Teverino. Жорж Санд
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Название: Teverino

Автор: Жорж Санд

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ style="font-size:15px;">      »Verzeihung, Verzeihung, Madame. Sie haben mich einen spitzfindigen, bewundrungswürdigen Doktor geheißen, Sie haben mich mit dem Rechte bekleidet, Sie zu heilen, und wär’ es auch nur für einen Tag . . .«

      »Mich zu heilen, indem Sie mir Vergnügen schaffen, und was Sie mir sagen wollen, wird mich langweilen, ich weiß es.«

      »Leere Ausflucht einer Schamhaftigkeit, die ein zärtlicher Liebhaber reizend fände, Ihr gestrenger Arzt aber höchst kindisch findet.«

      »Wohlan, ich ziehe vor, wenn Sie spröde und grob sind. So reden Sie denn.«

      »Der Mangel an Liebe verbittert Sie, Ihre Langeweile ist Sehnsucht nach dem Leben und nicht Lebensüberdruß, Ihr übertriebener Stolz verräth eine unglaubliche Schwäche. Sie müssen lieben, Sabina.«

      »Sie sprechen vom Lieben, als ob es so leicht wäre, wie ein Glas Wasser zu trinken. Ist es mein Fehler, wenn Niemand mir gefällt?«

      »Allerdings ist es Ihr Fehler! Ihr Geist hat eine üble Richtung genommen, Ihr Charakter sich verbittert, Sie haben Ihrer Eigenliebe geschmeichelt und achten sich fortan so hoch, daß Ihnen Niemand Ihrer würdig erscheint. Sie finden, ich sage Ihnen tüchtige Derbheiten, nicht wahr? Würden Sie etwa Fadheiten vorziehen?«

      »O! ich finde Sie heute im Gegentheil allerliebst!« rief Lady G . . ., über deren Gesicht dennoch etwas Unmuth geflogen, lachend. »Wohlan denn, hören Sie meine Rechtfertigung und nennen Sie mir Jemand, der mir Unrecht gebe. Ich finde alle Menschen, welche die Gesellschaft mit mir in Berührung bringt, entweder eitel und dumm, oder verständig und kalt wie Eis. Die Einen bemitleide, die Andern fürchte ich.«

      »Sie haben nicht Unrecht. Warum suchen Sie nicht außerhalb der Gesellschaft?«

      »Kann denn eine Frau suchen? Pfui doch!«

      »Man kann ja bisweilen spazieren, antreffen und nicht zu sehr fliehen.«

      »Nein, man kann nicht außerhalb der Gesellschaft spazieren, die Gesellschaft folgt uns überall, wenn man zur großen Welt gehört. Und dann, wer ist außerhalb dieser Welt? Bürger, eine gemeine und unverschämte Race; Pöbel, eine viehische und schmutzige Race; Künstler, eine ehrgeizige und höchst selbstsüchtige Race. All dies ist nicht besser als wir, Leonce. Und dann, wenn ich doch beichten soll, will ich Ihnen sagen, daß ich ein wenig an die Vortrefflichkeit unsers Patriezierblutes glaube. Wenn nicht Alles am Menschengeschlechte ausgeartet und verdorben wäre, so könnte man da noch hoffen, erhabene Typen und auserlesene Naturen zu finden. Ich glaube, daß die Zukunft Umgestaltungen bringen wird, aber jetzt sehe ich noch das Siegel der Knechtschaft auf allen diesen erst freigewordenen Stirnen. Ich hasse, verachte und fürchte sie nicht, diese Race, die, wie man sagt, uns verjagen wird; ich gebe meine Einwilligung dazu. Ich könnte Achtung, Ehrfurcht und Freundschaft für gewisse Plebejer fühlen; allein meine Liebe ist eine zarte Blume, die nicht im ersten, besten Erdreich gedeiht; ich habe Marquisenerven; ich werde mich nie ändern und nie umbilden lassen. Je mehr ich der künftigen Gleichheit Anerkennung verschaffe, desto weniger fühle ich mich fähig, zu lieben und zu hätscheln, was die Ungleichheit in der Vergangenheit befleckt hat . . .

      »Das ist meine ganze Theorie, Leonce; Sie haben daher keinen Grund, mir zu predigen. Soll ich barmherzige Schwester werden? Nichts lieber, als meine Abneigung gegen die Barmherzigkeit überwinden, Sie wollen aber, daß ich das Glück der Liebe da suche, wo ich nur Opfer zu bringen habe und Buße üben sehe!«

      »Ich werde Ihnen Nichts vorpredigen, Sabine; ich bin weder mehr noch weniger als Sie Werth; nur glaube ich, wärmere Neigungen als Sie und ein heißeres Verlangen nach Menschenwürde zu haben, und diese ächte Glut ist über mich gekommen, als ich mich Künstler fühlte. Von jenem Tage an ist mir das Menschengeschlecht nicht als in verschiedene Kasten getheilt, sondern mit erhabenen Typen durchsät, erschienen. Ich halte daher die Gewohnheit nicht für so einflußreich auf die Seelen, die göttliche Macht nicht für so zerstörerisch, daß sie die Nachkommenschaft der Sklaven auf immer mit Elend schlagen kann. Wenn es Gott gefällt, daß die Fornarina schön ist und Raphael Genie hat, so lieben sie sich, ohne nach dem Namen ihrer Vorfahren zu fragen. Schönheit der Seele und des Körpers, das ist edel und achtungswerth, und wenn auch der wilde Rosenstrauch aus Brombeerstauden hervorgewachsen ist, so ist seine Blume nicht desto weniger wohlriechend und lieblich.«

      »Ja, aber um ihren Duft einzuathmen, müssen Sie sich in dem wilden Gestrüpp zerreißen. Und dann, Leonce, können wir ideale Schönheit nicht gleicherweise auffassen: Sie sind ein Mann und Künstler, das heißt, Sie haben ein zugleich materielleres und überspannteres Gefühl der Form; Ihre Kunst ist materialistisch. Sie ist der göttliche Raphael, welcher in die kräftige Fornarina verliebt ist. Nun ja, auch die Geliebte des Titian scheint mir ein schönes, dickes, sinnliches, keineswegs idealisches Weib. Wir Andern, wir Patrizierinnen, wir begreifen nicht . . . Doch, großer Gott! da kommt uns eine Equipage entgegen, die ganz der der Marquise gleicht!«

      »Und sie ist es selbst, mit dem jungen Doktor!«

      »Sehn Sie, Leonce, dieß ist eine Frau, die leichter zu befriedigen ist, als ich! Wir ertappen sie auf einer Intrigue. Sie gab sich für krank aus und da spaziert sie nun mit . . .«

      »Mit ihrem Arzte, wie Sie mit dem Ihrigen, Madame. Sie macht sich Vergnügen auf ärztlichen Befehl hin.«

      »Ja, aber Sie sind nur der Arzt meiner Seele . . .«

      »Sie sind grausam, Sabina! wie wissen Sie, daß dieser schöne junge Mann sich nicht vielmehr an ihr Herz als an ihre Sinne wendet? . . . Und wenn sie eben so übel von Ihnen dächte, wäre sie nicht höchst ungerecht, weil ich, der ich mit Ihnen unter vier Augen bin, mich weder an Ihr Herz wende, noch . . .«

      »Gerechter Himmel! Leonce, Sie erinnern mich daran. Sie ist boshaft, sie muß sich durch das Beispiel Anderer rechtfertigen . . . sie wird an uns vorüberkommen. Sie ist dreist; statt sich zu verbergen, wird sie uns beobachten, mich erkennen . . . es ist vielleicht schon geschehn.«

      »Nein, Madame,« antwortete Leonce, »Ihr Schleier schützt Sie, und noch ist die Marquise nicht nah; überdieß . . . Den Weg zur Linken, nach St. Apollinaire, eingeschlagen!« rief er dem Jockey zu, der ihm als Kutscher diente und rasch und entschlossen die Pferde lenkte.

      Die Wurst bog in einen schattigen Hohlweg ein und mehrere Minuten nachher fuhr die Kalesche der Marquise auf der Landstraße vorüber.

      »Sie sehen, Madame,« sagte Leonce, »daß die Vorsehung heute über Sie wacht und in mir zu Fleisch geworden ist. Man kann oft lange in diesen Bergen kreuzen, ohne einen für den Wagen fahrbaren Nebenweg zu finden, und da hat sich im Augenblick, als Sie zu fliehen wünschten, ein solcher wie durch ein Wunder aufgethan.«

      »Das ist in der That so wunderbar,« antwortete Lady G*** lächelnd, »daß ich zu glauben versucht werde, Sie haben denselben vermittelst einer Zauberruthe geöffnet und gebahnt. Ja, da waltet ein Zauber ob! Welch schöne blühende Hecken und welch herrliche Schatten! Ich bewundere Sie, wie Sie an Alles denken konnten, selbst an das, uns hier Blumen und Schatten zu geben, was uns an der Bergeshalde mangelte. Diese hundertjährigen Kastanienbäume, die Sie hierher verpflanzt, sind prachtvoll. Man sieht wohl, Leonce, daß Sie ein großer Künstler sind und Nichts nur halb schaffen können.«

      »Sie sagen ja allerliebste Dinge, Sabina. Aber Sie sind blaß wie der Tod! Welche Furcht Sie doch vor Andrer Meinung haben! wie konnte dieses Zusammentreffen und diese Gefahr eines Argwohns Ihnen solches Entsetzen verursachen? Ich hätte nie geahnt, daß eine so starke und so stolze Person so schüchtern sein könnte!«

      »Man lernt sich nur auf dem Lande kennen, sagen die Weltleute. Das will so viel heißen als, man kenne sich nur beim Beisammensein unter vier Augen. Somit, Leonce, werden wir uns diesen СКАЧАТЬ