Sorgt nicht, wir bringen euch zu unserm Hauptmann!
Silvia.
Durch tausend größre Unglücksfälle lernt ich,
Den heutigen geduldig zu ertragen.
Zweiter Räuber.
Kommt, führt sie weg!
Erster Räuber.
Wo ist der Edelmann, der bei ihr war?
Dritter Räuber.
Flink auf den Füßen ist er uns entlaufen;
Doch Moses mit Valerius setzt ihm nach,
Geh du mit ihr nach Westen in den Wald
Zum Hauptmann, während wir dem Flüchtgen folgen.
Das Dickicht ist besetzt, er kann nicht durch,
Erster Räuber.
Kommt, zu des Hauptmanns Höhle bring ich euch.
Doch fürchtet nichts, er ist von edelm Sinn
Und geht mit keinem Weibe übel um.
Silvia.
O Valentin, dieß duld ich deinethalb.
VIERTER AUFTRITT
Ein andrer Theil des Waldes.
Valentin tritt auf.
Valentin.
Wie doch Gewohnheit auf die Menschen wirkt!
Die schattge Einsamkeit, der dunkle Wald
Gefällt mir mehr als volkreich blühnde Städte.
Hier kann ich einsam sitzen, ungesehn,
Und zu dem Klagelaut der Nachtigall
Mein Leid besingen, meine Seufzer hauchen.
Du, dieser Brust Alleinbesitzerin,
Laß deine Wohnung nicht verödet stehn
Bis sie in Trümmer sinkt, der Bau zerfällt,
Und kein Gedächtniss bleibt, was er einst war!
Erbau mich wieder, Silvia: deine Nähe,
Geliebte Nymphe, tröste deinen Schäfer! –
Welch ein Halloh ists heute, welch ein Lärm?
Mein Volk ists, das den Willen zum Gesetz macht,
Und ein Paar arme Wanderer verfolgt.
Sie lieben mich; doch hab ich viel zu thun,
Von roher Ungebühr sie abzuhalten.
Verbirg dich, Valentin: wen seh ich kommen?
(Er zieht sich zurück.)
(Proteus, Silvia und Julie treten auf.)
Proteus.
Mein Fräulein, diesen Dienst erwies ich euch,
Gilt gleich für nichts euch eures Dieners Thun.
Mein Leben wagt ich, euch von dem zu lösen,
Der euch entehrt, und Lieb erzwungen hätte.
Gönnt mir zum Dank nur einen holden Blick.
Geringern Lohn als den kann ich nicht fordern
Und weniger könnt ihr unmöglich geben.
Valentin (beiseite).
Wohl einem Traum gleicht was ich seh und höre:
Leih, Liebe, mir Geduld, jetzt noch zu schweigen.
Silvia.
Wie elend bin ich, wie beklagenswerth!
Proteus.
Elend, mein Fräulein, wart ihr, eh ich kam,
Allein mein Kommen macht euch wieder glücklich.
Silvia.
Recht elend ward ich erst als ihr erschient.
Julie (beiseite).
Ich würd es erst, wenn er dir näher käme.
Silvia.
Würd ich dem Leu, dem hungrigen, zum Raub!
Viel lieber Speise sein dem wilden Thier
Als von des falschen Proteus Hand errettet!
Du, Himmel, weist wie Valentin ich liebe,
Des Leben theuer mir, wie meine Seele,
Und ganz so sehr, denn mehr noch wär unmöglich,
Ist der meineidge Proteus mir zum Abscheu.
Drum geh nur hin und laß um mich dein Werben.
Proteus.
Haarsträubender Gefahr, dicht bei dem Tod,
Wich ich nicht aus um Einen holden Blick,
Es ist der Liebe Fluch, bewährt so oft:
Den liebt kein Weib, der Liebe von ihr hofft.
Silvia.
Die liebt kein Proteus, die den Falschen liebt.
In Juliens Brust lies, deiner erst Geliebten,
Um deren theure Gunst dein Herz zerfloß
In tausend Schwüre: alle tausend hast du
In Meineid umgewandelt mich zu lieben.
Nun hast du keine Treu mehr, wenn nicht zwei,
Was schlimmer wär als keine: beßer keine
Als Doppeltreue, die zuviel um eine.
Verräther deines wahren Freundes du!
Proteus.
In Liebe,
Wem gilt da Freundschaft?
Silvia.
Jedem außer Proteus.
Proteus.
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