Название: Winterfeuer
Автор: Heidi Cullinan
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Minnesota Christmas
isbn: 9783958235687
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Kurz nachdem er sich eingerichtet hatte, rief seine Mutter an.
»Paul. Ich bin froh, dass ich dich erreiche.« Der kurz angebundene, irritierte Tonfall machte deutlich, dass froh nicht mehr als eine Redewendung war. »Ich habe von dem Vorfall auf deiner Veranda gehört. Ich hoffe, du hast Arthur gesagt, dass das geschmacklos war und dass ich nicht noch einmal von so etwas hören muss.«
Arthurs Name triefte vor Verachtung, als er aus ihrem Mund kam. »Eigentlich habe ich keine Ahnung, wer das war.«
Seine Mutter schnalzte mit der Zunge. »Was für ein Skandal. Hast du die Polizei informiert?«
Wegen eines Schneepenis? Einen Moment lang vergnügte sich Paul mit der Vorstellung, diese Anzeige aufzugeben. »Das ist bloß ein Streich, davon bin ich überzeugt. Wird wahrscheinlich nicht noch mal vorkommen.«
»Das hoffe ich allerdings auch.« Sie hielt inne. Ihr Tonfall verriet, dass sie gleich zum eigentlichen Grund ihres Anrufs übergehen würde. »Ich wollte wissen, ob du diesen Sonntag zur Kirche kommst.«
Oh, verdammt. Wann immer Mary Jansen von ihrem Sohn wissen wollte, ob er zur Kirche kommen würde, war das der Code für Ich kenne jemanden, den ich dir vorstellen will. Und dieser Jemand wäre nicht, unter gar keinen Umständen, männlich.
Paul suchte nach einer Lüge. »Ich bin dieses Wochenende mit den Jungs zum Jagen verabredet.«
»Du bist in letzter Zeit kaum bei der Messe gewesen. Was wird der Pfarrer denken?«
»Ich war vor ein paar Wochen da, aber ich verspreche, dass ich bald wieder hingehen werde.«
»Lass mich wissen wann, und anschließend gibt es dein Leibgericht zum Abendessen.«
Sein Leibgericht und eine heiratsfähige junge Frau. »Mach ich«, sagte Paul. Auch das war eine Lüge.
Kurz darauf hatte sie das Telefonat beendet, aber die Unterhaltung hatte Paul die Lust auf sein Abendessen verdorben und ihn genug abgelenkt, dass er hauptsächlich mit gerunzelter Stirn die Endsummen auf seinem Computerbildschirm anstarrte, bis es kurz nach Mitternacht war. Er gab auf und fuhr nach Hause.
Ein neuer Penis blockierte seine Eingangstür.
Der zweite war etwas Besonderes gewesen. Nicht ganz so groß, aber er bog sich sorgfältig nach rechts und alle Venen waren detailliert ausgearbeitet, als würde er in einem Anatomiekurs zum Einsatz kommen. Er war unbeschnitten und die Hoden wiesen feine Härchen auf – getrocknetes Gras, das im Schnee steckte.
Auch von diesem Penis nahm er ein Foto auf und schickte es als Gruppennachricht an Marcus, Gabriel und Arthur. Raus damit. Wer von euch ist der Künstler?
Er würde auf Frankie setzen, da er der Stylist war, doch entweder waren sie alle geübte Lügner oder es war keiner von ihnen. Lachend antworteten sie ihm und bestanden darauf, dass es keiner von ihnen war, obwohl sie darauf brannten zu erfahren, wer es tatsächlich war.
Paul hatte keine Ahnung.
Er zermarterte sich das Hirn, während er seine letzten Affären durchging, aber keiner passte ins Bild des Penisbauers. Außerdem lebte keiner von ihnen in Logan und obwohl Paul am Stadtrand wohnte, gab sich derjenige, wer auch immer seine Eingangsstufen mit Schwänzen verzierte, zu den seltsamsten Uhrzeiten bei fragwürdigem Wetter sehr viel Mühe. Das musste jemand von hier sein.
Alle im Dorf zogen ihn wegen seiner Schneeskulpturen auf. Einige Leute, für gewöhnlich ältere Frauen, schnalzten mit ihren Zungen und schienen ihn dafür verantwortlich zu machen, das Dorf zu blamieren, aber die meisten fanden es lustig.
Jemand hatte ein Foto von der zweiten Skulptur geschossen und es war nicht ungewöhnlich für Paul, sich im Supermarkt aufzurichten, nachdem er aus dem untersten Regal eine Dose gefischt hatte, und jemanden vorzufinden, der ihm grinsend ein Facebook-Foto von seinen Eingangsstufen mit einem Penis zeigte. Da er nicht wusste, wie genau er darauf reagieren sollte, lachte Paul leise oder rollte die Augen, um sich im Wesentlichen in bester Ach, was soll's!-Manier aus der peinlichen Situation zu manövrieren.
Natürlich drängte seine Mutter weiterhin darauf, die Vorfälle den Behörden zu melden.
Seine ältere Nachbarin bedrängte ihn mit der Befürchtung, dass dies bedeutete, dass sie vor einem Hausfriedensbruch standen. Seine Schwester, Sandy, schickte ihm mehrere Facebook-Nachrichten, in denen sie mit selbstgerechter Geringschätzung erklärte, wie beschämend die Situation für die ganze Familie war und dass es in Pauls Verantwortung lag, sie nicht eskalieren zu lassen.
Paul war nicht sicher, was er deswegen unternehmen sollte. Die ersten beiden Penisse hatte er auf Kinder geschoben, die sich von der Tatsache ablenken wollten, dass sie so früh schon ausgewachsene Schneestürme bekamen. Dieser dritte allerdings schubste ihn über die Grenze zur Verärgerung.
Am Abend nach dem dritten Penis, nachdem die kleine, alte Dame hinter dem Tresen der Bibliothek ihm ein Schneepenis-Foto gezeigt hatte, bevor sie seine Karte gescannt hatte, beschwerte sich Paul bei Gabriel, Logans Bibliothekar und Arthurs Verlobten.
»Warum nur ich?«, klagte er, als Gabriel mit ihm im Vorraum stand, während Paul seine Jacke anzog. »Es kann nicht mal was mit dem Schwulsein zu tun haben. Du und Arthur bekommt keine und Marcus oder Frankie auch nicht.«
»Wir sind zu weit draußen mitten im Nirgendwo. Falls sich irgendjemand in unserem Vorgarten herumtreiben sollte, würde Arthur ihn mit der Schrotflinte begrüßen.« Nachdenklich rieb sich Gabriel das Kinn. »Aber ja, du hast recht, wenn es um das Schwulsein gehen würde, wären Marcus und Frankie in ihrem neuen Haus Freiwild. Vielleicht haben sie Angst, einen Anwalt zur Zielscheibe zu machen, der wie ein Grizzlybär aussieht.«
Seufzend wickelte Paul einen Schal um seinen Hals. »Ich hab überlegt, eine Videokamera anzubringen, um sie zu erwischen, aber ich besitze keine. Außerdem ist es so kalt und verschneit, dass sie wahrscheinlich beschlagen oder schlicht nicht funktionieren würde.«
Gabriel schnitt eine Grimasse in Richtung des Parkplatzes, der eine Einöde aus Schneeverwehungen war. »Es ist abstrus, wie früh der Schnee dieses Jahr gekommen ist. Ehrlich gesagt, macht mir bei diesem Tempo der Januar Angst. Alle sind besorgt. Es wird nicht darüber geredet, ob es einen Stromausfall gibt, sondern wann und wie oft. Deine Schneepenis-Abenteuer sind beinahe eine komische Auflockerung.«
»Meine Nachbarin findet sie nicht komisch.«
Mit einer Handbewegung wischte Gabriel den Einwand beiseite. »Edna Michealson liebt es, sich zu beschweren. Jedes Mal, wenn ich mit dem Bücherbus unterwegs bin, muss ich eine halbe Stunde für ihren Besuch einplanen. Nicht, um über Bücher zu diskutieren, sondern um mir ihre Aufzählung der Dinge anzuhören, die sie an dem Tag wütend gemacht haben.«
Paul bereitete es kein Vergnügen, einem Vortrag seiner neunundachtzigjährigen, ehemaligen Lehrerin der vierten Klasse über unangemessene Schneeorgane zu lauschen. »Anfangs waren sie niedlich, aber genug ist genug.«
Gabriels Lippen verzogen sich zu einem durchtriebenen Grinsen, als er sich gegen die Wand neben der Garderobe lehnte. »Es macht Spaß, Arthur bei seinen Versuchen, sie nachzubauen, zu beobachten. Er hat endlich herausgefunden, dass er Wasser hinzufügen muss, aber das Verhältnis stimmt noch nicht ganz, denn am Ende hat er entweder Suppe oder Krümel. Gestern hat er einen Obelisken zustande gebracht, aber er ist in der Mitte eingebrochen, als er versucht hat, einen Hoden anzubauen.«
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