit ist. Nun bleibst Du mein bis zum Tode! Hörst Du mich, verstehst Du mich?«

      Mit einem Male erfaßte ihn eine entsetzliche Angst, denn er bemerkte, wie eine fahle Blässe ihr Antlitz überzog und dicke Schweißtropfen auf ihre Stirn traten.

      »Was ist Dir, sprich?« fragte er in höchstem Schrecken, während ein kalter Schauer seine Glieder überlief und es ihn dünkte, das Haar sträube sich auf seinem Haupte.

      »Was ist Dir? Sage es mir!« wiederholte er gleich darauf in noch eindringlicherem Tone.

      »Dunkel! Dunkel!« flüsterte sie.

      »Dunkel? Die Sonne scheint ja so helle! Siehst Du es denn nicht?« fragte er mit zitternder Stimme. »Erst vor wenigen Minuten hast Du ja wie einstmals mit mir gesprochen. Ich beschwöre Dich im Namen Gottes, sage mir nur noch ein Wort.«

      Nun bewegte Danusia wohl die Lippen, allein sie vermochte selbst nicht mehr zu flüstern. Zbyszko erriet nur, daß sie seinen Namen nennen, daß sie nach ihm rufen wollte. Kurz darauf begannen ihre abgezehrten Hände zu zittern und an der Decke zu zerren, die über sie ausgebreitet lag. Doch währte dies nur einige Sekunden. Jetzt konnte kein Zweifel mehr herrschen – die Schatten des Todes senkten sich über sie.

      In seiner Angst, in seiner Verzweiflung flehte Zbyszko sie an, noch bei ihm auszuharren – er machte es sich ja nicht klar, daß seine Bitten fruchtlos waren.

      »Danusia! O allbarmherziger Jesus!« rief er. »Geh’ nicht von mir, harre aus, bis wir Spychow erreicht haben! Bleibe bei mir! Bleibe bei mir, Danusia! O Jesus! O Jesus! O Jesus!«

      Durch Zbyszkos lautes Klagen wurden die Frauen, die jungen Burschen geweckt, und die Knechte, welche auf der Wiese mit den Pferden beschäftigt waren, eilten herbei. Gleich beim ersten Blick erkannten alle, wie es um ihre Herrin stand; unverweilt knieten sie daher nieder und sprachen die Litanei.

      Kein Windhauch war mehr zu spüren, kein Rauschen fuhr mehr durch die Zweige des Birnbaumes, nur das laute Beten der Knienden unterbrach die lautlose Stille rings umher.

      Kurz bevor die Litanei zu Ende war, öffnete Danusia noch einmal die Augen, gerade als ob sie einen letzten Blick auf Zbyszko, auf die von der Sonne bestrahlte Erde werfen wolle – dann sank sie in den ewigen Schlaf.

      – – – – – –

      Nachdem die Frauen ihr die Augen geschlossen hatten, begaben sie sich, um Blumen zu pflücken, auf die Wiese, wohin ihnen die Knechte folgten. Flurgeistern gleich bewegten sie sich, von der Sonne hell beschienen, in dem hohen Grase hin und her, sich zeitweise niederbeugend und weinend aus Mitleid und Kummer. Zbyszko kniete im Schatten an der Tragbahre, das Gesicht an Danusias Knie gelehnt. Regungslos verharrte er so, kein Wort kam über seine Lippen. Es schien alles in ihm erstorben zu sein. Er achtete weder auf die Frauen noch auf die Knechte, die sich bald ihm näherten, bald sich von ihm entfernten, emsig bemüht, goldene Butterblumen oder Glockenblumen zu pflücken, sowie die in großer Menge vorhandenen Pechnelken und allerlei weiße, nach Honig duftende Blüten. An feuchten tiefer gelegenen Stellen fanden die Suchenden auch Feldlilien und Ginster auf dem in der Nähe eines Brachfeldes liegenden grünen Raine. Sobald ein jedes einen ganzen Arm voll gepflückt hatte, umzogen sie klagend die Tragbahre, indem sie Blumen und Blüten auf die Tote streuten. Nur das Antlitz ließen sie frei, ihr Antlitz, das zwischen den weißen Lilien und Glockenblumen so friedlich aussah, daß die Entschlummerte, die nun den ewigen Schlaf schlief, einem holden, reinen Engel glich.

      Nur noch eine Meile waren sie von Spychow entfernt. Als daher nach einiger Zeit der erste Schmerz versiegt war, die Thränen trockneten, nahmen die jungen Burschen die Tragbahre wieder auf, und die ganze Schar bewegte sich dem Fichtenwalde zu, der schon zu dem Gebiete von Spychow gehörte.

      Die Knechte führten die Pferde hinter dem Zuge her, während Zbyszko die Bahre tragen half und die Frauen, Blumen in den Händen und fromme Lieder singend, voranschritten – ein Trauerzug, der langsam, langsam zwischen der grünen Wiese und dem gleichmäßig grauen Brachfelde dahinschritt.

      An dem blauen Himmel zeigte sich kein Wölkchen, die ganze Welt schien in goldenen Sonnenschein getaucht zu sein.

      – – – – – –

      Neunter Teil.

      Erstes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Endlich erreichten sie mit dem Leichname Danusias die Waldungen von Spychow, an deren Grenzen die bewaffneten Knechte Jurands bei Tag und Nacht Wache hielten. Einer von ihnen machte sich sofort auf, um den alten Tolima und Pater Kaleb zu benachrichtigen, СКАЧАТЬ