Название: MATTHEW CORBETT und die Jagd nach Mister Slaughter
Автор: Robert Mccammon
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Matthew Corbett
isbn: 9783958354050
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»Sir reicht vollkommen aus«, sagte Greathouse. Slaughter lächelte und verbeugte sich erneut leicht.
Aber noch bevor der schlank hochgewachsene, bärtige Dr. Ramsendell die Feder in die Hand nehmen konnte, die Greathouse ihm hinhielt, drehte Slaughter sich zu Matthew um und sagte in leichtem und freundlichem Ton: »An Euch erinnere ich mich allerdings gut. Dr. Ramsendell hat Euch vor meinem Fenster beim Namen genannt. War das nicht erst im Juli gewesen? Nicht wahr, Euer Name ist …« Er musste nur ein paar Sekunden nachdenken, bis er es wusste. »Corbett. Korrekt?«
In Slaughters Stimme schwang eine geradezu unerbittliche Note mit, sodass Matthew fast gegen seinen Willen nickte.
»Ihr wart ein junger Dandy gewesen, wenn ich mich recht entsinne. Und jetzt seid Ihr erst recht ein Stutzer.«
Das stimmte. Da Matthew selbst auf Reisen wie ein New Yorker Gentleman aussehen wollte, trug er wie üblich einen seiner neuen Anzüge von Benjamin Owles, einen in dunklem Burgunderrot, in der gleichen Farbe wie seine Weste. Die Ärmelaufschläge und Revers waren mit schwarzem Samt getrimmt. Sein weißes Hemd und die Krawatte waren frisch gebügelt und blütenrein, und er trug seine neuen schwarzen Stiefel und einen schwarzen Dreispitz.
»Wie ich sehe, seid Ihr zu Geld gekommen«, meinte Slaughter, dessen Gesicht dicht vor Matthews war. Er zwinkerte und sprach so leise weiter, dass es fast ein Flüstern war: »Wie schön für Euch.«
Wie konnte man etwas beschreiben, das unbeschreiblich war, fragte sich Matthew. Das Äußere des Mannes war nicht weiter schwierig zu umreißen: Slaughters breites Gesicht war wie eine Mischung aus Gentleman und Schläger. Seine Stirn wölbte sich leicht über den dichten strohfarbenen Augenbrauen, und sein wilder Haarschopf war von derselben Farbe, vielleicht mit einem Stich ins Rote. An den Schläfen ergraute er. Sein dichter Schnurrbart war mehr grau als blond, und seit Matthew ihn im Juli gesehen hatte, war dem Mann ein Bart gewachsen, der aussah, als setzte er sich aus mehreren Bärten verschiedener Männer zusammen: hier dunkelbraun, dort rot, dann ein Fleck kastanienbraun, unter der fleischigen Unterlippe ein Hauch von Silber und am Kinn ein rabenschwarzer Streifen.
Er war nicht so groß, wie Matthew ihn in Erinnerung hatte. Sein ausladender Brustkorb und die Schultern füllten die aschfarbene Tollhauskleidung prall aus, aber seine Arme und Beine wirkten fast spindeldürr. Er war ungefähr so groß wie Matthew, hatte jedoch eine schiefe Haltung, die auf ein missgebildetes Rückgrat hinwies. Seine Hände allerdings waren alle Aufmerksamkeit wert. Sie waren unnormal groß, die Finger lang und die Knöchel knochig, mit von Schmutz schwarzen Nägeln, die so lang und scharf wie kleine Klingen waren. Es war Slaughter anzusehen, dass er sich entweder weigerte, ein Bad zu nehmen, oder schon seit langem weder Seife noch Wasser angeboten bekommen hatte, denn seine schuppige Haut war genauso grau wie seine Kleidung. Der von ihm ausgehende Geruch erinnerte Matthew an etwas Totes, das im Schlamm eines dreckigen Sumpfes vor sich hin schimmelte.
Trotz alledem hatte Slaughter eine lange, aristokratisch schmale Nase mit elegant geblähten Nasenflügeln, als könnte er den Gestank seiner eigenen Haut nicht ertragen. Seine großen Augen – blassblau, kalt, aber nicht humorlos und von einem fröhlichen Funkeln, das kam und ging wie eine rote Signallaterne in der Ferne – waren unbestreitbar intelligent, so wie sein Blick schnell im Zimmer umherhuschte, um Eindrücke zu sammeln; nicht viel anders, als Matthew es tat.
Der Teil von Slaughter, der sich weniger einfach beschreiben ließ, dachte Matthew, war die Ruhe, die er ausstrahlte – eine grenzenlose Verachtung von allem, was in diesem Raum vor sich ging. Er schien sich nicht im Geringsten um irgendetwas zu kümmern, aber es lag noch etwas anderes darin: Selbstvertrauen. Angesichts der Umstände vielleicht fehl am Platz, und dennoch von der gleichen Stärke wie sein Gestank. Er drückte Kraft und Verachtung aus, und allein das ließ Matthew nervös werden. Als Matthew ihn das erste Mal gesehen hatte, war ihm gewesen, als sähe er in das Antlitz des Leibhaftigen. Und jetzt, obwohl Slaughter offensichtlich eher verschlagen als verrückt war, wie Ramsendell an jenem Tag im Juli gesagt hatte, stellte er sich als einfacher Mensch heraus, der aus Fleisch, Knochen, Blut, Haaren und Dreck bestand. Hauptsächlich aus Haaren und Dreck, wenn man ihn so ansah. Die Ketten hatten keine rostigen Glieder, aber es würde ein langer Tag werden, wenn auch nicht unerträglich. Was allerdings von der Windrichtung abhängen würde.
»Macht bitte Platz«, sagte Ramsendell, wartete, bis Slaughter gehorchte, und trat dann an den Tisch, um die Papiere zu unterschreiben. Hulzen paffte an seiner Pfeife, als wollte er das Zimmer im scharfen Rauch seines Carolina-Tabaks versenken, und Jacob stand auf der Türschwelle und sah so fasziniert zu, wie man es konnte, wenn einem ein Teil des Schädels fehlte.
Ramsendell unterschrieb. »Gentlemen?« Er wandte sich an Greathouse und Matthew. »Ich weiß Eure Unterstützung zu schätzen. Ihr werdet Euch daran erinnern, dass Curtis und ich den Quäkern in unserer Eigenschaft als gute Christen versprochen haben, unseren Patienten …« Er stockte, um sich zu verbessern, und legte die Feder beiseite. »Euren Gefangenen«, fuhr er fort, »New York bei lebendigem Leibe und guter Gesundheit erreichen zu lassen.«
»Er sieht aber jetzt schon nicht aus, als erfreute er sich bester Gesundheit«, befand Greathouse.
»Nur, dass Ihr Gentlemen versteht – und als rechtschaffene Bürger werdet Ihr das: Wir befürworten keine Verwendung von Gewalt. Von daher … falls Mr. Slaughter unterwegs für Unruhe sorgen sollte … vertraue ich darauf …«
»Keine Sorge, wir werden ihn nicht umbringen.«
»Das beruhigt mich sehr«, sagte Slaughter.
Greathouse ignorierte ihn und nahm das dritte Dokument in die Hand. »Ich soll diesen Überführungsbrief laut vorlesen. Das ist wohl eine der nötigen Formalitäten.«
»Oh, bitte lest!« Slaughters Zähne blitzten.
»An diesem dritten Julitag im Jahre 1702 des Herrn«, las Greathouse, »wird befohlen, den Untertan Ihrer Majestät, Tyranthus Slaughter, aus seiner derzeitigen Unterkunft zu entfernen. Er ist den Richtern der vorstehenden Landfriedenskommission der Stadt London und der Grafschaft Middlesex der Queen im Old-Bailey-Gericht Ihrer Majestät im Zusammenhang mit den möglicherweise von Tod Carter, Barbier in der Hammer’s Alley, im April 1686 verübten Morden vorzuführen, nachdem von einem Mieter im Keller vergrabene Knochen von elf Männern und einem Kinde ebenda aufgefunden wurden.« Greathouse sah Slaughter kalt an. »Ein Kind?«
»Ich brauchte schließlich einen Jungen, der beim Einseifen hilft, nicht wahr?«
»Besagter Verdächtiger«, las Greathouse weiter vor, »ist gleichfalls im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Anne Yancey, Mary Clark und Sarah Goldsmith den Richtern Ihrer Majestät vorzuführen, sowie auch wegen der Einbruchdiebstähle auf ihren Landsitzen, die zwischen dem August 1689 und dem März 1692 unter dem Alias Count Edward Bowdewine, Lord John Finch und …« Er zögerte. »Earl Anthony Lovejoy ausgeübt wurden?«
»Da war ich noch so jung«, sagte Slaughter mit leichtem Schulterzucken. »Mir war die kreative Einbildungskraft der Jugend hold.«
»Ihr bestreitet also nichts davon?«
»Ich bestreite«, kam die aalglatte Antwort, »dass ich ein gewöhnlicher Krimineller bin.«
»Unterzeichnet СКАЧАТЬ