Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz
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СКАЧАТЬ liebes Mägdlein! Gott lohne Dir dafür! Und hatte Dein Vater nichts dagegen einzuwenden?«

      »Was hatte er nicht alles dagegen einzuwenden! Anfangs wollte er es nicht gestatten, aber als ich ihn kniefällig darum bat, ließ er mich gewähren. Mit dem Väterchen hat man niemals einen schweren Stand, doch als der Abt davon erfuhr, schimpfte und wetterte er, und wir verlebten einen trüben Tag. Erst am Abend erbarmte sich der Abt meiner Thränen, und er schenkte mir sogar einen Rosenkranz. Aber ich leide gern, wenn ich nur Zbyszko ein größeres Gefolge verschaffen kann.«

      »So wahr ich Gott liebe, ich weiß nicht, ob ich ihm mehr zugethan bin oder Dir, aber er wird ohnedies ein ansehnliches Gefolge mit sich führen – und Geld habe ich ihm auch gegeben, obgleich er es nicht zugeben wollte. Nun, Masovien liegt ja nicht hinter den Bergen.«

      Das Gespräch wurde durch Hundegebell, laute Rufe und Hörnerschall unterbrochen. Als sie dies hörte, sagte Jagienka: »Da kommt der Abt mit meinem Vater von der Jagd zurück. Gehen wir in die Vorhalle, denn es ist besser, wenn Euch der Abt zuerst von weitem als ganz unvermutet im Zimmer sieht.«

      So sprechend geleitete sie Macko in die Vorhalle, von der aus sie dann im Hofe einen Troß von Menschen, auch viele Pferde und Hunde erblickten und die auf der Jagd erlegten Elentiere und Wölfe auf dem Schnee liegen sahen. Der Abt, welcher Macko schon erschaut hatte, bevor er noch vom Pferde gestiegen war, faßte nach dem Jagdspieß an seiner Seite, aber nicht um Gebrauch von dieser Waffe zu machen, sondern um auf diese Weise unverhohlen seinem Haß gegen die Bewohner von Bogdaniec an den Tag zu legen. Doch Macko schwenkte seine Mütze, wie wenn er gar nichts wahrnehme, und Jagienka bemerkte in der That nichts, da sie voll Verwunderung ihre beiden Freier unter dem Gefolge gewahrte.

      »Cztan und Wilk!« rief sie aus. »Sie müssen mit dem Vater im Walde zusammengetroffen sein.«

      Bei ihrem Anblick war es Macko, als ob die alte Wunde von neuem schmerze. Der Gedanke schoß ihm plötzlich durch den Kopf, einer von ihnen könne Jagienka, und als ihre Morgengabe Moczydoly, sowie des Abtes Gut, Wälder und Geld erhalten. Kummer und Aerger überkamen ihn, zumal jetzt etwas Neues seine Aufmerksamkeit fesselte. Obwohl Wilks Vater erst vor kurzem von dem Abte zum Kampfe herausgefordert worden war, sprang der junge Kämpe jetzt herbei, um letzterem vom Pferde zu helfen und der Abt stützte sich mit sichtlichem Wohlgefallen auf Wilks Schulter.

      »Vielleicht hat sich der Abt mit dem alten Wilk dadurch ausgesöhnt, daß er dem Mädchen die Wälder und sein Gut als Brautschatz mitgiebt,« dachte Macko.

      Aus diesen unangenehmen Gedanken riß ihn die Stimme Jagienkas, welche in demselben Augenblick sagte: »Die Wunden, welche Zbyszko ihnen schlug, sind jetzt wieder geheilt, aber wenn sie auch jeden Tag hierherkommen, für mich sind sie nicht vorhanden!«

      Macko blickte sie an – das Gesicht des jungen Mädchens war von Zorn gerötet, und ihre blauen Augen funkelten vor Unwillen, obschon ihr wohl bekannt war, daß Wilk und Cztan nur um ihretwillen jenen Angriff in der Schenke gemacht hatten und um ihretwillen verwundet worden waren.

      Doch Macko sagte: »Du wirst thun, was der Abt Dich heißt!«

      Und sie entgegnete: »Der Abt thut, was ich will.«

      »Lieber Gott,« dachte Macko, »und solch ein Mädchen wird von dem dummen Zbyszko verschmäht!«

      Zweites Kapitel.

      Inhaltsverzeichnis

      Der dumme Zbyszko hatte Bogdaniec in der That mit schwerem Herzen verlassen. Zuvörderst war ihm nicht wohl zu Mute ohne den Oheim, von dem er seit Jahren nicht getrennt gewesen und an den er so gewöhnt war, daß er jetzt gar nicht wußte, wie er sich auf seiner Kriegsfahrt ohne ihn behelfen solle. Dann ging ihm auch die Trennung von Jagienka nahe, denn obgleich er sich selbst sagte, daß er nun zu Danusia kommen werde, die er von ganzer Seele liebte, hatte er sich doch immer so glücklich bei Jagienka gefühlt, daß er jetzt erst empfand, welchen Frohsinn sie um sich her verbreitete, wie öde und leer ihm alles vorkam ohne sie. Er wunderte sich selbst über seinen Kummer, er fühlte sich sogar deshalb beunruhigt. Wenn er sich nach Jagienka gesehnt hatte, wie ein Bruder nach seiner Schwester, wäre es kein Unrecht gewesen. Er fühlte jedoch, daß ihn darnach verlangte, sie zu umfassen und auf das Pferd zu heben oder sie vom Sattel herabzunehmen, um sie durch den Bach zu tragen, daß ihn darnach verlangte, ihr das Wasser aus den Zöpfen zu winden, mit ihr durch die Wälder zu streifen, sie anzuschauen und mit ihr zu plaudern. Die Gewohnheit wirkte dabei so mächtig, und all diese Erlebnisse waren ihm eine solche Wonne gewesen, daß er sich jetzt vollständig in der Erinnerung verlor. Auch vergaß er ganz, daß er sich auf dem Weg nach Masovien befand, dagegen stand ihm fortwährend der Moment vor Augen. da Jagienka ihm im Walde zu Hilfe gekommen war, als er mit dem Bären gerungen hatte. Ihn dünkte, dies sei erst gestern gewesen, und erst gestern sei es gewesen, daß sie zur Biberjagd an den Ostapange-See gingen, damals hatte er ja nicht bemerkt, wie sie sich des Bibers wegen mutwillig in Gefahr begab, jetzt aber dünkte ihn, daß er sie vor sich sehe – und wieder überkam ihn ein Zittern, gerade wie vor einigen Wochen, als Jagienkas Gewand im Winde flatterte. Dann gedachte er auch des Tages, da sie sich prächtig gekleidet zur Kirche nach Krzesnia begeben hatte, er erinnerte sich, wie er sich gewundert hatte, daß solch ein Mädchen, das ihm anfangs so einfach erschienen war, jetzt gleich einem Hoffräulein aus vornehmem Geschlechte daherritt. All dies bewirkte, daß ein eigentümlicher Schwindel ihn erfaßte, daß ein seliges Wonnegefühl, Trauer und Verlangen sein Herz erfüllten, und während er noch darüber nachsann, daß sie vollständig in seiner Gewalt gewesen war, während er darüber nachsann, wie sie sich zu ihm hingezogen gefühlt, wie sie ihm in die Augen geblickt hatte, und wie sie ihm vollständig zu eigen gewesen war, konnte er kaum auf dem Pferde bleiben. »Wenn ich sie jetzt irgendwo träfe und wenigstens Abschied nehmen und sie mit meinen Armen umfassen könnte, würde mir leichter ums Herz werden,« sagte er sich, aber alsbald empfand er auch, daß er sich täusche, denn schon bei dem Gedanken an einen derartigen Abschied lief es wie Feuer durch seine Adern, obwohl die Nacht kalt war.

      Schließlich erschrak er über seine eigenen verwegenen Gedanken, und er suchte sie von sich abzuschütteln, wie man Schneeflocken vom Mantel schüttelt. »Zu Danusia begebe ich mich ja, zu meiner geliebten Herrin!« sagte er sich.

      Und zugleich erkannte er, daß dies eine andere Liebe war, eine ruhigere Liebe, die weniger sein ganzes Sein und Wesen durchdrang. Allmählich, je mehr seine Füße in den Steigbügeln erstarrten und der rauhe Wind ihm das Blut kühlte, wendeten sich seine Gedanken Danusia zu, ihr – ja ihr war er in der That Dank schuldig. Wäre sie nicht gewesen, so hätte ja sein Haupt auf dem Markte zu Krakau fallen müssen, da sie in Gegenwart der Ritter und Bürger ausrief: »Mein bist Du!« entriß sie ihn den Händen des Henkers, und seitdem gehörte er ihr an, wie der Sklave seinem Herrn. Nicht er hatte sie erwählt, sondern sie hatte ihn erkoren, daran konnte selbst Jurand nichts ändern. Sie allein hätte ihn verabschieden können, wie die Herrin den Diener verabschieden kann, gleichwohl hätte er sie aber auch dann nicht verlassen, weil ihn sein eigenes Gelübde band. Auch wußte er, sie werde ihn nicht von sich scheuchen, sondern eher den masovischen Hof verlassen und ihm folgen bis ans Ende der Welt. Und während er darüber nachsann, verherrlichte er sie unwillkürlich in seinem Innern, Jagienkas Bild hingegen ward in den Hintergrund gedrängt, als ob es ausschließlich ihre Schuld gewesen wäre, daß ihn zuweilen ein süßes Verlangen nach ihr überkam, und daß sein Herz sich im Zwiespalt befand. Daß Jagienka den alten Macko geheilt hatte, daß ohne ihr Dazwischenkommen der Bär ihm selbst in jener Nacht vielleicht die Haut vom Leibe gerissen hätte, kam ihm jetzt gar nicht in den Sinn. Absichtlich redete er sich in einen gewissen Zorn gegen Jagienka hinein, weil er meinte, daß er sich auf diese Weise Danusia gegenüber verdient mache, und weil er sich in seinen eigenen Augen rechtfertigen wollte.

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