Название: Mann und Weib
Автор: Уилки Коллинз
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Als er durch die Vorhalle ging, hielt er einen ihm begegnenden Diener an, um nach Blanche zu fragen.
»Fräulein Blanche hat sich mit ihrer Kammerjungfer in ihrem Zimmer eingeschlossen.
Eingeschlossen? dachte Sir Patrick, das ist ein schlimmes Zeichen, da werde ich noch mehr zu hören bekommen!
Während er noch darüber nachdachte, fiel ihm ein, daß er zunächst die Gäste des Hauses aufzusuchen habe. Ein sicherer Instinkt leitete ihn nach dem Billardzimmer. Hier fand er die Gäste zu einem feierlichen Conseil versammelt und in der Berathung darüber begriffen, was sie anfangen sollten. In zwei Minuten hatte Sir Patrick sie wieder in gute Stimmung versetzt: »Was meinen Sie zu einer Jagdpartie für morgen, meine Herren?« fragte er.
Alle Anwesenden, gleichviel ob Jäger oder nicht, erklärten sich zustimmig.
»Sie können«, fuhr Sir Patrick fort, »von hier oder von einem zu Windygates gehörigen Jagdschlößchen abfahren, das jenseits der Haide im Walde liegt. Das Wetter sieht für Schottland ziemlich sicher aus und wir haben Pferde genug im Stall. Es wird Ihnen nicht verborgen geblieben sein, meine Herren, daß unerwartete Dinge sich im Hause meiner Schwägerin zugetragen haben. Sie bleiben natürlich Lady Lundie’s Gäste, gleichviel, ob Sie hier oder im Jagdschlößen wohnen. Treffen Sie also Ihre Wahl. Was ziehen Sie für die nächsten vierundzwanzig Stunden vor: Das Haus oder das Schlößchen?«
Alle ohne Ausnahme, auch die an Rheumatismus Leidenden nicht ausgenommen, antworteten wie aus einem Munde: »Das Jagdschlößchen.«
»Sehr gut«, fuhr Sir Patrick fort, »lassen Sie uns feststellen, daß wir heute Abend nach dem Jagdschlößchen hinüberreiten und die Jagd auf der Haide morgen in aller Frühe versuchen. Wenn die Zustände im Hause es mir gestatten, werde ich mir ein besonderes Vergnügen daraus machen, Sie zu begleiten, sollte es mir aber unmöglich sein, so wollen sie mich heute Abend entschuldigen und es mir nicht übel nehmen, wenn ich mich von Lady Lundie’s Verwalter vertreten lasse.«
Allgemeine Zustimmung.
Sir Patrick überließ die Gäste ihrem Billardspiel und ging nach dem Stall, um die nöthigen Anordnungen zu treffen.
Inzwischen verhielt Blanche sich in den oberen Räumen des Hauses unheimlich ruhig, während Lady Lundie in den unteren Räumen ihre Untersuchung fortsetzte. Nach Jonathan, dem letzten männlichen Dienstboten im Hause, kam die Reihe an den Kutscher den ersten männlichen Dienstboten außer dem Hause, und so fort bis hinunter zu dem Stalljungen. Da das Verhör der männlichen Dienstboten nicht den mindesten Erfolg hatte, ging Lady Lundie ohne Weiteres zu dem Verhör der weiblichen Dienstboten über. Sie klingelte und ließ die Köchin Hester Dethridge kommen. Eine sehr eigenthümliche Person trat in’s Zimmer. Aeltlich, und gemessen, äußerst sauber und respectabel in ihrer Erscheinung, das graue Haar glatt unter der weißen Haube zurück gestrichen, mit tief eingesunkenen Augen, eine Person, die beim ersten Anblick den Eindruck großer Vertrauenswürdigkeit machte, der man aber bei genauerer Betrachtung ansah, daß das Geheimniß schrecklicher Leiden auf ihr laste; diesen Eindruck empfing man aus dem unerschütterlich starren Blick, den man allmälig gewahr wurde, aus der todesähnlichen Ruhe, die sie nicht einen Augenblick verließ. Ihre Lebensgeschichte war, soweit man sie kannte, sehr traurig. In Lady Lundie’s Dienst war sie zu der Zeit, als Erstere sich mit Sir Thomas verheirathete, getreten; das ihr vom Pfarrer ihres Dorfes ertheilte Zeugniß besagte, daß sie an einen unverbesserlichen Trunkenbold verheirathet gewesen sei und daß sie, so lange derselbe gelebt, furchtbar von ihm zu leiden gehabt habe. Es hatte selbst jetzt, wo sie Wittwe war, sein Bedenkliches, sie in Dienst zu nehmen! Bei einer der vielen Gelegenheiten, wo sie von ihrem Manne körperlich mißhandelt worden war, hatte er ihr einen Schlag versetzt, der von sehr verhängnisvoller Wirkung auf ihr Nervensystem werden sollte. Wochenlang hatte sie bewußtlos dagelegen und war, als sie sich wieder erholte, der Sprache völlig beraubt gewesen; dazu kam, daß sie zuweilen ein sehr sonderbares Wesen hatte und daß sie bei der Annahme eines Dienstes es zur ausdrücklichen Bedingung machte, in einem Zimmer allein zu schlafen. Dagegen sprach es sehr zu ihren Gunsten, daß sie mäßig, höchst rechtlich und eine der besten Köchinnen in England war. Diese letztere Eigenschaft hatte Sir Thomas bestimmt, den Versuch mit ihr zu machen und er fand auch, daß er niemals in seinem Leben so gut gegessen habe, als seit dem Tage, wo Hester Dethridge die Leitung seiner Küche übernommen hatte. Nach seinem Tode blieb sie im Dienst seiner Wittwe. Lady Lundie war weit entfernt, ihre Köchin gern zu haben, man konnte sich eines unangenehmen Argwohns gegen diese Person nicht erwehren, über den sich Sir Thomas hinweggesetzt hatte, gegen den aber Alle, die für die Wichtigkeit eines guten Diners weniger empfänglich waren, als Sir Thomas, sieh unmöglich gleichgültig verhalten konnten. Die über den Zustand Hester’s consultirten Aerzte erklärten, daß sie sich durch gewisse physiologosche Erscheinungen zu der Annahme berechtigt glauben, saß die Person ihre Stummheit nur aus Gründen, sie selbst am besten wissen müsse, simulire; sie weigerte sich hartnäckig, das Alphabet der Taubstummen zu erlernen, weil sie, wie sie erklärte, wohl stumm, aber nicht taub sei. Man versuchte es, sie, da sie unzweifelhaft hörte, durch List dahin zu bringen, sich ihrer Sprache zu bedienen; aber umsonst! Man bemühte sich auch, ihr Antworten auf Fragen in Betreff ihrer Vergangenheit zu Lebzeiten ihres Mannes zu entlocken, aber sie weigerte sich ein für allemal, darüber Rede zu stehen. Von Zeit zu Zeit wurde sie von einem sonderbaren Drang ergriffen, sich einen freien Tag außerhalb des Hauses zu machen; wurde ihr die Erlaubniß dazu versagt, so weigerte sie sich, irgend etwas im Hause zu thun; drohte man ihr dann mit Entlassung, so verneigte sie sich mit einer Miene, die zu sagen schien: »Kündigen Sie mir, wenn es Ihnen beliebt, und ich gehe.« Zu wiederholten Malen hatte Lady Lundie sich begreiflicher Weise schon vorgenommen, eine solche Person nicht im Hause zu behalten, aber sie hatte diesen Entschluß bis jetzt nicht zur Ausführung gebracht. Eine Köchin, die eine vollkommene Meisterin in ihrer Kunst ist, die keinen Nebenverdienst sucht, die nichts vergeudet, die niemals in Streit mit den übrigen Dienstboten geräth, die nichts Anderes als Thee trinkt, der man ungezählt Summen Geldes anvertrauen kann, ist nicht leicht zu ersetzen. Wir Alle lassen uns in dieser Welt von Personen und Dingen vielerlei gefallen und so ließ sich auch Lady Lundie viel von ihrer Köchin gefallen. Hester Dethridge lebte so zu sagen, am Rande der Entlassung, hatte aber bis jetzt noch immer ihren Platz behauptet, ihre freien Tage bekommen, wenn sie darum gebeten hatte, was übrigens nicht oft vorkam und hatte, wohin sie auch mit der Familie reisen mochte, immer in einem verschlossenen Zimmer allein geschlafen.
Hester Dethridge näherte sich langsam dem Tisch, an welchem Lady Lundie saß; am Gürtel ihres Kleides hatte sie eine Schiefertafel mit einem Griffel hängen, deren sie sich bediente um solche Antworten zu ertheilen, die sie nicht durch eine Handbewegung oder ein einfaches Nicken oder Schütteln des Kopfes auszudrücken vermochte. Sie nahm Tafel und Griffel in die Hand und wartete mit steinerner Ergebenheit auf die Fragen ihrer Herrin. Lady Lundie eröffnete das Verhör mit der Eingangsfrage der sie sich bei allen übrigen Dienstboten bedient hatte: »Wissen Sie, daß Miß Silvester das Haus verlassen hat?« Die Köchin nickte mit dem Kopfe.
»Wissen Sie, wann das geschehen ist?«
Die Köchin nickte abermals und dass war die erste bejahende Antwort, die Lady Lundie erhalten hatte. Eifrig ging sie zur nächsten Frage über. Haben Sie Miß Silvester gesehen, als sie das Haus verließ?
Die Köchin nickte zum dritten Male.
»Und wo?«
Hester Dethridge schrieb langsam, in für eine Person ihres Standes merkwürdig festen und regelmäßigen Schriftzügen auf die Tafel die Worte: »Auf dem Wege der zur Eisenbahn führt, in der Nähe des Pachthofes der Mrs. Chew!«
»Was hatten Sie auf dem Pachthofe zu thun?«
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