Cooldown. Markus Vath
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Название: Cooldown

Автор: Markus Vath

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия: Dein Leben

isbn: 9783956230097

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СКАЧАТЬ die gesellschaftlichen Implikationen von Burnout führen sollen. Burnout als Oberbegriff für eine Störung der modernen und postmodernen Gesellschaft, eher ein Sammelbecken an Symptomen und Befindlichkeiten als ein psychopathologisches Syndrom.«12

       Der neue Dienstleistungssektor erfordert vor allem soziale Kompetenz

      Neu an dieser wirtschaftlichen Umwälzung war, dass ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung – nämlich vor allem im Dritten Sektor – weitere Kompetenzen jenseits ihrer fachlichen Qualifikation benötigte: Sozialkompetenz, Empathie, Konfliktfähigkeit. Dinge, die man braucht, wenn man zivilisiert und vor allem zielgerichtet mit anderen Menschen umgehen soll. Damals, zu Zeiten Freudenbergers, wurde die Sicht auf das Phänomen Burnout allerdings durch zwei wichtige Dinge getrübt:

      

Viele Veteranen des Zweiten Weltkriegs litten an »Kriegsdepressionen« – verständlicherweise. Es gab Scharen dieser traumatisierten Soldaten, überall auf der Welt. Leider ähneln sich die Symptome von Kriegsdepression und Burnout, zumindest auf den ersten Blick. Das erschwerte eine genaue Diagnose ungemein. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Burnout erst ab den 1970ern in den Fokus der Forschung trat – als die Kriegsdepression in der Masse der Patienten an Bedeutung verlor.

      

Außerdem wurde eine individuelle Erschöpfung durch den rasanten Aufschwung kollektiv konterkariert. Nach dem Motto »Wie soll jemand an etwas leiden, was der Gesellschaft kollektiv so guttut?« (nämlich an dem schnellen technologischen Fortschritt und der immensen Verbesserung der Lebensverhältnisse) konnte man sich ein Syndrom wie Burnout schlicht nicht vorstellen. Besonders in Deutschland und seinem »Wirtschaftswunder« erschien die Vorstellung, Einzelne könnten an diesem Aufschwung individuell scheitern, abseitig.

      Insgesamt begleitete Burnout als »Beeinträchtigung des Geistes« die Zweite Transformation eher im Stillen. Nachdem in der Ersten Transformation im ausgehenden 19. Jahrhundert das Konzept von Burnout (bzw. Neurasthenie) erstmals formuliert wurde, jedoch noch keine gesellschaftliche Rolle spielte, trat es ab den 1970ern deutlicher hervor. Leider nahm Burnout gleich die »diagnostische Abkürzung« und wurde als individuelles Leiden abgetan. Dass dies nicht mehr funktioniert, zeigt die momentane Explosion des Phänomens. Womit wir bei der Dritten Transformation wären.

      Die Dritte Transformation findet gerade statt. Nach Ende der Zweiten Transformation hat es – dank eines ungeheuren Schubs in der Informations- und Telekommunikationstechnik – nur zehn Jahre gedauert, bis Burnout in der Mitte der Gesellschaft ankam. Ich würde den Anfang auf den Zusammenbruch der Internetblase im Jahr 2000 datieren. Das war ein starkes wirtschaftliches Signal der Veränderung. Noch mehr erschüttert, allerdings politisch, wurde die Welt durch die Anschläge des 11. September 2001. Deren seismografische Wellen sind bis heute spürbar und haben die wirtschaftlichgeistige Unsicherheit leider nicht geschwächt, sondern im Gegenteil noch verstärkt. Da jede Transformation bislang mehrere Jahrzehnte gedauert hat, gehe ich auch für die aktuelle Dritte von einer Dauer bis mindestens ins Jahr 2025 aus. Erst dann werden wir in der Masse individuelle und kollektive Methoden entwickelt haben und Arbeit, Technik sowie soziales Zusammenleben entsprechend organisieren und gehirngerecht nutzen.

      Der Kern der Dritten Transformation besteht in der Konfrontation des menschlichen Geistes mit der dichtesten, schnellsten und gleichzeitig abstraktesten Vernetzung, derer er sich je gegenübersah. Alle drei Transformationen veränderten die menschliche Psyche enorm. Stellt man sich die Transformationen als Himmelskörper vor, die auf die Erde prallen, so wäre die Erste Transformation (= Industrialisierung) ein eher kleiner Asteroid, der einen folgenlosen Krater hinterlässt. Die Zweite Transformation (= Dienstleistungsgesellschaft) wäre schon ein größerer Brocken, der ein Land in Mitleidenschaft ziehen könnte. Die Dritte Transformation (= globale Vernetzung) hätte das, was die Astronomie einen deep impact nennt: Er würde das Leben auf dem gesamten Planeten beeinflussen.

      Diese Analogie soll nicht vermitteln, dass die Dritte Transformation katastrophal enden wird oder dass sie per se etwas Schlechtes ist. Im Gegenteil. Die Dritte Transformation gibt uns die Chance, uns ganz neu mit unserem Lebensstil, unserer Art zu wirtschaften und zu kommunizieren auseinanderzusetzen. Sie hat nur viel mehr Wucht als ihre beiden Vorgänger. Denn noch nie waren die Zeiten so günstig für den mentalen »perfekten Sturm«: Auflösung bisheriger Familienstrukturen, dauerhafte wirtschaftliche Unsicherheit, ein Trommelfeuer aus Information und Kommunikation, massive technologische Veränderungen in kurzer Zeit sowie massiver Vertrauensverlust in politische und religiöse Autoritäten. Dennoch stecken darin auch Chancen – wenn wir uns geistig »über Wasser« halten können. Die hauptsächliche Herausforderung der Dritten Transformation besteht im Übergang von der Dienstleistungs- und Wissensarbeit hin zu den »vernetzten Köpfen« und einer vollständigen Globalisierung von Kommunikation, Märkten und politischen Entscheidungen – vom einzelnen Menschen und seinem Verstand (mind) hin zum vernetzten Denken (networked mind).

       Das »vernetzte Denken« als Zukunftsmodell des 21. Jahrhunderts

      Das »vernetzte Denken« beschreibt unter anderem eine Forschungsgemeinschaft der Universität Oxford als wegweisend für das 21. Jahrhundert: »The networked mind is the new mindset we all require in the 21st century. Given the proliferation of Web-based technologies such as blogs, wikis and social networking tools in our daily lives, these technologies have become a cause for all praise, scorn and worry. What would it become and what would be the cultural ramifications of its pervasive use? […] In this century, chance favors the networked mind; so let’s take the opportunity to continually remain students ourselves, testing and sharing best practices for new forms of engagement.«13

      Die Autoren fordern ihre Leser auf, sich selbst immer wieder als Lernende, nicht nur als Lehrende zu betrachten. Die Halbwertszeit des menschlichen Wissens wird immer kürzer, wir müssen neue Erkenntnisse immer schneller akzeptieren und in unsere Praxis integrieren. Auch dieser Befund verdeutlicht das Große, das Drängende, die umspannende Veränderung innerhalb der Dritten Transformation.

      Die Brisanz des Themas zeigt sich unter anderem auch in der epidemischen Zunahme von »psychischen Störungen« von Burnout über Depressionen, Angststörungen, psychosomatischen Leiden bis hin zu Suizidversuchen. Auch wenn man eine genauere Diagnostik und eine bessere Selbstbeobachtung des Einzelnen in Rechnung stellt, fällt die massive Zunahme im Bereich der psychischen Störungen doch auf. Das Gehirn wird zum zentralen Leidensorgan des 21. Jahrhunderts (nachdem die körperlichen Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Fettleibigkeit uns nun ein halbes Jahrhundert begleitet haben). Ich behaupte: Geistige Leiden wie Depression oder Burnout werden noch mehr zunehmen, als dies ohnehin bereits der Fall ist. Sprach George Beard während der Ersten Transformation von »Neurasthenie« und Herbert Freudenberger 1974 von »Burnout«, würde ich das heutige Phänomen aufgrund seiner massenhaften Verbreitung »Struktureller Burnout« nennen. Diesen massenhaften Burnout zurückzudrängen und den Menschen ihr Wohlbefinden und ihre Handlungsfreiheit wiederzugeben, ist das zentrale Anliegen, das maximale Bestreben, dem wir uns innerhalb der Dritten Transformation widmen müssen. Erst wenn wir das verstanden haben, können wir die entscheidenden Fragen stellen. Zum Beispiel: Welche Veränderungen bringt die Dritte Transformation für Unternehmen?

       Veränderungen durch die Dritte Transformation

      Ein kleines Gedankenspiel soll das Modell der Transformation verdeutlichen. Nehmen wir an, Ihr Auto muss in die Werkstatt. Nichts Großes, aber es muss gerichtet werden. Sie fahren hin, geben Ihr Auto ab und warten. Vielleicht sehen Sie Leute in der Werkstatt arbeiten und trinken einen Kaffee. Schließlich nehmen Sie wieder Ihr Auto in Empfang und fahren los. Ohne es zu bemerken, waren Sie Zeuge aller drei bedeutenden Transformationen der jüngeren Industriegeschichte:

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