Homo Faber / Хомо Фабер. Книга для чтения на немецком языке. Макс Фриш
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СКАЧАТЬ Gesicht im Spiegel, während ich Minuten lang die Hände wasche, dann trockne: weiß wie Wachs, mein Gesicht, beziehungsweise grau und gelblich mit violetten Adern darin, scheußlich wie eine Leiche. Ich vermutete, es kommt vom Neon-Licht, und trocknete meine Hände, die ebenso gelblich-violett sind, dann der übliche Lautsprecher, der alle Räume bedient, somit auch das Untergeschoss: Your attention please, your attention please! Ich wusste nicht, was los ist. Meine Hände schwitzten, obschon es in dieser Toilette geradezu kalt ist, draußen ist es heiß. Ich weiß nur soviel: – Als ich wieder zu mir kam, kniete die dicke Negerin neben mir, Putzerin, die ich vorher nicht bemerkt hatte, jetzt in nächster Nähe, ich sah ihr Riesenmaul mit den schwarzen Lippen, das Rosa ihres Zahnfleisches, ich hörte den hallenden Lautsprecher, während ich noch auf allen vieren war —

      Plane is ready for departure.

      Zweimal:

      Plane is ready for departure.

      Ich kenne diese Lautsprecherei.

      All passengers for Mexico-Guatemala-Panama, dazwischen Motorenlärm, kindly requested, Motorenlärm, gate number five, thank you.

      Ich erhob mich.

      Die Negerin kniete noch immer —

      Ich schwor mir, nie wieder zu rauchen, und versuchte, mein Gesicht unter die Röhre zu halten, was nicht zu machen war wegen der Schüssel, es war ein Schweißanfall, nichts weiter, Schweißanfall mit Schwindel.

      Your attention please

      Ich fühlte mich sofort wohler.

      Passenger Faber, passenger Faber!

      Das war ich.

      Please to the information-desk.

      Ich hörte es, ich tauchte mein Gesicht in die öffentliche Schüssel, ich hofte, dass sie ohne mich weiterfliegen, das Wasser war kaum kälter als mein Schweiß, ich begriff nicht, wieso die Negerin plötzlich lachte – es schüttelte ihre Brust wie einen Pudding, so musste sie lachen, ihr Riesenmaul, ihr Kruselhaar, ihre weißen und schwarzen Augen, Großaufnahme aus Afrika, dann neuerdings: Plane is ready for departure. Ich trocknete mein Gesicht mit dem Taschentuch, während die Negerin an meinen Hosen herumwischte. Ich kämmte mich sogar, bloß um Zeit zu verlieren, der Lautsprecher gab Meldung um Meldung, Ankünfte, Abflüge, dann nochmals:

      Passenger Faber, passenger Faber

      Sie weigerte sich, Geld anzunehmen, es wäre ein Vergnügen (pleasure) für sie, dass ich lebe, dass der Lord ihr Gebet erhört habe, ich hatte ihr die Note einfach hingelegt, aber sie folgte mir noch auf die Treppe, wo sie als Negerin nicht weitergehen durfte, und zwang mir die Note in die Hand.

      In der Bar war es leer —

      Ich rutschte mich auf einen Hocker, zündete mir eine Zigarette an, schaute zu, wie der Barmann die übliche Olive ins kalte Glas wirft, dann aufgießt, die übliche Geste: mit dem Daumen hält er das Sieb vor dem silbernen Mischbecher, damit kein Eis ins Glas plumpst, und ich legte meine Note hin, draußen rollte eine Super-Constellation vorbei und auf die Piste hinaus, um zu starten. Ohne mich! Ich trank meinen Martini-Dry, als wieder der Lautsprecher mit seinem Knarren ein-setzte: Your attention please! Eine Weile hörte man nichts, draußen brüllten gerade die Motoren der startenden Super-Constellation, die mit dem üblichen Dröhnen über uns hinwegflog – dann neuerdings:

      Passenger Faber, passenger Faber

      Niemand konnte wissen, dass ich gemeint war, und ich sagte mir, lange können sie nicht mehr warten – ich ging aufs Observation-Dach, um unsere Maschine zu sehen. Sie stand, wie es schien, zum Start bereit; die Shell-Tanker waren weg, aber die Propeller liefen nicht. Ich atmete auf, als ich das Rudel unsrer Passagiere über das leere Feld gehen sah, um einzusteigen, mein Düsseldorfer ziemlich voran. Ich wartete auf das Anspringen der Propeller, der Lautsprecher hallte und schepperte auch hier:

      Please to the information-desk!

      Aber es geht mich nicht an.

      Miss Sherbon, Mr. and Mrs. Rosenthal

      Ich wartete und wartete, die vier Propellerkreuze blieben einfach starr, ich hielt sie nicht aus, diese Warterei auf meine Person, und begab mich neuerdings ins Untergeschoß, wo ich mich hinter der geriegelten Tür eines Cabinets versteckte, als es nochmals kam:

      Passenger Faber, passenger Faber.

      Es war eine Frauenstimme, ich schwitzte wieder und musste mich setzen, damit mir nicht schwindlig wurde, man konnte meine Füße sehen.

      This is our last call.

      Zweimal: This is our last call.

      Ich weiß nicht, wieso ich mich eigentlich versteckte. Ich schämte mich; es ist sonst nicht meine Art, der letzte zu sein. Ich blieb in meinem Versteck, bis ich festgestellt hatte, dass der Lautsprecher mich aufgab, mindestens zehn Minuten. Ich hatte einfach keine Lust weiterzufliegen. Ich wartete hinter der geriegelten Tü r, bis man das Donnern einer startenden Maschine gehört hatte – eine Super-Constellation, ich kenne ihren Ton! – dann rieb ich mein Gesicht, um nicht durch Blässe aufzufallen, und verließ das Cabinet wie irgendeiner, ich pfiff vor mich hin, ich stand in der Halle und kaufte irgendeine Zeitung, ich hatte keine Ahnung, was ich in diesem Houston, Texas, anfangen sollte. Es war merkwürdig; plötzlich ging es ohne mich! Ich horchte jedes Mal, wenn der Lautsprecher ertönte – dann ging ich, um etwas zu tun, zur Western Union: um eine Depesche aufzugeben, betreffend mein Gepäck, das ohne mich nach Mexico flog, ferner eine Depesche nach Caracas, dass unsere Montage um vierundzwan-zig Stunden verschoben werden sollte, ferner eine Depesche nach New York, ich steckte gerade meinen Kugelschreiber zurück, als unsere Stewardess, die übliche Liste in der andern Hand, mich am Ellbogen fasste:

      „There you are!“

      Ich war sprachlos —

      „We’re late, Mister Faber, we’re late!“

      Ich folgte ihr, meine überflüssigen Depeschen in der Hand, mit allerlei Ausreden, die nicht interessierten, hinaus zu unsrer Super-Constellation; ich ging wie einer, der vom Gefängnis ins Gericht geführt wird – Blick auf den Boden beziehungsweise auf die Treppe, die sofort, kaum war ich in der Kabine, ausgeklinkt und weggefahren wurde.

      „I’m sorry!“ sagte ich, „I’m sorry.“

      Die Passagiere, alle schon angeschnallt, drehten ihre Köpfe, ohne ein Wort zu sagen, und mein Düsseldorfer, den ich vergessen hatte, gab mir sofort den Fensterplatz wieder, geradezu besorgt: Was denn geschehen wäre? Ich sagte, meine Uhr sei stehengeblieben, und zog meine Uhr auf.

      Start wie üblich —

      Das Nächste, was mein Nachbar erzählte, war interessant – überhaupt fand ich ihn jetzt, da ich keine Magenbeschwerden mehr hatte, etwas sympathischer; er gab zu, dass die deutsche Zigarre noch nicht zur Weltklasse gehört, Voraussetzung einer guten Zigarre, sagte er, sei ein guter Tabak.

      Er entfaltete eine Landkarte.

      Die Plantage, die seine Firma auszubauen hoffte, lag allerdings, wie mir schien, am Ende der Welt, Staatsgebiet von Guatemala, von Flores nur mit Pferd zu erreichen, während man von Palenque (Staatsgebiet von Mexico) mit einem Jeep ohne weiteres hinkommt; sogar ein Nash, behauptete er, wäre schon durch diesen Dschungel gefahren.

      Er СКАЧАТЬ