Название: Das Frühlicht
Автор: Henri Barbusse
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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– Das war gefährlich!
– Freilich war das gefährlich. Aber ich hab mich plötzlich dazu entschlossen, ohne weitere Ueberlegung, ich wollte es gar nicht überlegen, so sehr blendete mich der Gedanke, dass ich die Meinen sehn sollte. Und wenn ich nachher auch erschossen würde, meinetwegen: für nichts hast du nichts. Das ist die Geschichte von Angebot und der Nachfrage, nicht? – Gegangen ist die Sache wie geschmiert. Das einzig Schwierige war, eine Mütze zu finden, weisst, ich hab einen dicken Schädel. Aber auch das haben sie gedeichselt; sie haben mir schliesslich einen Flohsack ausfindig gemacht, der mir passte. Ich hatte grad dem Caron seine deutschen Stiefel, das weisst du ja. So sind wir rüber in die deutschen Gräben (die übrigens den unsern verdammt ähnlich sehn) mit den deutschen Kameraden, die mir sagten, ich soll nur keine Angst haben, und zwar gut französisch – so'n gutes Französisch, wie ich red. – Kein einziges Hindernis, nichts. Der Hinweg ist glatt abgelaufen. Alles hat sich so leicht und einfach abgewickelt, dass ich ganz vergessen hatte, dass ich nur ein geschminkter Deutscher war. Abends sind wir in Lens angekommen. Ich weiss noch, dass ich an la Perche vorbei in der rue du Quatorze-Juillet eingebogen bin. Die Leute hab ich in der Stadt rumgondeln sehn wie in unsern Quartieren. Erkannt hab niemand, es war zu dunkel; auch mich hat keiner erkannt, auch weil's zu dunkel war und auch weil keiner an so 'ne Geschichte dachte . . . Finster war's, dass man 's Aug mit dem Finger nicht mehr fand, als ich in den Garten meiner Eltern gekommen bin. – Das Herz pochte mir; gezittert hab ich am ganzen Leib, wie wenn ich nur 'n Herz gewesen wäre. Zurückhalten hab ich mich müssen, sonst wär ich vor Lachen geplatzt und noch auf französisch dazu, so glücklich war ich, so gerührt. Der deutsche Kamerad sagte dann zu mir; »Jetzt gehst du einmal und dann noch einmal an der Tür und am Fenster vorbei, und schaust hinein, aber ohne dir was anmerken zu lassen . . . Pass auf.« Dann hab ich mich zusammengenommen, hab die Aufregung hinuntergeschluckt mit einem Ruck. Ein feiner Mensch war's schon, der Kerl, er wär nämlich elend reingeflogen, wenn ich mich ertappen liess! – Weisst du, bei uns wie im ganzen Pas-de-Calais sind die Eingangstüren alle zweiteilig; der untere Teil bis zur Hälfte ist eine Art Gitter und oben ist es wie so 'n Laden. So kann man die untere Hälfte schliessen und ist halb draussen, halb drin. Der Laden nun, der stand offen, und im Wohnzimmer, das als Esszimmer und zugleich als Küche dient, war Licht und man hörte Stimmen. Nun geh ich vorbei und streck den Hals nach der Seite. Da sah ich helle und rosigbeschienene Männer- und Frauenköpfe um den runden Tisch, auf dem die Lampe stand. Da hab ich sie direkt angeschaut, die Clotilde. Ich hab sie gut gesehn. Sie sass zwischen zwei Kerlen, Unteroffizieren, so viel ich weiss, und die sprachen mit ihr. Und weisst du, was sie tat? Nichts; sie lächelte, neigte ganz lieb ihr Gesicht mit ihrer leichten, blonden Haareinfassung, auf die die Lampe einen goldigen Schein legte. – Sie lächelte. Sie war zufrieden. Sie schien sich wohl zu fühlen neben diesen deutschen betressten Kerlen, an der Lampe und dem Feuer, das mir seine Wärme entgegenhauchte und das ich wieder erkannte. Dann bin ich vorübergegangen, hab mich umgedreht und bin nochmal durchgegangen, und hab sie wiedergesehen mit dem gleichen Lächeln. Und zwar war's kein erzwungenes Lächeln, mit dem man bezahlt, nein, ein ehrliches Lächeln, das aus ihrem Innersten kam und das sie selbst hergab. Und während den beiden, blitzkurzen Augenblicken, die ich hineingeschaut habe, hab ich auch mein kleines Mädchen sehen können, wie sie gerade einem dicken betressten Kerl die Hände reichte und versuchte, ihm auf die Knie zu klettern und daneben hab ich noch jemand erkannt, nun, wer war's doch gleich? Ja, es war Madeleine Vandaërt, dem Vandaërt seine Frau; ein Kamerad von mir vom 19ten, der an der Marne, bei Montyon, gefallen ist. – Sie wusste, dass er gefallen war, sie war nämlich in Trauer. Und sie, sie lachte und lachte fest, sag ich dir . . . und guckte den einen und den andern an mit 'nem Aussehn, als wollte sie sagen: »Wie glücklich bin ich hier!« – Ach ja! Ich aber bin raus und an die Kameraden gerannt, die draussen auf mich warteten und mich zurückführen sollten. Wie ich zurückgekommen bin, könnt ich nicht sagen. Ich war wie geschlagen. Gestolpert bin ich beim Gehn wie 'n Gehetzter. Und es hätte mich keiner anscheissen sollen in dem Moment! Laut herausgebrüllt hätte ich; Skandal hätt ich gemacht, um mich erschiessen zu lassen, dass es mit dem Schweineleben ein End hätte. Verstehst du? Gelächelt hat sie, meine Frau, meine Clotilde, an diesem Kriegstage! Also genügt es, dass man eine zeitlang fort ist und man kommt einfach nicht mehr in Betracht. Du schiebst ab von zu Hause in den Krieg und alles scheint unterzugehn; und während du's glaubst, so gewöhnt man sich an deine Abwesenheit und allmählich ist es, als ob du überhaupt nicht existiertest; man kommt ohne dich aus und ist glücklich wie vorher und lächelt. Gottver . . .! ich red nicht von der andern Schickse, die laut lachte, aber meine Clotilde, die Meinige, die grad in dem Augenblick, wo ich zufällig dazukam, grad in dem Augenblick sich nicht schlecht um mich futierte; da kannst du sagen, was du willst. – Wenn sie schliesslich noch mit Freunden oder Verwandten zusammen gewesen wäre; aber nein, gerade mit deutschen Unteroffizieren! Das musst du doch selber sagen, das war doch zum Hineinspringen ins Zimmer, ihr ein Paar rechts und links runterhauen und der andern Schneppe in Trauer den Hals drehn! – Jawohl, ich hab auch einen Augenblick dran gedacht. Ich weiss schon, dass ich zu weit ging . . . aber, was willst du, ich war eben ausser mir. – Weisst du, ich will nicht mehr sagen, als ich meine. Sie ist ein gutes Mädel, die Clotilde. Ich kenn sie schon und hab Zutrauen zu ihr. Das ist mal sicher, weisst du: wenn ich was abkrieg, weint sie sich mal vorerst alle Tränen aus dem Leib. Ich weiss ja schon, sie weiss, dass ich lebe, aber darum handelt es sich gar nicht. Nur dass sie einfach glücklich ist und zufrieden und aufgeht, sobald sie ein gutes Feuer, eine gute Lampe und Gesellschaft hat, ob ich nun da bin oder nicht . . .
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