Название: Oliver Twist
Автор: Charles Dickens
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Klassiker bei Null Papier
isbn: 9783943466706
isbn:
»Was soll das?« rief der Jude. »Was spionierst de da? Warum bist de plötzlich wach? Was hast de gesehen? Sprich, sag ich dir, wenn dir dein Leben lieb ist.«
»Ich konnte nicht mehr schlafen, Sir«, erwiderte Oliver demütig. »Verzeihen Sie, wenn ich Sie gestört habe, Sir?«
»Du bist nicht wach gewesen vor einer Stunde?« rief der Jude mit wilden Blicken.
»Nein, wirklich nicht«, beteuerte Oliver.
»Ist das auch sicher wahr?« rief der Jude drohend.
»Ganz gewiss, Sir. Ich bin eben erst aufgewacht.«
»Schon gut, schon gut«, murmelte der Jude, nahm plötzlich sein altes Wesen wieder an und spielte mit dem Messer, um Oliver glauben zu machen, er habe es nur im Scherz genommen. »Ich weiß doch, kleiner Freund, ich hab doch nur gemacht e Scherz, du bist e braver Bursch, e braves Bürschchen, Oliver, hihi.«
Dabei rieb er sich kichernd die Hände, blickte aber immer noch scheu und unsicher auf die Schatulle.
»Hast du gesehen die schönen Sachen drin, Oliver?« fragte er nach einer Pause und legte die Hand auf das Kästchen.
»Ja, Sir.«
»Also, also doch gesehen?« rief der Jude und wurde bleich. »Nu, ja, das ist halt mei kleines Eigentum. Alles, wovon ich hab zu leben auf meine alten Tage. Die Leunte sagen, ich bin e Geizhals, aber lass se reden. Was liegt weiter daran.«
Oliver kam zu dem Schluss, der alte Gentleman müsse offenbar ein schrecklicher Geizhals sein, dass er so viel Taschenuhren besäße und trotzdem in einer so schmutzigen Kammer wohne. Aber er nahm an, dass vielleicht seine Vorliebe für den Baldowerer – den jungen Dawkins – und die anderen Jungen ihn ein hübsches Stück Geld koste, und dass er immerhin ein großer Menschenfreund sein müsse. Er blickte ihn daher nur achtungsvoll an und fragte, ob er aufstehn dürfe.
»Natierlich, mei Junge, natierlich«, erwiderte der alte Herr. »Aber wart mal, dort in der Ecke neben der Tür steht ein Topp mit Wasser. Bring ihn heriwer. Ich will dir geben e Schüssel, dass de dir kannst waschen, Kleiner.«
Oliver stand auf, ging durch die Stube und bückte sich einen Augenblick, um den Krug aufzuheben. Als er sich wieder umdrehte, war die Kassette verschwunden.
Er hatte sich kaum gewaschen und alles wieder in Ordnung gebracht, dem Befehl des Juden gemäß das Waschbecken ausgeschüttet und an seinen Ort zurückgestellt, als der »Baldowerer« – Mr. Dawkins – in Begleitung eines sehr lustigen Jungen, eines von denen, die Oliver am vergangenen Abend hatte rauchen sehen, und der ihm jetzt in aller Form als Charley Bates vorgestellt wurde, eintrat. Und alle vier setzten sich hierauf zum Frühstück, das aus Kaffee und ein paar mit Schinken belegten Brötchen bestand, die der Baldowerer in seinem Hut mitgebracht hatte.
»Na«, sagte der Jude zu dem Baldowerer gewendet und warf dabei einen lustigen Blick auf Oliver. »Was is? Ihr seid doch hoffentlich gewesen heinte frih schon bei der Arbeit, Jungens?«
»Es war eine schwere Arbeit«, murrte der Baldowerer.
»Verdammt hart«, setzte Charley Bates hinzu.
»Brave Burschen, brave Burschen«, lobte der Jude. »Was hast de mitgebracht, Baldowerer?«
»Zwei Taschentücher«, erwiderte der wackre junge Mann.
»Gestickte?« fragte der Jude gierig.
»Na, macht sich«, erwiderte der Baldowerer und zog zwei Taschentücher hervor, ein grünes und ein rotes.
»Nicht so wie mer’s hätt wünschen sollen«, sagte der Jude, nachdem er die entfalteten Tücher sorgfältig geprüft hatte. »Aber e feine Arbeit. E geschickte Hand muss das gewesen sein, was meinen Sie, Oliver?«
»Wahrhaftig, ja«, gab Oliver zu, worauf Charley Bates in ein wieherndes Gelächter ausbrach – zu seiner größten Verwunderung, denn er konnte bei all dem nicht den geringsten Grund zum Lachen sehen.
»Und was hast du mitgebracht, Kleiner?« fragte Fagin Charley Bates.
»Auch Riegerlappen«, erwiderte Master Bates und brachte vier Taschentücher zum Vorschein.
»Hem«, murmelte der Jude und besichtigte sie bei Licht. »Güt, sehr güt, – aber du hast se nicht gut gezeichnet, Charley, mir wollen herauszupfen die Monogramme mit der Nadel und wollen zeigen dem kleinen Oliver, wie er es machen soll. Was meinen Sie, Oliver, was?«
»Wenn Sie die Güte haben wollen«, erwiderte Oliver.
»Du möchtest wohl auch gerne machen können Taschentücher so leicht wie Charley Bates, nicht wahr Kleiner?« fragte der Jude.
»O gewiss, von Herzen gern, wenn Sie es mich lehren wollen, Sir«, bat Oliver.
Charley brach in ein schallendes Gelächter aus, dass er darüber beinahe erstickte. »Gott, ist das ein Greenhorn«, rief er endlich, offenbar, um sich der Gesellschaft gegenüber wegen seines unmanierlichen Betragens zu entschuldigen.
Der Baldowerer sagte nichts, sondern strich Oliver das Haar über die Augen und meinte dann grinsend, er würde es mit der Zeit schon lernen. Der Jude unterbrach ihn, da er sah, dass Oliver blutrot wurde, indem er die Frage stellte ob heute Morgen bei der Hinrichtung viele Leute zugegen gewesen wären. Die beiden Jungen erwiderten, sie seien selbst dort gewesen, und Oliver wunderte sich, woher sie dann in aller Frühe so viel Zeit gehabt haben könnten, noch außerdem Taschentücher zu sticken.
Als das Frühstück abgeräumt war, unterhielten sich der lustige alte Herr und die beiden Jungen mit einem höchst seltsamen und ungewöhnlichen Spiel. Der lustige alte Herr schob nämlich eine Schnupftabaksdose in eine Hosentasche, eine zweite СКАЧАТЬ