Название: Fadette
Автор: Жорж Санд
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Da schon seit langer Zeit zwischen den Leuten auf dem Zwillingshofe und der Mutter Fadet eine gewisse Spannung herrschte, redeten die Zwillinge nicht viel mit der kleinen Fadette, ja, sie legten sogar ihr gegenüber eine gewisse Entfremdung an den Tag. Sie hatten nie sehr gern mit ihr gespielt; ebensowenig mit ihrem Bruder, dem Grashüpfer, der noch magerer und boshafter war als sie, und der ihr überall am Rocke hing; wenn sie fortlief, ohne auf ihn zu warten, wurde er böse, und wenn sie sich über ihn lustig machte, geriet er in einen solchen Zorn, wie man ihn einem so kleinen Bengel nicht hätte zutrauen sollen, und versuchte es, mit Steinen nach ihr zu werfen. Sie ärgerte sich oft mehr über ihn, als sie selbst es wollte, denn sie war von heiterer Gemütsart und mochte gern über alles hinweglachen. In Bezug auf die Mutter Fadet machte man sich in der Gegend solche Vorstellungen, daß es gewisse Leute gab, und ganz besonders im Hause des Vaters Barbeau, die sich einbildeten, daß es ihnen Unglück bringen würde, wenn sie mit der Grille und dem Grashüpfer, oder wenn man es lieber hört, mit dem Heimchen und dem Heupferd, zu vielen Verkehr hielten. Dies verhinderte jedoch die Zwillinge nicht mit den beiden zu reden, denn sie ließen sich nicht so leicht in Schrecken jagen. Auch verfehlte die kleine Fadette nicht, sobald sie die beiden Brüder vom Zwillingshofe herankommen sah, sich ihnen schon von weitem mit allerlei Possen und Neckereien zu nähern.
Neuntes Kapitel
Als der arme Landry sich etwas verdrossen über den Schlag, den man ihm eben auf die Schulter versetzt hatte, umwandte, erblickte er die kleine Fadette, und gleich hinterdrein ihren Jeannet, den Grashüpfer, der ihr hinkend folgte, denn er war von Geburt an krüppelhaft und krummbeinig gewesen.
Anfangs wollte Landry, ohne auf die beiden zu achten, seines Weges gehen, denn er war gewiß nicht in der Stimmung auf andere Dinge einzugehen. Die Fadette aber rief, indem sie ihm noch einen zweiten Schlag auf die andere Schulter versetzte: »Seht! Seht! den garstigen Zwilling, diese Hälfte von einem Burschen, der seine andere Hälfte verloren hat!«
Landry, der ebensowenig in der Stimmung war sich beleidigen, wie sich necken zu lassen, drehte sich abermals um und versetzte der kleinen Fadette einen Schlag mit der Faust, den sie sicherlich gefühlt haben würde, wäre sie nicht rechtzeitig auf die Seite gesprungen, denn der Zwilling zählte seine fünfzehn Jahre, war kein Schwächling und wußte seine Hände zu gebrauchen. Die Fadette stand im vierzehnten Jahre und war so klein und zierlich gebaut, daß man sie für nicht älter als zwölf hätte halten können. Ihrem ganzen Aussehen nach hätte man denken sollen, sie müsse schon vom bloßen Anrühren zerbrechen.
Aber sie war zu gewitzigt und zu behende, um den Schlag zu erwarten, und was ihr beim Gebrauch ihrer Hände an Kraft gebrach, das ersetzte sie durch Gewandtheit, Schnelligkeit und List. Sie wußte so geschickt im richtigen Augenblick zur Seite zu springen, daß wenig daran fehlte und Landry wäre, durch die Wucht, mit der er zum Schlage ausgeholt hatte, mit der Nase auf einen großen Baum gestürzt.
»Du böse Grille,« rief der arme Zwilling, außer sich vor Zorn, »du mußt gar kein Herz haben, daß du mit jemandem, der einen so großen Schmerz hat, wie der meinige ist, noch deine Neckereien treiben kannst. Schon seit geraumer Zeit nennst du mich immer einen halben Burschen, nur um mich zu ärgern. Ich wäre heute grade dazu aufgelegt, dich in vier Stücke zu zerreißen, dich und deinen abscheulichen Grashüpfer, nur um einmal zu sehen, ob ihr beide zusammen wohl den vierten Teil von etwas Richtigem ausmachen würdet.«
»Da seht einmal den schönen Zwilling vom Zwillingshofe, den Herrn von der Schilfwiese an den Ufern des Flusses,« gab die kleine Fadette spöttelnd zurück. »Du bist wirklich recht dumm, so böse mit mir zu sein, da ich dir doch Nachricht von deinem Zwillingsbruder geben wollte und dir sagen, wo du ihn wieder finden kannst.
»Das ist freilich etwas anderes,« sagte Landry in rasch besänftigtem Tone, wenn du das weißt, Fadette, dann sage es mir, und ich werde es dir sicherlich Dank wissen.«
»Jetzt giebt es weder eine Fadette noch eine Grille mehr, die Lust haben könnte, deinen Wunsch zu erfüllen,« gab die Kleine zur Antwort. »Du hast mich mit Schmähungen beleidigt, und wenn du nicht so schwerfällig und ungeschickt wärest, hättest du mich noch dazu geschlagen. Suche dir also deinen Tropf von Zwilling nur allein; wenn du klug genug bist, wirst du ihn schon finden.«
»Ich bin sehr dumm, dich noch weiter anzuhören, du boshaftes Ding!« sagte Landry, indem er ihr den Rücken kehrte und sich wieder auf den Weg machte. »Du weißt nicht mehr davon, wo mein Bruder ist, als ich selbst, und du bist in solchen Dingen auch nicht klüger, als deine Großmutter, die eine alte Lügnerin ist, und weiter nichts.«
Aber die kleine Fadette, den Grashüpfer, – dem es gelungen war sie wieder zu erreichen, und sich an ihren alten, ganz mit Asche beschmutzten Rock zu hängen – an der Hand mit sich fortziehend, schickte sich an, hinter Landry herzugehen. Dabei hörte sie nicht auf ihn zu necken, und rief ihm unaufhörlich zu, daß er ohne sie seinen Zwilling niemals wiederfinden würde. Sie war so eifrig bei diesen Neckereien, daß Landry sie gar nicht los werden konnte und sich einbildete, ihre Großmutter und vielleicht auch sie selbst würden durch irgend eine Zauberei, oder durch eine Verbindung mit dem Geist des Flusses, es ihm unmöglich machen, Sylvinet wieder aufzufinden. Er faßte deshalb kurzweg den Entschluß über die Schilfwiese nach Hause zurückzukehren.
Die kleine Fadette folgte ihm bis zu dem hölzernen Drehkreuz der Wiese, und als er hindurchgeschritten war, setzte sie sich wie eine Elster auf einen der Querbalken und spottete ihm nach: »Leb wohl! du schöner Zwilling ohne Herz, der seinen Bruder im Stiche läßt. Du kannst lange darauf warten bis er zum Abendessen kommt; du wirst ihn heute nicht mehr sehen, und morgen ebensowenig: denn wo er jetzt liegt, da rührt er sich so wenig wie ein Stein, und sieh nur! wie das Gewitter droht. Noch in dieser Nacht wird es die Bäume in den Fluß schleudern, und der Fluß wird Sylvinet mit davon tragen, so weit, ach! so weit, daß du ihn niemals wieder finden kannst.
Alle diese schrecklichen Reden, die Landry gleichsam trotz seiner selbst, anhören mußte, bewirkten, daß ihm am ganzen Körper der kalte Schweiß ausbrach. Er glaubte nicht unbedingt an das, was die Grille sagte, aber schließlich stand die Familie Fadet im Ruf, ein Bündnis mit dem Teufel zu haben, so daß man doch nicht recht sicher sein konnte, was man davon halten sollte.
»Höre Fränzchen, sagte Landry, indem er stehen blieb, »willst du mich in Ruhe lassen, ja oder nein? oder willst du so gut sein, es mir zu sagen, wenn du wirklich etwas von meinem Bruder weißt?«
»Und was willst du mir dann geben, wenn ich dir helfe ihn wieder zu finden, noch ehe es anfängt zu regnen?« sagte die Fadette und richtete sich auf dem Querbalken des Drehkreuzes gerade in die Höhe, die Arme hin- und herbewegend, als ob sie im Begriff wäre, davon zu fliegen.
»Landry wußte nicht, was er ihr dann nur versprechen könne, und es kam ihm der Gedanke, daß sie es darauf abgesehen habe, Geld von ihm zu erpressen. Aber der Wind, der in den Bäumen rauschte, und der Donner, der zu rollen begann, regten ihm das Blut auf, daß er wie von Fieberangst ergriffen war. Nicht, als ob er das Gewitter gefürchtet hätte, aber wirklich der Sturm war so plötzlich und in einer so sonderbaren Weise losgebrochen, daß es ihm nicht mehr mit rechten Dingen zuzugehen schien. Vielleicht aber auch hatte Landry in seiner Herzensangst nicht bemerkt, wie es hinter den Bäumen am Ufer des Flusses heraufgezogen war. Seit zwei Stunden war er nicht aus der Tiefe des Thalgrundes herausgekommen, und so hatte er den Himmel nicht mehr überblicken können, als in dem Augenblick, da er die Höhe erreichte. Wirklich, er hatte keine Ahnung von der Nähe des Gewitters gehabt, als bis die kleine Fadette ihn darauf aufmerksam machte. In demselben Augenblicke blies auch der Wind ihren Rock in die Höhe; unter ihrer stets schlecht befestigten, schief auf einem Ohr sitzenden Haube, glitten ihre häßlichen schwarzen Haare hervor, und flatterten wie eine gesträubte Mähne empor. Ein heftiger Windstoß hatte dem Grashüpfer die Kappe entführt, und nur mit großer Mühe hatte es Landry verhindern können, daß nicht auch ihm der СКАЧАТЬ