Historische Romane: Die Kreuzritter + Quo Vadis? + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz
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СКАЧАТЬ er bis gen Mitternacht in dem Vorhofe der Burg unter dem dunkeln, winterlichen Himmel, auf das fragliche Erscheinen eines Feindes harrend. Erst nach Mitternacht und nachdem die Herolde seinen Sieg durch laute Trompetenstöße endgültig verkündet hatten, entbot ihn Mikolaj aus Dlugolas zur Abendmahlzeit, gleichzeitig aber auch zu einer Beratung mit dem Fürsten.

      Sechstes Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Der Fürst ergriff bei der Beratung als erster das Wort, indem er also sprach: »Schlimm ist es, daß wir weder ein Schreiben, noch irgend ein anderes Zeugnis gegen die Komture in Händen haben. Denn wenn gleich unsere Vermutung richtig erscheint, wenn auch nach meiner Ansicht keine anderen als sie die Tochter Jurands entführt haben, was nützt dies alles? Sie werden sich weiß zu waschen wissen. Und so der Großmeister nach irgend einem Beweis fragt, was kann ihm vorgewiesen werden? Traun, das Schreiben Jurands zeugt ja noch zudem für sie. – Du behauptest zwar,« fuhr er nach kurzer Pause zu Zbyszko gewendet fort, »das Schreiben sei Jurand abgezwungen worden. Dies mag wohl sein, ja, dies ist gewiß der Fall, denn wenn das Recht auf ihrer Seite wäre, hätte Dir Gott nicht seinen Schutz gegen Rotgier verliehen. Doch ebenso gut wie ihm ein Schreiben abgenötigt worden sein kann, mag er sich auch zu einem zweiten verstanden haben. Vielleicht hat ihnen Jurand bezeugt, daß sie unschuldig an der Entführung des bedauernswerten Mägdleins sind. Und angenommen, sie legen ein solches Zeugnis dem Großmeister vor, was dann?«

      »Sie selbst gestanden ja zu, erlauchter Herr, daß sie Danusia den Räubern entrissen und nunmehr in ihrer Obhut haben.«

      »Ich weiß es. Allein jetzt erklären sie, in einem Irrtum befangen gewesen zu sein. Nicht Danusia, sondern ein anderes Mägdlein stehe unter ihrem Schutz, behaupten sie, und der beste Beweis hierfür sei der, daß Jurand selbst letzteres von sich gewiesen habe.«

      »Er wies es von sich, weil sie ihm eine fremde Maid statt seiner Tochter vorführten. Dadurch erregten sie ja eine solche Wut in ihm.«

      »Das ist alles richtig. Nichtsdestoweniger werden sie erklären, dies beruhe einzig und allein auf unseren Mutmaßungen.«

      »Ihre Ränke,« warf hier Mikolaj aus Dlugolas ein, »lassen sich mit einem Walde vergleichen. Am Rande des Waldes findet man sich noch zurecht, je tiefer man jedoch in das Dickicht dringt, desto schwieriger wird dies, und schließlich irrt man so lange umher, bis man den Weg ganz und gar verloren hat.«

      Kaum hatte aber der Redende seine Worte dem Herrn de Lorche verdeutscht, so erklärte dieser: »Der Großmeister ist weit besser als die Komture und als die Brüder. Wohl besitzt er einen verwegenen Geist, allein er hält auf ritterliche Ehre.«

      »So ist es!« ließ sich Mikolaj vernehmen. »Der Großmeister ist ein leutseliger Mann. Er versteht es zwar nicht, die Komture oder das Kapitel im Zaume zu halten, noch den Ausschreitungen des Ordens zu steuern, allein Freude findet er nicht daran. Macht Euch auf den Weg, macht Euch auf den Weg, Ritter de Lorche, und gebt ihm Kunde von dem, was hier geschehen ist. Vor Fremden nehmen sie sich mehr in acht, als vor uns, damit nicht an ausländischen Höfen ihre Tücke, ihre Schandthaten ruchbar werden. Sollte aber der Meister Beweise von Dir fordern, dann sprich also zu ihm: ›Nur Gott allein kennt die Wahrheit, die Menschen müssen sie erforschen; willst Du daher Beweise, o Herr, so forsche darnach. Laß die Burgen untersuchen, die Leute verhören und gestatte uns, all das zu unternehmen, was wir für gut finden. Ein albernes Märchen ist es, daß das Jungfräulein im Walde von Räubern geraubt worden sein soll‹.«

      »Ein albernes Märchen!« wiederholte de Lorche.

      »Denn Räuber würden es niemals gewagt haben, die Hände gegen ein Glied des fürstlichen Hofes oder gegen die Tochter Jurands zu erheben. Angenommen aber, sie hätten sich des Mägdleins bemächtigt, so wäre dies doch nur des Lösegeldes wegen geschehen und sie selbst hätten die Kunde gebracht, daß das Jungfräulein in ihrer Gewalt sei.«

      »Das werde ich alles vorbringen,« erklärte der Lothringer. »De Bergow suche ich sofort auf. Wir stammen aus einem Lande und wenngleich ich ihn auch nicht kenne, weiß ich doch, daß er ein Blutsverwandter des Grafen Geldryi ist. Er soll daher dem Meister über alles berichten, was er erlebt und gesehen hat, denn er ist in Szczytno gewesen.«

      Da Zbyszko nur wenig von dem verstand, was der Lothringer sagte, verdolmetschte ihm Mikolaj das, was er nicht verstand. Daraufhin umfaßte der junge Ritter den Herrn de Lorche und preßte ihn so ungestüm an die Brust, daß letzterer geradezu stöhnte.

      Der Fürst aber fragte Zbyszko: »Und Du bist endgültig entschlossen, Dich ebenfalls auf den Weg zu machen?«

      »Endgültig, wohledler Herr. Was bleibt mir auch anderes zu thun übrig? Könnte ich, wie ich wollte, würde ich Szczytno stürmen, trotzdem ich mir vielleicht die Zähne an den Mauern ausschlüge! Darf ich aber ohne Erlaubnis einen Krieg heraufbeschwören?«

      »Wer ohne Ermächtigung einen Krieg hervorruft, der büßt dafür unter dem Schwerte des Henkers!« ergriff der Fürst das Wort.

      »So will es das Gesetz!« antwortete Zbyszko. »Traun, ich könnte auch alle vor Gericht laden, welche in Szczytno gewesen sind, allein man sagte mir, Jurand habe sie dort wie das Vieh hingeschlachtet, und nun weiß ich nicht, wer noch am Leben ist, wer erschlagen ward … Doch, so wahr mir Gott und das heilige Kreuz beistehen, so wahr harre ich bis zu meinem letzten Atemzuge bei Jurand aus!«

      »Trefflich sprichst Du – so frommt es Dir,« warf Mikolaj aus Dlugolas ein. »Und daß Du Dich nicht auf Szczytno warfst, ist ein Beweis für Deinen Verstand. Denn thöricht wäre es, zu mutmaßen, daß sich Jurand und dessen Tochter dort befinden. Viel wahrscheinlicher ist es, daß sie in irgend eine andere Burg überführt worden sind. Gott verlieh Dir den Sieg über Rotgier, weil Du Dich hier einstelltest.«

      »So ist es!« stimmte der Fürst bei. »Doch nach dem, was mir von Rotgier gemeldet ward, ist nunmehr von den vier Brüdern nur noch der alte Zygfryd am Leben, während die andern Gott durch Jurands oder durch Deine Hand schon bestrafte. Was aber Zygfryd anbelangt, so ist er zwar kein Schurke wie jene, allein seine Grausamkeit übersteigt jedes Maß. Schlimm genug ist’s daher, daß Jurand und Danusia in seiner Gewalt sind – sie müssen so rasch wie möglich befreit werden. Damit Dir selbst nichts Schlimmes zustößt, gebe ich Dir ein Schreiben an den Meister mit. Höre genau auf das, was ich Dir sage, und bedenke, daß Du nicht als Gesandter, sondern als Vertrauter zu dem Meister ziehst, an den ich folgendes schreibe: ›Da sie sich seiner Zeit sogar unserer Person, dem Abkömmling ihrer Wohlthäter, bemächtigt haben, so ist es um so wahrscheinlicher, daß sie die Tochter Jurands entführten, auf den sie ganz besonders erbost sind. Es geht daher die Bitte an den Meister, um den Befehl, sofort Nachforschungen nach ihr anzustellen und sie in Deine Hände auszuliefern, so er sich meine Freundschaft sichern will‹.«

      Kaum hatte Zbyszko diese Worte vernommen, warf er sich dem Fürsten zu Füßen und rief, dessen Knie umfassend: »Und Jurand, gnädigster Herr? Verwendet Euch auch für ihn! Wenn er tödlich verwundet ist, möge er doch wenigstens auf seinem Erbe, bei seinen Kindern sterben!«

      »Jurands wird nicht vergessen!« entgegnete gütig der Fürst. »Der Meister hat ebenso wie ich zwei Schiedsrichter auszustellen, welche die Handlungsweise der Komture und Jurands nach den ritterlichen Ehrengesetzen prüfen sollen. Diese vier Schiedsrichter aber werden noch einen weiteren als Obmann wählen und ihrem Urteilsspruche muß sich jeder fügen.«

      Damit war die Beratung zu Ende. Zbyszko verabschiedete sich von dem Fürsten, wollte er sich doch sofort auf den Weg machen. Bevor indessen alle auseinander gingen, nahm Mikolaj aus Dlugolas, der СКАЧАТЬ