Название: Jüdisches Leben in Wort und Bild
Автор: Леопольд фон Захер-Мазох
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 4064066112219
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Am nächsten Sonntag, als beide Familien gerade den Mittagstisch deckten, kam Reb Isaschar feierlich herein, die Zobelmütze kühn wie ein Kosak auf dem Kopfe. Sein gutes Gesicht strahlte wie eine Sonne aus Lebkuchen. »Bessure towe« (Gute Nachricht!) rief er, »Bessure towe!«
»Was ist geschehen?« fragten alle zugleich.
»Welch' ein Massel! (Glück!) Soll noch einer sagen, dass der Herz ist ein Schlemil.«
»Reden Sie doch, Reb Isaschar.«
»Ich rede ja immerfort. Also – aber setzen Sie sich Herz, sonst fallen Sie um.«
Herz setzte sich.
»Hören Sie, Herz. Bessure towe! Sie haben gewonnen, Herz! Das grosse Terno haben Sie gemacht, Herz, 48,000 Gulden haben Sie gewonnen, Herz!«
Herz blieb wie versteinert auf seinem Stuhle sitzen.
»Hören Sie, Herz, 48,000 Gulden!«
Das erste Wort, welches Herz aussprach, war »Riffke!«, dann fügte er nach einiger Zeit hinzu: »Jetzt sollst Du haben einen Mann, mein Kind, jeden, den Du willst.«
Dann stand er auf, ging langsam bis zu der Wand und, das Gesicht gegen diese gekehrt, begann er laut zu beten und zu schluchzen.
Als man sich etwas von dem Schrecken erholt hatte, denn eine grosse Freude zermalmt uns ebenso wie ein grosses Unglück, sagte Herz: »Nun, vor allem will ich geben Masser und dann erst soll Riffke einen Mann haben.«
»Wenn Sie wollen geben Masser«, sagte Reb Isaschar, »das macht 4800 Gulden nach dem Gesetz.«
»So will ich geben die 4800 Gulden dem Saduel Pjetruschka«, sagte Herz, »es ist besser zu helfen einem braven Menschen, als vielen geben eine Kleinigkeit, das kann keinem dienen.«
Saduel sah Herz erstaunt an, dann nahm er ihn um den Hals und küsste ihn.
»Danken Sie mir nicht«, sagte Herz, »es geschieht um meinetwillen. Und Riffke? Hast Du etwa schon einen Bocher gefunden, der Dir gefällt? Sprich, mein Kind, Du sollst ihn haben.«
»So will ich Gideon«, sagte sie rasch, »wenn er mich nämlich will.«
Gideon lächelte verlegen und reichte ihr die Hand. »Sagen Sie mir, Riffke«, flüsterte er, »ist das alles ein Traum oder ist es wahr?«
Lewana.
– TÜRKEI. –
Das Mondheiligen. – Befreiung aus der Sklaverei.
In einer jener engen dunklen Strassen des alten Belgrad, die zugleich ein Bazar, ein Paradies Muhameds und ein Schlupfwinkel des Verbrechens sind, befand sich ein kleines Kaffeehaus, das von einer Italienerin, Frau Peregrino, gehalten wurde. Hier sass eines Abends ein junger Mann in ein Wiener Journal vertieft, während ringsum Geschäfte aller Art verhandelt wurden und im Hinterzimmer Zigeuner ihre wilden Weisen spielten, gluthäugige Zigeunerinnen die Tambourine schwangen und tanzten.
Plötzlich legte ihm die Wirthin die Hand auf die Schulter und flüsterte: »Sie sind immer so traurig, Herr Bukarest, was haben Sie denn eigentlich?«
»Ich möchte fort«, gab er zur Antwort.
»Weil Sie das Mädchen, das Sie lieben, nicht bekommen können.«
Nahum Bukarest zuckte die Achseln. »Mein Oheim ist Kaufmann in Konstantinopel«, sagte er, »ich will zu ihm reisen. Können Sie mir sagen, wie ich am billigsten hinkomme.«
»Oh! das trifft sich sehr gut«, erwiderte die Wirthin, »hier ist eine Dame, die Sie schon mehrmals gesehen hat und Gefallen an Ihnen findet. Ihr Vater ist Kapitän, er wird Sie auf sein Schiff nehmen. Kommen Sie.«
Frau Peregrino führte den jungen, hübschen Israeliten in ein kleines Kabinet, in dem nur ein türkischer Divan stand. Auf diesem sass ein schönes Weib in halborientalischer Tracht und begrüsste Nahum mit einem koketten Lächeln. Die Wirthin sprach von seinen Plänen und liess ihn dann mit der schlanken Schönen allein. Diese zog ihn zu sich auf die schwellenden Kissen, und während sie heiter plauderte, fühlte Nahum mehr und mehr die Macht ihrer fremdartigen Reize und befand sich endlich in einer Art von Opiumrausch, von anmuthig phantastischen Bildern umgaukelt.
Es wurde abgemacht, dass er mit Varsava, so hiess die Fremde, und ihrem Vater, dem griechischen Kapitän Trifoniades, nach dem goldenen Horn segeln sollte, und als die Schöne das Kaffeehaus verliess und Nahum sie begleitete, schlang sie plötzlich auf der dunklen Strasse die Arme um seinen Hals und küsste ihn.
Am folgenden Abend erschien der Kapitän in demselben Kaffeehaus und vereinbarte mit Nahum das Reisegeld. Es war in der That sehr wenig, was er verlangte, so dass Nahum von der Summe, die er zur Verfügung hatte, noch einen beträchtlichen Theil in seiner Tasche behalten konnte.
Er fand diesmal Varsava in dem kleinen Kabinet in Gesellschaft von drei jungen bildhübschen Mädchen, von denen zwei Ungarinnen waren, während die Dritte aus Serbien stammte. Varsava hatte ihnen gute Stellen in Konstantinopel zugesichert. Die eine sollte in einem Konfektionsgeschäft, die zweite als Kassiererin in einem Kaffee, die dritte als Kammerjungfer bei einer österreichischen Gräfin eintreten.
»Sehen Sie, mein Freund,« rief Varsava, »was Sie für eine reizende Reisegesellschaft haben werden. Ich fürchte, dass Sie mir untreu werden.«
Nahum erröthete und Varsava gab ihm einen leichten Schlag mit der Hand, der beiläufig sagen wollte: Oh! ich bin Deiner vollkommen sicher.
Zwei Tage später bestiegen alle zusammen das Schiff des Kapitän Trifoniades und fuhren die Donau hinab. Varsava beschäftigte sich viel mit Nahum. Sie wechselte Blicke mit ihm, welche ihm die kühnsten Hoffnungen erweckten und erlaubte sich eine Reihe kleiner Vertraulichkeiten, welche den jungen, unerfahrenen Mann mit unsichtbaren magischen Schlingen umgaben.
Es wurde Abend, als sie die Donaumündung verliessen. Mitten in der Nacht, im offenen Meer, steuerte ein anderes Schiff auf sie zu. Die beiden Kapitäne wechselten Zeichen, dann legten sich ihre Fahrzeuge gegen einander, und der Grieche hiess Nahum und die drei Mädchen auf das fremde Schiff übersteigen.
»Weshalb?« fragte Nahum erstaunt, »Was soll denn dies bedeuten?«
»Fragen Sie nicht erst lange,« rief Varsava, »kommen Sie.«
Sie ging voran über die Brücke, die man von Bord zu Bord gelegt hatte und die Anderen folgten.
Während der Grieche weitersegelte, gab die seltsame Schöne Nahum einen Wink ihr zu folgen und führte ihn in eine geräumige Kajüte, die einem kleinen Harem glich, mit ihren türkischen Divans, ihren persischen Teppichen und ihren weichen Pantherfellen. Varsava streckte sich auf den goldgestickten Kissen aus, betrachtete den immer mehr verwunderten Nahum mit einem spöttischen Lächeln und sprach: СКАЧАТЬ