Das von der Kälte rosig angehauchte Gesichtchen Danusias strahlte vor Glück und unter ihrer Kapuze aus Wieselfellen mit ihren blauen Augen zu dem Geliebten emporschauend, antwortete sie eilig: »Und ich Dich, Zbyszko!«
Rasch senkte sie aber dann sofort wieder die Augen, denn nun wußte sie, was Liebe ist.
»Hei, Du mein süßes Schätzelein, hei. Du mein Mägdlein, hei!« rief nun Zbyszko, abermals von Glück und Rührung dermaßen übermannt, daß er nichts weiter zu sagen wußte. Allein die gütige und dabei ein wenig neugierige Fürstin kam ihm von neuem zu Hilfe.
»Erzähle ihr doch,« begann sie, »wie Du Dich nach ihr sehntest, und kommen wir in ein tiefes Waldesdickicht, kannst Du sie auf ihr Mäulchen küssen. Ich gebe Dir die Erlaubnis dazu, denn ein Kuß ist der beste Ausdruck für Deine Liebe.«
Ohne lange Umschweife zu machen, schilderte er ihr nun, wie ihn die Pflege des Ohms in Bogdaniec zurückgehalten hatte, wie er aber trotz seiner Anhänglichkeit an diesen, trotz seines Verkehrs mit den Nachbarn, von einer verzehrenden Sehnsucht nach ihr ergriffen worden war. Wenn nun aber auch der arglistige Schalk Jagienkas mit keinem Worte gedachte, wich er doch nicht von der Wahrheit ab, denn jetzt liebte er die reizende Danusia in einer Weise, daß er sie gern in die Arme genommen, sie vor sich auf das Pferd gesetzt und sie an seine Brust gedrückt hätte.
Er wagte aber nicht, dies zu thun. Sobald sie indessen die erste dichte Waldesstelle erreicht hatten, die sie, seiner Ansicht nach, vor den hinter ihnen reitenden Hofherren und Gästen verbarg, neigte er sich zu Danusia, umfaßte sie und drückte sein Gesicht tief in die Kapuze aus Wieselfellen, um in solcher Weise seine Liebe zu bethätigen.
Doch da im Winter die Haselnußstauden bekanntlich keine Blätter haben, waren Hugo de Danveld, Fulk de Lorche und alle Hofleute Zeugen seiner That.
»Vor der Fürstin hat er sie geliebkost!« sprach nun einer zu dem andern. »Sicherlich wird ihnen die hohe Frau baldigst das Hochzeitsfest ausrichten lassen müssen.«
»Ein feuriger Bursche ist er,« meinte ein zweiter, »doch in den Adern von Jurands Tochter fließt auch heißes Blut.«
»Stein und Zunder sind die beiden, wenngleich das Mägdlein wie die liebe Unschuld aussieht,« ließ sich ein dritter vernehmen. »Hegt nur keine Sorge, da wird’s Funken sprühen! Er klebt ja an ihr wie eine Klette in der menschlichen Haut!«
Alle lachten, der Kreuzritter aus Szczytno aber wandte sein Gesicht mit tückischem Blick dem Herrn de Lorche zu und fragte: »Wünschet Ihr nicht, o Herr, daß Euch irgend ein Merlin durch seine Zauberkünste in jenes Ritterlein verwandelt?«
»Und Ihr, o Herr?« entgegnete de Lorche.
Daraufhin zog der Kreuzritter, in dem sich augenscheinlich Eifersucht regte, ungeduldig den Zügel seines Pferdes fester an und rief: »Bei meiner Seele!«
Dann blickte er ängstlich forschend auf den Lothringer, fürchtete er doch, ein Lächeln auf dessen Antlitz wahrzunehmen. Ueber die Tugend der Kreuzritter herrschte keine allzu gute Meinung, und besonders Hugo de Danveld stand in ganz schlechtem Rufe. Er war vor wenigen Jahren als Gehilfe dem Vogte von Sambia zuerteilt worden. Die Klagen gegen ihn hatten sich aber derart gehäuft, daß man ihm, trotz der Strenge, mit der in Marienburg ähnliche Dinge behandelt wurden, die Führung der Burgbesatzung in Szczytno übertrug. In geheimen Aufträgen an den Hof des Fürsten Janusz entsandt, hatte er kaum die schöne Tochter Jurands erblickt, als er von der heftigsten Liebe zu ihr ergriffen ward. Da de Danveld jedoch wußte, welchem Geschlechte das Mädchen entstammte, da der Name Jurands schon allein dazu diente, die entsetzlichsten Erinnerungen in ihm wachzurufen, vermischte sich das heiße Verlangen mit einem Gefühle des wildesten Hasses.
Fulk de Lorche begann ihn aber unverweilt über die Geschehnisse auszufragen: »Ihr nanntet das schöne Jungfräulein, ›Tochter des Teufels‹!« hub er an. »Weshalb nanntet Ihr es so?«
Danveld schilderte die Begebenheit in Zlotorja, er erzählte, wie während des Wiederaufbaus der Burg der Fürst mitsamt dem Hofstaate gefangen genommen worden, wie dabei Danusias Mutter zu Grunde gegangen war, und wie von dieser Zeit an Jurand sich auf die grausamste Weise an allen Ordensrittern zu rächen suche. Vor etwa zwei Jahren war es zwischen de Danveld und Jurand zu einem Zusammenstoß gekommen, und als jener dem Schauder erregenden »Eber aus Spychow« zum ersten Male gegenüber stand, pochte ihm das Herz so, daß er zwei seiner Blutsverwandten, seine Leute und alle Beute im Stiche ließ und wie sinnlos einen ganzen Tag hindurch bis nach Szczytno floh, wo er vor Furcht lange Zeit krank darnieder lag. Nach seiner Genesung beschied ihn der Großmarschall des Ordens vor ein Rittergericht. Da aber de Danveld beteuerte, sein Pferd sei scheu geworden und sei mit ihm von dem Kampfplatze gejagt, wurde durch den Urteilsspruch zwar seine Unschuld erklärt, aber gleichzeitig ihm auch der Weg zu den höheren Aemtern des Ordens verschlossen. All diese Erlebnisse verschwieg der Kreuzritter wohlweislich dem Herrn de Lorche gegenüber, statt dessen erging er sich aber in solch schweren Klagen über Jurands Grausamkeit, sowie über die dreiste Verwegenheit des polnischen Volkes, daß der Lothringer ganz verblüfft ward.
»Wir befinden uns aber doch,« warf er nach kurzem Schweigen ein, »bei den Masuren und nicht bei den Polen?«
»Die gehören alle einem Volke an,« antwortete der Starost, »wenn sie auch unter besonderen Fürsten stehen. Und alle gleichen sich in ihrer Ehrlosigkeit, alle gleichen sich in ihrem Hasse gegen die Ordensbrüder. Gott gebe, daß das deutsche Schwert den ganzen Stamm vertilge.«
»Ihr sprecht wahr und gerecht, o Herr! Denn wie konnte dieser Fürst, dessen ganze Erscheinung doch einen so wohlthuenden Eindruck macht, es wagen, auf Eurem Grund und Boden eine Burg gegen Euch zu errichten. Von einem solchen Unding habe ich selbst unter den Heiden niemals gehört.«
»Die Burg errichtete er wohl gegen uns, allein Zlotorja liegt auf seinem, nicht auf unserem Gebiete.«
»Lob und Preis sei Christus dafür, daß er Euch den Sieg verliehen hat. Doch wie endigte der Krieg?«
»Einen Kriegszug hatten wir damals nicht unternommen.«
»Und Euer Sieg bei Zlotorja?«
»Gott erwies uns eine ganz besondere Gnade. Der Fürst hatte keine Mannen um sich gesammelt. Nur die Hofleute und die Frauen waren in der Burg.«
Voll Staunen vernahm de Lorche diese Rede, doch er vermochte nichts mehr zu sagen, weil die ganze Jagdgesellschaft auf einem großen, ausgerodeten, mit Gestrüpp und Schnee bedeckten Platze angelangt war, auf welchem der Fürst vom Pferde stieg und alle andern seinem Beispiel folgten.
Fünftes Kapitel.
Die erfahrenen Forstleute ordneten unter der Leitung des Oberjägermeisters die Jäger in eine lange Reihe am Waldessaume, so daß sie, selbst halb versteckt, vor sich einen weiten, freien Raum hatten, wodurch ihnen die Handhabung der Armbrust und des Bogens erleichtert wurde. Die zwei Schmalseiten des Platzes waren mit Netzen bespannt, hinter welchen sich im Walde die Leute bargen, denen es oblag, die Tiere den Schützen zuzutreiben, oder wenn ihnen dies nicht gelang und die Tiere sich in den Netzen verwickelten, diese mit dem Speere zu töten. Die unzähligen Scharen von Kurpen, die in СКАЧАТЬ