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ja, nur ein echtes Wohlwollen von Frau zu Frau zu den seltensten Ausnahmen. So blieb nicht nur der Geist der Frau völlig unentwickelt und in einen umlaufenden Kreis von Kleinigkeiten gebannt, ohne Aussicht auf das Große und Ganze, auch ihr Seelenleben war entwürdigt und entadelt. Schlimmer noch als der tatsächliche Zustand war es, dass dieses öde, verkümmerte Gebilde als Idealbild der deutschen Frau die bürgerliche Gesellschaft beherrschte. Gehe ich fehl, wenn ich die Gestalt des Gretchen dafür mitverantwortlich mache? Es ist ein seltsames Verhängnis, dass gerade der Dichter, der dem Wesen der Frau am nächsten kam und es in vielfachen Spiegelungen am echtesten dargestellt hat, die Gestalt erschuf und mit dem Schmelz der höchsten Poesie umkleidete, die die deutsche Frau um Jahrhunderte zurückwerfen half. Der Gretchenkult war ein allzu bequemer, man konnte ihr in Hemdärmeln dienen, sie stellte keine kulturelle Forderung an den männlichen Partner und erhöhte sein Selbstgefühl durch ihre tiefe Unterworfenheit. Noch tönt mir aus Jugendtagen das vielgesungene Brautlied in die Ohren: »Mein hoher Herr, du willst herab dich lassen / beseligend zu deiner armen Magd.« Heine dagegen sang frivol: »Den Leib möcht ich noch haben, / den Leib so zart und jung, / die Seele könnt ihr begraben, / hab selber Seele genung.« Demütige Magd oder Weibchen – Leib ohne Seele – das machte der männliche Formungswille aus dem handlichen Plastilin. Und das Plastilin kam ihm willig entgegen, es war stolz auf seine Hörigkeit die keine Mühe kostete, es trug seine geistige Armut wie einen Schmuck, worin der Liebeszauber steckt. Manche gab sich sogar aus Gefallsucht ärmer und schwächer als sie war. Sie durfte ja gar keinen geistigen Besitz mit in die Ehe bringen, sie hatte das weiße Blatt zu sein, auf das der Mann seine Schrift eintrug. Eine Schrift, die auch wieder zu löschen war im Fall einer zweiten Ehe, denn sie pflegte nicht allzutief einzudringen. Ihrer Wißbegier, wenn sie solche hatte, wurden alle Gegenstände zerkleinert wie einem Vögelchen in den Schnabel gesteckt. Ich kenne eine Damenbücherei aus dem vorigen Jahrhundert, wo sich noch ein Kuriosum befindet, eine »Sternkunde für Damen«! Alle Gebreiten des Lebens gehörten ausschließlich und unweigerlich dem Manne, die Frau galt in der Gesellschaft nur als sein Anhängsel, auch wenn sie zufällig die Bedeutendere war; verwitwet fiel sie in ihr Nichts zurück. Als Unvermählte blieb sie lebenslänglich missachtet und auf die Seite geschoben. Nur selten gelang es einer, durch große künstlerische Leistung auf irgendeinem Gebiete diesen Bann zu brechen. Sonst war es ein Kleben im Pech, mit leerem Kopf und unterdrückten Lebensinstinkten, im Herzen nur die Angst, den rechten Zeitpunkt zu verpassen. Wie viel einfacher und natürlicher lebte sichs doch im Volke; bei Töchtern aus guten Häusern waren Schwermut und Wahnsinn keine seltene Erscheinung. Da kam dann freilich der Mann als Erlöser und konnte nicht lange daraufhin angesehen werden, ob er der Rechte sei: die Sache war eilig, nach zwanzig hörte schon meist die Jugend auf, denn der Durchschnittskäufer verlangte die frischeste Ware. So blieb die Frau ein unerlöster Mensch und ein durch und durch gefälschtes Erzeugnis einer falschen Zivilisation; ihr wahres Wesen kannte niemand, auch sie selber nicht. – Von Schiller stammt der Ausspruch, dass die Frau nicht nur kein geistiges Eigenleben besitze, sondern dass der Mann auch in ihrem Geist keine dauernde Pflanzung anlegen könne. Goethe hat ihr wenigstens das Recht zugebilligt, dabei zu sein, »wenn kluge Männer reden«. Vergaßen die Dichter, dass am Aufgang der Dichtung ein Frauenname steht, vor dem das klassische Altertum sich neigte, der ewige Name Sappho? Wo von der Einzigen eine Strophe laut wird, da versinken die Jahrtausende zwischen ihr und uns. Sie nennt ihren Quittenbaum, und wir hören den lauen Regen Ioniens durch seine Zweige rauschen; steht er nicht unten in unserem Garten? Die Griechen stritten nicht, ob solche Höhe der Frau erreichbar sei, sie ließen die Wahrheit der Erscheinung gelten. – In Athen war die Frau durch Gesetz und Sitte unterdrückt, aber die Dichtung des Sophokles hob sie auf die höchste, menschlicher Natur erreichbare Stufe. Auch hinderte die öffentliche Meinung Aspasia nicht, über Perikles und durch Perikles über Athen zu herrschen. Ebensowenig konnte die Stimme der Allgemeinheit jene Priesterin der eleusinischen Demeter schrecken, die sich allein dem von der ganzen Priesterschaft gegen den Alkibiades geschleuderten Bannfluch zu widersetzen wagte. –
Mit welcher Herrlichkeit treten auch die Shakespeareschen Frauen, die Töchter des Geistes der Renaissance einher! Wie gebietend die königliche Hetäre Kleopatra und das »Überweib« Lady Macbeth. Wie viel Geist, Entschlossenheit und Tatkraft in dem holden Mutwillen einer Porzia, einer Beatrice, in der hingebenden Liebes- und Treuepflicht einer Imogen. Nirgends eine in Demut ausgelöschte Persönlichkeit. Solche Wesenszüge strömen aus der Dichtung ins Leben über und bauen das Wunschbild, dieses hilft die Wirklichkeit bauen. Auch Gottfried Kellers Schweizerinnen stehen kraftvoll und hochwüchsig auf der mütterlichen Erde. Wie aber stand es in der Literatur des vorigen Jahrhunderts um das Bild der deutschen Frau? Man blättere in den Werken des feinen Paul Heyse, des damaligen Lieblings der Leserwelt, den man den Frauenlob jener Tage nennen könnte; wie zerblasen sein Frauenideal und wie spielerisch fast durchweg in seiner Dichtung das tragische Ringen der Geschlechter. Da gibt es meist nur einen holden mädchenhaften Eigensinn zu überwinden, der sich gegen den überlegenen Willen des Mannes aufbäumt, um schnell zerknirscht mit süßen Reuetränen zu seinen Füßen zu sinken, womit das Problem Mann und Weib gelöst ist. Kein heutiger Mann, und wäre er der rückständigste, würde an der Frau, wie jene Tage sie forderten, sein Genüge finden. Die Langeweile, die von der ungeistigen Frau ausging, trieb den geistigen Mann vom Familientisch fort ins Wirtshaus zu Seinesgleichen. Der Grund, warum der Trunk in deutschen Landen zurückgegangen ist, liegt nicht allein in der schlechteren Wirtschaftslage, sondern auch darin, dass der gebildete Mann jetzt bei der gebildeten Frau zu Hause geistige Nahrung findet. Denn auch dem Manne war mit der Entwertung der Frau persönlich nicht gedient. Der Fehler, der in der Rechnung lag, verdarb vielfach auch ihm das Dasein. Im Zusammenleben mit einer kleinlichen, hintergründigen, über Umwegen und Hintertreppen herrschenden Hälfte sanken auch ihm die Flügel, wenn er solche hatte, nieder.
Was große Gelehrte wie Jakob Grimm und J. J. Bachofen über den chthonischen Urgrund des Weibes und ihr aus der Erdverbundenheit hervorgegangenes Übergewicht über das männliche Prinzip in der Vorzeit sagen, das findet man auch heute noch in den meisten alten Ehen. Der Mann ist der Eroberer der Natur, ihre Füllen und Gnaden aber hat die Frau zu verspenden. Hat er in seiner Vollkraft sich die Natur dienstbar gemacht, so beginnt er im Altern sein allmähliches Erliegen vor ihr zu ahnen, und nun klammert er sich an die Frau als an die der Natur immer vertraut Gebliebene,
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