Also sprach Zarathustra: Ein Buch für Alle und Keinen / Так говорил Заратустра. Книга для всех и ни для кого. Книга для чтения на немецком языке. Фридрих Вильгельм Ницше
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Also sprach Zarathustra: Ein Buch für Alle und Keinen / Так говорил Заратустра. Книга для всех и ни для кого. Книга для чтения на немецком языке - Фридрих Вильгельм Ницше страница 7

СКАЧАТЬ Zeiten: da freilich war Wahn und Glaube ein ander Ding; Raserei der Vernunft war Gottähnlichkeit, und Zweifel Sünde.

      Allzu gut kenne ich diese Gottähnlichen: sie wollen, daß an sie geglaubt werde und Zweifel Sünde sei. Allzu gut weiß ich auch, woran sie selber am besten glauben.

      Wahrlich nicht an Hinterwelten und erlösende Blutstropfen: sondern an den Leib glauben auch sie am besten, und ihr eigener Leib ist ihnen ihr Ding an sich.

      Aber ein krankhaftes Ding ist er ihnen: und gerne möchten sie aus der Haut fahren[25] . Darum horchen sie nach den Predigern des Todes und predigen selber Hinterwelten. Hört mir lieber, meine Brüder, auf die Stimme des gesunden Leibes: eine redlichere und reinere Stimme ist dies.

      Redlicher redet und reiner der gesunde Leib, der vollkommene und rechtwinklige: und er redet vom Sinn der Erde. —

      Also sprach Zarathustra.

      Von den Verächtern des Leibes

      Den Verächtern des Leibes will ich mein Wort sagen. Nicht umlernen und umlehren sollen sie mir, sondern nur ihrem eignen Leibe Lebewohl sagen – und also stumm werden.

      »Leib bin ich und Seele« – so redet das Kind. Und warum sollte man nicht wie die Kinder reden?

      Aber der Erwachte, der Wissende sagt: Leib bin ich ganz und gar, und nichts außerdem; und Seele ist nur ein Wort für ein Etwas am Leibe.

      Der Leib ist eine große Vernunft, eine Vielheit mit einem Sinn, ein Krieg und ein Frieden, eine Herde und ein Hirt.

      Werkzeug deines Leibes ist auch deine kleine Vernunft, mein Bruder, die du »Geist« nennst, ein kleines Werk- und Spielzeug deiner großen Vernunft.

      »Ich« sagst du und bist stolz auf dies Wort. Aber das Größere ist – woran du nicht glauben willst – dein Leib und seine große Vernunft: die sagt nicht Ich, aber tut Ich.

      Was der Sinn fühlt, was der Geist erkennt, das hat niemals in sich sein Ende. Aber Sinn und Geist möchten dich überreden, sie seien aller Dinge Ende: so eitel sind sie.

      Werk- und Spielzeuge sind Sinn und Geist: hinter ihnen liegt noch das Selbst. Das Selbst sucht auch mit den Augen der Sinne, es horcht auch mit den Ohren des Geistes.

      Immer horcht das Selbst und sucht: es vergleicht, bezwingt, erobert, zerstört. Es herrscht und ist auch des Ichs Beherrscher.

      Hinter deinen Gedanken und Gefühlen, mein Bruder, steht ein mächtiger Gebieter, ein unbekannter Weiser – der heißt Selbst. In deinem Leibe wohnt er, dein Leib ist er.

      Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner besten Weisheit. Und wer weiß denn, wozu dein Leib gerade deine beste Weisheit nötig hat?

      Dein Selbst lacht über dein Ich und seine stolzen Sprünge. »Was sind mir diese Sprünge und Flüge des Gedankens? sagt es sich. Ein Umweg zu meinem Zwecke. Ich bin das Gängelband des Ichs und der Einbläser seiner Begriffe[26]

      Das Selbst sagt zum Ich: »Hier fühle Schmerz!« Und da leidet es und denkt nach, wie es nicht mehr leide – und dazu eben soll es denken.

      Das Selbst sagt zum Ich: »Hier fühle Lust!« Da freut es sich und denkt nach, wie es noch oft sich freue – und dazu eben soll es denken.

      Den Verächtern des Leibes will ich ein Wort sagen. Daß sie verachten, das macht ihr Achten. Was ist es, das Achten und Verachten und Wert und Willen schuf?

      Das schaffende Selbst schuf sich Achten und Verachten, es schuf sich Lust und Weh. Der schaffende Leib schuf sich den Geist als eine Hand seines Willens.

      Noch in eurer Torheit und Verachtung, ihr Verächter des Leibes, dient ihr eurem Selbst. Ich sage euch: euer Selbst selber will sterben und kehrt sich vom Leben ab.

      Nicht mehr vermag es das, was es am liebsten will: über sich hinaus zu schaffen. Das will es am liebsten, das ist seine ganze Inbrunst.

      Aber zu spät ward es ihm jetzt dafür: – so will euer Selbst untergehn, ihr Verächter des Leibes.

      Untergehn will euer Selbst, und darum wurdet ihr zu Verächtern des Leibes! Denn nicht mehr vermögt ihr über euch hinaus zu schaffen.

      Und darum zürnt ihr nun dem Leben und der Erde. Ein ungewußter Neid ist im scheelen Blick eurer Verachtung.

      Ich gehe nicht euren Weg, ihr Verächter des Leibes! Ihr seid mir keine Brücken zum Übermenschen! —

      Also sprach Zarathustra.

      Von den Freudenund Leidenschaften

      Mein Bruder, wenn du eine Tugend hast und es deine Tugend ist, so hast du sie mit niemandem gemeinsam.

      Freilich, du willst sie bei Namen nennen und liebkosen; du willst sie am Ohre zupfen und Kurzweil mit ihr treiben[27].

      Und siehe! Nun hast du ihren Namen mit dem Volke gemeinsam und bist Volk und Herde geworden mit deiner Tugend!

      Besser tätest du, zu sagen: »Unaussprechbar ist und namenlos, was meiner Seele Qual und Süße macht und auch noch der Hunger meiner Eingeweide ist.«

      Deine Tugend sei zu hoch für die Vertraulichkeit der Namen: und mußt du von ihr reden, so schäme dich nicht, von ihr zu stammeln.

      So sprich und stammle: »Das ist mein Gutes, das liebe ich, so gefällt es mir ganz, so allein will ich das Gute.

      Nicht will ich es als eines Gottes Gesetz, nicht will ich es als eine Menschen-Satzung und -Notdurft: kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und Paradiese[28].

      Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig Klugheit ist darin, und am wenigsten die Vernunft aller.

      Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest: darum liebe und herze ich ihn – nun sitzt er bei mir auf seinen goldnen Eiern.«

      So sollst du stammeln und deine Tugend loben.

      Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie böse. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden: die wuchsen aus deinen Leidenschaften.

      Du legtest dein höchstes Ziel diesen Leidenschaften ans Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freudenschaften.

      Und ob du aus dem Geschlechte der Jähzornigen wärest oder aus dem der Wollüstigen oder der Glaubens-Wütigen oder der Rachsüchtigen:

      Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln.

      Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller: aber am Ende verwandelten sie sich zu Vögeln und lieblichen Sängerinnen.

      Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam; deine Kuh Trübsal melktest du – nun trinkst du die süße Milch ihres Euters.

      Und nichts Böses wächst mehr fürderhin aus dir, es sei denn das Böse, das aus dem Kampfe deiner Tugenden wächst.

      Mein Bruder, wenn du Glück hast, so hast du eine Tugend und nicht mehr: so gehst du leichter über die Brücke.

СКАЧАТЬ



<p>25</p>

aus der Haut fahren – сбросить кожу

<p>26</p>

Ich bin das Gängelband des Ichs und der Einbläser seiner Begriffe – Я служу помочами для “я” и внушаю ему понятия его

<p>27</p>

Kurzweil mit ihr treiben – быть с ней на короткой ноге

<p>28</p>

kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und Paradiese – не нужен мне путеводитель на небо, в рай