Hôtel Buchholz: Ausstellungs-Erlebnisse der Frau Wilhelmine Buchholz. Julius Stinde
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Название: Hôtel Buchholz: Ausstellungs-Erlebnisse der Frau Wilhelmine Buchholz

Автор: Julius Stinde

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 4064066112479

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СКАЧАТЬ mitunter ganz brillante Witze und ist auch ringsum dafür bekannt. Unsere Anna ist konfirmirt und mir eine rechte Stütze im Haushalt. Sie hat den praktischen Sinn ihres Vaters geerbt und ebenso hellblondes Haar wie er und dabei seidenweich. Heinrich weiß noch nicht, was er werden will, wir lassen ihn deshalb die Schule noch ruhig besuchen, bis er sich entscheidet. Landwirth sieht mein Hinnerich ungern, weil zu wenig verdient wird und ein junger Mann ohne großes Kapital zu lange bis zur Selbstständigkeit warten muß. Henriette dagegen, unsere dritte, ist idealer veranlagt, mit gutem Gehör und einer allerliebsten Stimme. Adalbert und Friedrich gehen in die Dorfschule, was für den letzteren, da er von den Masern her immer noch nicht ganz wieder der Alte ist, seine Bedenken hat. Lene und Male...«

      Die unflügge Nachkommenschaft war für mich wenig von Interesse, da ich sie nicht kenne, aber ich empfing doch die Ueberzeugung, daß die Gegend dort zu den fruchtbaren gehört. Auf den Ehesegen ging ich daher nicht näher ein, wohl aber auf Herrn Kliebisch's Randglossen über das Ausstellungs-Plakat. Die hatten mich verdrossen.

      »Es freut mich,« schrieb ich, »daß Sie Alle wohl und munter sind und Ihr Herr Gemahl trotz der agrarischen Lage noch zu Scherzen aufgelegt ist. Was diese anbetrifft, möchte ich mir nur die Mittheilung erlauben, daß wir unsere Witze über Berlin gewöhnlich selber zu machen pflegen.«

      »Das Plakat will verstanden sein. Es schließt sich der neueren Kunstrichtung an, die den sogenannten schönen Schein als unnatürlich meidet und in erster Linie darauf zielt, daß von dem Kunstwerk gesprochen wird. Wie? ist Wurst. Und das ist erreicht, sogar bei Ihnen auf dem Lande. Sie haben sich geängstigt: wollen Sie noch mehr Wirkung? Liebe Frau Kliebisch, seit wir uns in Italien sahen, hat die Kunst unermeßliche Fortschritte gemacht, daß die alten Meister, wenn sie aus ihren Gräbern hochkämen, sämmtlich umlernen müßten. Wie Tag und Nacht ist der Unterschied. Alles Braune und Dunkele gehört in die Museen und der Antike an. Alles Mehlige und wie in den Regenbogen Getauchte ist modern und zulässig für Ausstellungen. Dies muß man sich merken und Rafael und Rubens und die verstorbenen Malermeister nicht loben, das nehmen die jüngeren krumm. Wir werden über Manches zu plaudern haben und Vieles zu besichtigen, denn eine enorme Gemälde-Ausstellung ist Treptow gegenüber am anderen Ende der Stadt eröffnet. Wir rechnen in Berlin eben mit größeren Entfernungen als in kleineren Orten und so ist es auch mit dem Geistigen und den Scherzen. Berliner Blau gehört zu den überlebten; ich bezweifle, daß Ihr Mann Glück damit machen wird.«

      Als ich über eine stilgerechte Schwenkung in die Kinderstube nachsann, kam die Dorette, und meldete, vor der Thüre hielte eine Droschke mit Massen-Gepäck; ob das wohl Besuch für uns wäre?

      Wir Beide aus dem Fenster gesehen. Richtig. Die Droschke beladen wie ein Möbelwagen zur Umzugszeit, vornehmlich mit einem Reisespinde, daß der Kutscher völlig unfallversicherungsreif daneben auf dem Bock pendelte.

      Wer konnte es sein? Nach dem Kontrolirverzeichniß, das ich rasch zu Rathe zog, Niemand. Aber da öffnete sich die Thür, eine junge Dame flog auf mich zu mit den Worten: »Ich bin es. Wie ich mich freue.«

      »Ottilie?« fragte ich.

      »Ja, Ottilie.«

      »Warum schrieben oder telegraphirten Sie nicht?«

      »Ich wollte Sie überraschen, das hatte ich mir zu entzückend ausgedacht. Ach es geht nichts über Ueberraschungen, die sind zu himmlisch.«

      Sie hatte es gut gemeint und so fügte ich mich denn, obgleich mir genaue Anmeldung lieber gewesen wäre, weil ich dann meine Anordnungen getroffen hätte.

      Ich betrachtete sie mir. Sie war viel ansehnlicher, als auf der Photographie, namentlich das lebhafte Auge verlieh ihr etwas Reizvolles und, wenn sie sich bewegte, kam ihre schlanke Figur zur Geltung. Nun ward mir auch mit einem Male klar, warum sie sich nicht glücklich in ihrer Heimath fühlt und weshalb sie allerlei auszustehen hat. Sie ist über ihren Stand hübsch.

      Ich hieß sie willkommen und fügte hinzu: »Wir haben ereignißreiche Tage vor uns, aber mit gutem Willen, verständiger Anordnung und Fleiß werden wir sie bewältigen.«

      »Ach und recht oft in die Oper,« rief sie, »Oper ist zu himmlisch. Ich muß die Sucher hören, sie soll als Isolde zu entzückend sein. Und Zirkus. Ich schwärme für Zirkus!«

      »Ottilie,« unterbrach ich sie, »Zirkus ist eine Wintersache, also jetzt nicht vorhanden. In die Oper werden wir auch einmal gehen. Die Hauptsache ist unsere gemeinsame Ausstellungsarbeit. Haben Sie Bücher mitgebracht?«

      »Gewiß, zwei Kisten voll.«

      »Zwei Kisten?« fragte ich entsetzt.

      Der Droschkenkutscher und Dorette schleppten gerade einen schweren Kasten die Treppe herauf. »Das Praktische scheint ihr fremd zu sein,« dachte ich und fragte: »Was sind denn das für Bücher?«

      »Zunächst Meyer,« antwortete sie.

      »Was für'n Meyer? Doch nicht das ganze Conversationslexikon?«

      »Nun ja, darin steht Alles.«

      »Ottilie,« rief ich, »den Meyer habe ich selbst; die Ueberfracht hätten Sie sparen können. Was sonst noch?«

      »Ein französisches und ein englisches Lexikon, Daniel's großes Handbuch der Erdkunde, Velhagen und Klasing's Atlas, Brehm's Thierleben, wegen der Fischerei-Ausstellung, Krüger's Physik...«

      »Das scheint mir das einzig richtige. Haben Sie auch Chemie mitgebracht?«

      »Chemie? Nein, die hab' ich vergessen.«

      »Aber Ottilie, wo ich Ihnen doch schrieb, welche Sorge mir das chemische Industriegebäude macht. Was fangen wir nun an? Wir müssen das Buch schicken lassen.«

      »Das geht nicht. Ich habe die Schlüssel zu meinem Bücherspinde bei mir.«

      Ich seufzte. »Kommen Sie, ich will Sie auf Ihr Zimmer führen. Später ziehen Sie zu mir.«

      »Ach wie reizend.«

      Der Droschkenmann wurde allmählich befriedigt; die Ladung war nicht billig. Auch machte er Seitenbemerkungen, als Dorette meinte, das Heraufbefördern von Gepäck läge mit in der Taxe und sei mit zwei Groschen hinreichend belohnt.

      »Denn muß das Freilein das nächste mal mit'n Rollwagen fahren,« sagte er. —

      Als mein Karl zu Tisch kam und ein drittes Gedeck vorfand, legte er sich auf's Rathen, für wen es sei, kriegte es aber nicht heraus, weil das Zunächstliegende stets das Schwierigste ist. Er wurde ärgerlich und grollte: »Du willst Dich wohl zur Sphinx ausbilden, das ist das einzige, was auf dem Ausstellungs-Kairo noch fehlt.«

      »Hast Du so genau nachgesehen?« — »Ja!« — »Ohne mich?« — »Du gehst ja Deine eigenen Studirwege.« — »Karl!«

      In diesem Ausrufe lag eine ganze Tragödie, und das fühlte er, denn er fragte »Wo bleibt das Essen?« Wenn Männer ablenken, regt sich ihr Schuldbewußtsein.

      »Die Araberinnen sollen dort ja zum Theil unverschleiert herumlaufen?« fragte ich durchbohrend. »Ist das wahr?«

      »Ich bin hungrig, Wilhelmine!«

      »Ich nicht. Mir ist der Appetit vergangen.« — »Wovon denn?« — »Was weiß ich?« — »Eben warst Du noch guter Dinge.« — »Eben, СКАЧАТЬ