Soll und Haben. Gustav Freytag
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Название: Soll und Haben

Автор: Gustav Freytag

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ doch habe gesagt«, antwortet der Jude.

      »Ihr seid ein Narr«, sagt Fink, »fort mit Euch!«

      »Kein Lotse kann ihm helfen«, sagte Braun.

      »Meine Empfehlung an Herrn Kommerzienrat«, sagt der Kaufmann.

      »Mit einem Schwefelhölzchen hat er den Schlüssel angezündet«, ruft Herr Stephan zum Himmel blickend.

      »Mei«, schreit der Mann im Kaftan, »was ist das: fort mit Euch? Mit fort kann man machen keine Geschäfte.«

      »Was wollt Ihr also haben für Eure Wolle?«

      »41⅔«, sagt Tinkeles.

      »Hinaus!« bemerkt Fink.

      »Sagen Sie doch nicht immer hinaus«, bittet der Jude in Verzweiflung, »sagen Sie, was wollen Sie geben?«

      »Wenn Ihr so unverschämt fordert, gar nichts«, sagt Fink, eine neue Seite seines Briefes beginnend.

      »Sagen Sie doch nur, was wollen Sie geben?« bittet der Jude wieder.

      »Nur wenn Ihr wie ein anständiger Mann redet«, antwortet Fink, den Juden ansehend.

      »Ich bin anständig« sagt der Jude leise, »was wollen Sie geben?«

      »39«, sagt Fink.

      Jetzt gerät Schmeie Tinkeles außer sich, schüttelt seine schwarzen Locken und verschwört sich bei seiner Seele Seligkeit mit lautem Geschrei, er könne nicht unter 41; worauf Fink ihm bedeutet, er werde ihn von einem Hausknecht hinausführen lassen, wenn er solchen Lärm mache. Darauf geht der Jude entrüstet vor die Tür, steckt den Kopf wieder herein und ruft: »Also, was wollen Sie geben?«

      »39«, sagt Fink und sieht der aufgeregten Mimik des Händlers ungefähr mit demselben Interesse zu, mit dem ein Physiker die galvanischen Zuckungen eines Frosches betrachtet. Die Zahl 39 bewirkt in der Seele des Juden eine neue Explosion, er tritt wieder vor, verschwört seine Seele in den tiefsten Abgrund der Hölle und erklärt sich selbst für das nichtswürdigste Scheusal der Welt, wenn er für weniger als 41 ablassen könne. Als er sich auf wiederholte Ermahnungen Finks, ruhig zu werden, dazu nicht entschließen kann, wird der Hausknecht gerufen. Sein Erscheinen wirkt nun so weit beruhigend, daß Herr Tinkeles erklärt, er könne allein gehen und werde allein gehen, worauf er stillsteht und 40½ sagt. Der Agent, der Provinziale und das Kontor sind still und hören der Verhandlung neugierig zu, während Fink dem armen Schmeie mit einer gewissen Herzlichkeit den Vorschlag macht, er solle sich ohne weiteres entfernen, er sei völlig Narr und mit ihm kein Geschäft zu machen. Darauf wendet sich der Jude trotzig ab und geht hinaus. Und wieder fährt Herr Braun fort: »Dieser Sturm war ein seltenes Unglück, der Kaffee muß steigen«, und Herr Stephan beweist, daß die Selbstmorde und andere Untaten seit der Erfindung der Schwefelhölzer zugenommen haben; und Fink sagt zum Prinzipal, der einen unterdes erhaltenen Brief durchliest: »Er wird’s lassen, wenn ich ihm noch einen halben Taler zulege. Wollen Sie mit 39½ abmachen?«

      »Wieviel?« fragt der Kaufmann.

      »120 Zentner«, sagt Fink.

      »Nehmen Sie«, sagt der Kaufmann und liest weiter.

      Von neuem wird die Tür aufgerissen, das Geschwirr geht fort, und Anton müht sich vergebens zu verstehen, wie man die Wolle kaufen könne, nachdem der Verkäufer in so entschiedener Weise gegangen ist. Da öffnet sich, gerade als wieder drei bis vier Stimmen durcheinandersprechen, ganz leise die Tür, Tinkeles schleicht auf den Zehen herein bis hinter Finks Platz und sagt, diesem die Hand auf die Schulter legend, wehmütig und vertraulich: »Was wollen Sie noch geben?«

      Fink wendet sich um und sagt ebenfalls mit vertraulichem Lächeln: »Weil Ihr es seid, Tinkeles, 39½, aber nur unter der Bedingung, daß ihr kein Wort weiter sprecht, sonst nehm’ ich das Gebot zurück.«

      »Ich spreche nichts«, antwortet der Jude, »sagen Sie 40.«

      Fink machte eine Bewegung der Entrüstung und weist schweigend nach der Tür. Der Händler geht und dreht an der Tür um.

      »Jetzt kommt’s«, sagt Fink. Darauf kehrt der Händler zurück und spricht mit mehr Haltung: »39½, wenn Sie es dafür wollen nehmen.«

      Nach einigem Zögern bemerkt Fink wie gelegentlich: »Es mag sein.« Worauf Schmeie Tinkeles ganz umgewandelt ist, sich als liebenswürdiger Freund der Handlung erweist und angelegentlich nach dem Befinden des Prinzipals erkundigt.

      Und wieder knarrte nach diesem Intermezzo die Tür, neue Käufer und Verkäufer kamen, die Menschen sprachen, und Federn knisterten, das Geld rollte unaufhörlich.

      Auch der Haushalt, dem Anton jetzt angehörte, erschien ihm sehr fremdartig und mächtig.

      Das Haus selbst war ein altes, unregelmäßiges Gebäude mit Seitenflügeln, kleinen Höfen und Hinterhäusern, voll von Mauern und kleinen Treppen, von geheimnisvollen Durchgängen, wo kein Mensch welche vermutete, von Korridoren, Nischen, tiefen Wandschränken und Glasverschlägen. Es war ein durchaus künstlicher Bau, an dem Jahrhunderte gearbeitet hatten, um ihn für späte Enkel so schwierig und unverständlich als irgend möglich zu machen. Und doch sah er im ganzen betrachtet behaglich aus und umfaßte mit seinen Mauern eine große Welt voll Menschen und Interessen. Der ganze Raum unter dem Gebäude und unter seinen Höfen war zu Kellern gewölbt und bis an die Gewölbgurte mit Waren gefüllt; das ganze Parterre gehörte der Handlung und enthielt außer den Kontorzimmern fast nichts als Warenräume. Darüber lagen im Vorderhause die Säle und Zimmer, in denen der Kaufherr selbst wohnte. Herr Schröter war nur kurze Zeit verheiratet gewesen, in einem Jahr hatte er Frau und Kind verloren; seit dem Tode seiner Eltern war eine Schwester alles, was er von Familie besaß.

      Streng hielt der Kaufmann auf den alten Brauch seiner Handlung. Alle Herren des Kontors, welche nicht verheiratet waren, wohnten in seinem Hause, gehörten seinem Haushalte an und aßen alle Mittage Punkt ein Uhr an dem Tisch des Prinzipals. Am Morgen nach Antons Eintritt hatte Herr Schröter nur wenige Worte mit ihm gewechselt und ihn darauf Herrn Jordan und dem Provinzialgeschäft übergeben. Jetzt, einige Minuten vor der Mittagsstunde, war Anton in die Zimmer des ersten Stocks bestellt, um der Dame des Hauses vorgestellt zu werden. Erwartungsvoll stieg er die Teppichstufen der breiten Treppe hinauf, der Bediente öffnete und führte ihn durch eine Reihe von Gemächern in das Empfangszimmer. Anton sah auf seinem Wege mit Erstaunen den ruhigen und soliden Glanz der Einrichtung, die großen Wandspiegel, schwere Stoffe, Gemälde, Blumentische, zahlreiche Vasen und Fruchtschalen von Stein und gemaltem Porzellan. Der Diener schlug eine Portiere zurück, und Anton machte auf dem glatten Parkettboden eine tiefe Verbeugung, als der Prinzipal ihn einer jungen Dame vorstellte und dazusetzte: »Meine Schwester Sabine.«

      Fräulein Sabine zeigte über dem eleganten Sommerkleide ein feines bleiches Gesicht, von rabenschwarzem Haar eingefaßt. Sie war nicht älter als Anton, aber sie hatte die Würde und Haltung einer Hausfrau. Sie nötigte, Platz zu nehmen, und fragte ihn teilnehmend, wie er sich eingerichtet habe und ob er noch irgend etwas vermisse.

      »Meine Schwester regiert uns alle«, sagte der Kaufmann mit einem freundlichen Blick auf die Dame, »machen Sie hier Ihre Bekenntnisse, wenn Sie irgendeinen wirtschaftlichen Wunsch haben; sie ist eine gute Fee, welche den Haushalt in Ordnung hält.«

      Anton sah zu der Fee auf und antwortete schüchtern: »Ich habe bis jetzt alles weit glänzender gefunden, als ich von Hause aus gewöhnt bin.«

      »Ihr Leben wird Ihnen bei alledem mit der Zeit einförmig erscheinen«, fuhr der Kaufmann fort, »es ist eine strenge Regelmäßigkeit in unserm Hause. Sie haben viel Arbeit und wenig Zerstreuung СКАЧАТЬ