Gesammelte Werke. Isolde Kurz
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Название: Gesammelte Werke

Автор: Isolde Kurz

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962812515

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СКАЧАТЬ Bru­der an­ge­ge­be­nen Maße der Trep­pe sei­en falsch, es sei über­haupt bei den Raum­ver­hält­nis­sen nicht mög­lich, von dem Un­ter­ge­schoss eine Trep­pe ins obe­re zu füh­ren. Jetzt aber ge­riet Ed­gar in Brand, denn was er an­ord­ne­te, das wuss­te er rich­tig! Er op­fer­te einen Tag und fuhr nach For­te, zeich­ne­te dem Mann die Stu­fen an die Wand und hin­ter­ließ ihn über­zeugt und be­ru­higt. Mir aber fiel die pein­li­che Auf­ga­be zu, gleich sämt­li­che Ein­la­dun­gen zu wi­der­ru­fen, was, wenn es auch mit den bes­ten Grün­den und mit der trost­reichs­ten Aus­sicht auf die Zu­kunft ge­schieht, doch einen lei­se bit­te­ren Nach­ge­schmack lässt. Frei­lich lie­fer­te die noch man­geln­de Trep­pe eine aus­gie­bi­ge Ent­schul­di­gung.

      Aber als ich dann im Früh­som­mer ein­zie­hen konn­te, als die ewig Hei­mat­lo­se, wi­der Wil­len Schwei­fen­de, nun ein­mal wirk­lich und aus­schließ­lich ei­ge­nen, durch Ar­beit er­wor­be­nen Grund und Bo­den un­ter den Fü­ßen hat­te, da ver­san­ken die aus­ge­stan­de­nen Nöte vor der tie­fen in­ne­ren Be­frie­di­gung. Es ist kaum zu glau­ben, wie sehr das Bau­en auf ei­ge­ner Schol­le, gleich­viel ob groß oder klein, das Selbst­ge­fühl hebt und dem Le­ben ge­gen­über eine ganz an­de­re Si­cher­heit gibt. Die »un­si­che­ren Soh­len« ha­ben mit eins, wo sie haf­ten, das vor­her schat­ten­haf­te Da­sein er­kennt sich selbst als Wirk­lich­keit, wenn es sieht, wie frem­de Hän­de sich in sei­nem Diens­te re­gen. Mein Häu­schen äu­ßer­te auch gleich sei­ne An­zie­hungs­kraft für al­les Gute: zu je­der Tür zo­gen Freu­de, Frie­de und Freund­schaft ein. Hil­de­brand schmück­te die klei­ne Ein­gangs­hal­le mit an­mu­ti­gen Wand­zeich­nun­gen in Koh­le und Pas­tell, die frei­lich mehr sein Ge­dan­ken­reich aus­drück­ten als das mei­ni­ge; ich fühl­te mich so­gar an­fangs nicht völ­lig hei­misch un­ter den woh­lig und wil­len­los hin­ge­la­ger­ten Ge­stal­ten, die von Ero­ten um­schwärmt mit der Fül­le ei­nes gol­de­nen Zeit­al­ters tän­del­ten. Aber von oben sah ein erns­ter Dich­ter­kopf, Ho­mer, in das hal­kyo­ni­sche Le­ben hin­ein, die Wie­der­ho­lung des Mee­res­ho­ri­zonts im Hin­ter­grund er­wei­ter­te den Raum, und weit­ge­spann­te Frucht­ge­win­de ver­mit­tel­ten gar schön den Über­gang der Wän­de in die Trep­pe. Ich ge­wann denn auch in der Fol­ge die stil­len Mit­be­woh­ner lieb, und sie lei­te­ten mir ja in der Tat eine lan­ge Rei­he schöns­ter, bei­na­he sorg­lo­ser Som­mer ein. Vie­le Hän­de wa­ren ge­schäf­tig, mir mein Häu­schen ver­schö­nern zu hel­fen. Der jun­ge Satt­ler stif­te­te die Zeich­nung zu dem holz­ge­schnitz­ten Trep­pen­ge­län­der, wo­durch der In­nen­raum sei­nen har­mo­ni­schen Ab­schluss fand. Er­win, der sich aus Deutsch­land ein­stell­te, bann­te mir auf die noch un­ge­tünch­te Wand mei­nes Ar­beits­zim­mers dem Schreib­tisch ge­gen­über eine hei­ter-erns­te ste­hen­de Muse, de­ren Ge­gen­wart mir so wohl­tat, dass ich mich erst nach Jah­ren ent­schlie­ßen konn­te, die Wand über­strei­chen zu las­sen. Auch Tho­le kam im ers­ten Jüng­lings­al­ter und brach­te mir einen sei­ner tö­ner­nen Rit­ter auf ge­wapp­ne­tem Roß, wor­an er sich schon als Kna­be ver­sucht hat­te. Wer sich am al­ler­tä­tigs­ten um die Aus­schmückung des neu­en Hau­ses müh­te, war Rö­mer, der wie die an­de­ren Freun­de aus Flo­renz nach­kam. In sei­ner zu­grei­fen­den Art warf er sich gleich auf die In­nen­ein­rich­tung, zeich­ne­te die noch feh­len­den Stücke des Haus­rats, die alle dem länd­li­chen Stil des Gan­zen an­ge­passt sein muss­ten, half mir Tü­ren, Ge­län­der, Wand­schrän­ke mit fest­li­chen Far­ben strei­chen, mal­te die grie­chi­sche In­schrift, die mir der Phi­lo­lo­ge un­ter mei­nen Freun­den, Ernst Mohl in Pe­ters­burg, ver­fas­sen half, auf den De­cken­bal­ken, nahm auch gleich alle Ge­gen­stän­de, Men­schen, Fern­sich­ten auf sei­ne fo­to­gra­fi­sche Plat­te und ver­brei­te­te wie im­mer viel Be­we­gung um sich her, wo­bei er die lie­bens­wer­tes­ten Sei­ten sei­nes We­sens ent­fal­te­te. Das Ge­lun­gens­te, was von sei­ner Hand in For­te dei Mar­mi zu­rück­b­lieb, sind die zwei schö­nen, in Stein ge­haue­nen Fi­sche rechts und links vom Ein­gang. In den schild­ar­ti­gen Schluss­stein des Tor­bo­gens mei­ßel­te er das astro­no­mi­sche Zei­chen des Stein­bocks, mein selbst­ge­wähl­tes Wap­pen, das auch schon im In­nern an­ge­bracht war, ein. Län­ge­re Zeit stand die­se Be­krö­nung zu mei­nem Dan­ke. Da fand Hil­de­brand ei­nes Ta­ges, dass ein blo­ßes Sym­bol als Ab­schluss ober­halb des in den Fi­schen dar­ge­stell­ten le­ben­di­gen Le­bens un­be­frie­di­gend wir­ke. Ich dach­te an­ders, denn ich ver­moch­te in dem Zei­chen des Stein­bocks, als dem Aus­druck für den be­deut­sams­ten Him­mels­vor­gang, die Au­fer­ste­hung des Lich­tes, nichts Ta­del­haf­tes zu er­bli­cken, da doch das Sym­bol ei­ner an­de­ren Au­fer­ste­hung, das Kreuz, die höchs­ten Dome krönt. Aber ehe ich mich’s ver­sah, war der Stein von der Hand, die ihn ge­mei­ßelt hat­te, zer­hau­en und ver­stüm­melt; es war auch gleich ein neu­er Stein beim Stein­metz be­stellt, wor­auf ein fi­gür­li­ches Re­lief aus­ge­führt wer­den soll­te. Al­lein der Stein wur­de nicht recht­zei­tig ge­lie­fert, das Le­ben schob sich mit sei­nen Zu­fäl­lig­kei­ten, Miss­s­tim­mun­gen und Miss­ver­ständ­nis­sen da­zwi­schen und die Be­krö­nung des To­res blieb für im­mer ver­stüm­melt, nun sel­ber Sym­bol für eine durch lan­ge Jah­re schön ge­we­se­ne und am spä­ten Ende, mehr noch durch frem­de als durch ei­ge­ne Schuld der Be­tei­lig­ten, in lau­ter Dis­so­nan­zen aus­ein­an­der­ge­sprun­ge­ne Freund­schaft.

      *

      Das Ein­rich­ten ei­nes neu­en Hau­ses ge­hört ge­wiss zu den reins­ten und er­le­sens­ten Freu­den des Le­bens. Es ist die Rück­kehr in die glück­li­che See­le des Kin­des, das sei­ne Pup­pen­stu­be nicht schön ge­nug aus­stat­ten kann. Und wenn die Mit­tel nicht von An­fang an da sind, um al­les auf ein­mal aus­zu­füh­ren, son­dern erst durch geis­ti­ge Ar­beit nach und nach er­schwun­gen wer­den müs­sen, so dau­ert die un­schul­di­ge, sich im­mer er­neu­ern­de Freu­de nur um so län­ger. Das Tisch­ge­schirr hat­te ich schon im Lauf des Win­ters bei Can­tagal­li bren­nen las­sen nach ei­nem schö­nen länd­li­chen Mus­ter, des­sen freu­di­ge Far­ben in die Far­big­keit des Haus­ge­räts ein­stimm­ten, denn nach den har­ten Jah­ren, die hin­ter mir la­gen, soll­te in dem Son­nen­häus­chen, wie wir es nann­ten, al­les auf Schim­mer und Freu­de ge­stimmt sein. Es durf­te mir fort­an kein Tag ver­ge­hen ohne eine neue Ver­schö­ne­rung, und wenn es nur ein selbst­ge­fer­tig­tes Stuhl­kis­sen war. In all dem Um­trieb nahm sich mei­ne gute Mut­ter wie ein her­zu­ge­flo­ge­ner klei­ner Vo­gel aus, der vom Ge­sim­se her ver­wun­dert zu­schaut, was die Men­schen al­les zum Da­sein nö­tig ha­ben. Aber sie war glück­lich. Der Sta­chel, der sie rast­los von Ed­gar zu mir, von mir zu Ed­gar trieb, ruh­te, denn un­se­re Häu­ser la­gen nur hun­dert Schrit­te von­ein­an­der.

      Noch schö­ner als Bau­en und Ein­rich­ten war das nächs­te Ge­schäft, was ich in An­griff neh­men durf­te: das An­le­gen ei­nes Gar­tens; die­ses ver­band die ver­spreng­te See­le erst ganz mit den Heil­kräf­ten der Erde. Das Grund­stück, das die neu­en Häu­ser trug, war zu­erst Vi­g­na ge­we­sen und brach­te Trau­ben vom sel­tens­ten Wohl­ge­schmack her­vor, al­lein man konn­te sie nicht er­hal­ten, weil das Land­volk sich in un­se­rer Ab­we­sen­heit in der Pfle­ge nicht zu­ver­läs­sig er­wies. Es blieb nichts üb­rig als die kost­ba­ren Reb­stö­cke aus­zu­rau­fen und an ihre Stel­le zu­erst Lu­pi­nen, dann Pi­ni­en zu säen, die schnell em­por­wuch­sen und Schat­ten ga­ben. Im üb­ri­gen ver­fiel ich in den Feh­ler der meis­ten Neu­lin­ge, gar nicht lan­ge zu fra­gen, was Bo­den und Lage her­ge­ben СКАЧАТЬ