Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Achter Band: enthaltend Kapitel 15 und 16.. Томас Бабингтон Маколей
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СКАЧАТЬ die Whigs bildeten trotz ihrer eben erlittenen Niederlage noch immer die Majorität des Hauses, und viele Mitglieder, welche die Unpopularität gescheut hatten, die sie sich durch Unterstützung der Sacheverell’schen und Howard’schen Klauseln zugezogen haben würden, waren vollkommen bereit, zur Verzögerung einer allgemeinen Amnestie beizutragen. Sie brachten noch immer ihre Lieblingsalternative vor. Wie, fragten sie, sei es möglich, diesen Amnestieplan zu vertheidigen, ohne die Revolution zu verdammen? Könne man behaupten, daß Verbrechen, welche schwer genug gewesen waren, um Widerstand zu rechtfertigen, nicht schwer genug gewesen seien, um Bestrafung zu verdienen? Und wenn diese Verbrechen von solcher Größe wären, daß sie mit Recht an dem Souverain heimgesucht werden dürften, den die Verfassung von jeder Verantwortlichkeit entbinde, nach welchem Prinzip könne seinen Rathgebern und Werkzeugen, welche doch ohne Zweifel verantwortlich seien, Straflosigkeit gewährt werden? Ein joviales Mitglied kleidete dieses Argument in eine eigenthümliche Form. Er wußte auf den Stuhl des Präsidenten ein Papier zu bringen, das sich bei der Untersuchung als eine Indemnitätsbill für König Jakob herausstellte, mit einer spöttischen Einleitung über die Milde, welche seit der Revolution gegen schwere Verbrecher geübt worden sei, und über die Nachsicht, welche einem Könige gebühre, der sein Volk nur tyrannisirt habe, weil alle Könige es thäten.40

      An dem nämlichen Tage, an welchem diese persiflirte Indemnitätsbill die Heiterkeit der Gemeinen erregte, wurde der Antrag gestellt, daß das Haus sich zur Berathung der wirklichen Bill zu einem Ausschusse erklären sollte. Die Whigs verwarfen den Antrag durch eine Majorität von hundertdreiundneunzig Stimmen gegen hundertsechsundfunfzig. Hierauf beschlossen sie, daß eine Strafbill gegen Delinquenten unverzüglich eingebracht und mit der Indemnitätsbill verbunden werden sollte.41

      Der Fall Sir Robert Sawyer’s

      Wenige Stunden später ging ein Beschluß durch, welcher deutlicher als irgend etwas bis dahin Geschehenes bewies, wie wenig Aussicht vorhanden war, daß die öffentliche Meinung durch eine Amnestie schnell begütigt werden würde. Wenige Personen standen in der Achtung der Torypartei höher als Sir Robert Sawyer. Er war ein Mann von großem Vermögen und aristokratischen Verbindungen, von orthodoxen Glaubensansichten und regelmäßigem Wandel, ein talentvoller und erfahrener Jurist, ein tüchtiger Gelehrter und, ein wenig Prahlsucht abgerechnet, ein guter Redner. Er war zur Zeit der Entdeckung des Ryehousecomplots Generalfiscal gewesen, war bei den darauffolgenden Untersuchungen im Interesse der Krone verwendet worden, und hatte diese Untersuchungen mit einer Energie betrieben, welche heutzutage von allen Parteien Grausamkeit genannt werden würde, die aber seiner Zeit und seiner Partei nur als ein lobenswerther Eifer erschien. Seine Freunde behaupteten zwar, er sei in Dingen, wo es sich um Leben und Tod handle, peinlich gewissenhaft,42 doch ist dies ein Lob, das Männer, welche die Staatsprozesse des 17. Jahrhunderts mit Augen des 19. Jahrhunderts prüfen und studiren, nicht recht begreifen werden. Die einzige Entschuldigung, die sich für diese Periode seines Lebens geltend machen läßt, ist, daß er den Schandfleck unschuldigen Blutes mit fast allen ausgezeichneten Staatsmännern jener schlimmen Zeit gemein hatte. Wenn wir ihn tadeln, weil er den Prozeß Russell’s geführt, so dürfen wir nicht vergessen, daß Russell den Prozeß Stafford’s geführt hatte.

      So groß Sawyer’s Vergehen waren, er hatte sie großentheils wieder gut gemacht. Er war mit Entschiedenheit gegen Papismus und Despotismus aufgetreten, hatte sich im Audienzzimmer selbst auf das Bestimmteste geweigert, im Widerspruch mit Parlamentsacten Verhaftsbefehle zu erlassen, hatte lieber sein einträgliches Amt niedergelegt, als daß er in Westminster Hall als Verfechter des Dispensationsrechts erschienen wäre, war der erste Rechtsbeistand für die sieben Bischöfe gewesen und hatte am Tage ihres Prozesses seine Pflicht mit Gewandtheit, Rechtschaffenheit und Unerschrockenheit gethan. Er war daher ein Liebling der Hochkirchlichen, und man hätte denken sollen, daß auch die Whigs ihm wohl verzeihen konnten. Aber die Whigs waren jetzt nicht zum Vergeben gestimmt und Sawyer wurde wegen seines Verfahrens bei dem Prozesse Sir Thomas Armstrong’s zur Verantwortung gezogen.

      Wenn Armstrong nicht verleumdet worden ist, so war er in die schlimmsten Geheimnisse des Ryehousecomplots tief eingeweiht und einer von Denen, die es übernommen hatten, die beiden königlichen Brüder zu ermorden. Als die Verschwörung entdeckt war, floh er auf den Continent und wurde außerhalb des Gesetzes erklärt. Die Behörden der Stadt Leyden ließen sich durch Bestechung bewegen ihn auszuliefern; er wurde schleunigst auf ein englisches Schiff gebracht, nach London transportirt und vor die Kings Bench gestellt. Sawyer trug darauf an, daß der Gerichtshof auf Vollziehung der Acht erkenne, wogegen Armstrong geltend machte, daß seit seiner Aechtung noch kein Jahr verstrichen sei und daß, laut einer unter der Regierung Eduard’s VI. erlassenen Verordnung, ein Geächteter, der sich binnen Jahresfrist stellte, berechtigt sei, auf Cassation seines Urtels anzutragen und an sein Vaterland zu appelliren. Darauf wurde erwiedert, daß Armstrong sich nicht selbst gestellt habe, sondern als Gefangener vor Gericht geführt worden sei und daß er daher keinen Anspruch auf ein Recht habe, welches offenbar nur Denjenigen zuzugestehen sei, die sich freiwillig den Händen der Gerechtigkeit überlieferten. Jeffreys und die anderen Richter verwarfen einstimmig Armstrong’s Einwand und genehmigten den Vollziehungsantrag. Nun ereignete sich eine der entsetzlichsten von den vielen entsetzlichen Scenen, welche damals unsere Gerichtshöfe schändeten. Die Tochter des Unglücklichen stand an seiner Seite. „Mylord,” rief sie aus, „Sie werden meinen Vater nicht morden! Denn dies wäre ein Mord!” „Was soll das heißen?” brüllte der Oberrichter. „Wer ist dieses Weib? Ergreift sie, Kerkermeister, und führt sie fort!” Sie wurde mit Gewalt hinausgeführt und rief im Fortgehen: „Gott der Allmächtige wird Euch richten!” – „Gott der Allmächtige wird die Verräther richten!” sagte Jeffreys. „Solch’ Geschrei kann mich Gott sei Dank nicht beirren.” Als sie fort war, berief sich ihr Vater nochmals auf sein vermeintliches Recht. „Ich verlange nichts weiter,” sagte er, „als die Wohlthat des Gesetzes.” – „Und die soll Euch, bei der Gnade Gottes zu Theil werden,” versetzte der Richter. „Herr Sheriff, Sie werden dafür sorgen, daß die Execution nächsten Freitag stattfindet. Das ist die Wohlthat des Gesetzes für Euch!” Am darauf folgenden Freitage wurde Armstrong gehängt, geschleift und geviertheilt und sein Kopf auf Westminster Hall ausgesteckt.43

      Jeffrey’s Rücksichtslosigkeit und Grausamkeit erregen, selbst noch nach einer so langen Reihe von Jahren, einen Unwillen, der es einem schwer macht, gerecht gegen ihn zu sein. Einem vollkommen vorurtheilsfreien Richter wird es indessen vielleicht durchaus nicht klar scheinen, daß das Executionsurtheil gesetzwidrig war. Einen Präcedenzfall gab es nicht, und der Wortlaut der Acte Eduard’s VI. kann, ohne ihm Gewalt anzuthun, so ausgelegt werden, wie der Gerichtshof ihn auslegte. Hätte die Strafe nur in einer Geldbuße oder in Gefängnißhaft bestanden, so würde in der That Niemand in dem Verfahren etwas Verwerfliches erblickt haben. Aber einen Menschen als Hochverräther an den Galgen zu schicken, ohne ihn mit seinen Anklägern zu confrontiren, ohne seine Vertheidigung zu hören, einzig und allein deshalb, weil eine Verzagtheit, die mit der Unschuld wohl vereinbar ist, ihn getrieben hatte, sich zu verbergen, ist sicherlich eine Verletzung, wenn nicht eines geschriebenen Gesetzes, so doch der großen Prinzipien, mit denen alle Gesetze in Einklang stehen müssen. Der Fall wurde vor das Haus der Gemeinen gebracht. Die verwaiste Tochter Armstrong’s erschien vor der Schranke, um Rache zu fordern, und es folgte eine heiße Debatte. Sawyer wurde heftig angegriffen und kräftig vertheidigt. Die Tories erklärten, ihrer Ansicht nach habe er nur das gethan, wozu er als Anwalt der Krone verbunden war, und seine Pflicht gegen Gott, gegen den König und gegen den Gefangenen erfüllt. Wenn das Erkenntniß gesetzlich sei, könne man Niemandem einen Vorwurf machen, und sei es ungesetzlich, so treffe der Vorwurf nicht den Generalfiskal, sondern die Richter. Es würde mit aller Redefreiheit vor Gericht vorbei sein, wenn ein Advokat deshalb bestraft werden solle, weil er ein streng ordnungsmäßiges Gesuch an einen Gerichtshof gestellt und dargethan habe, daß gewisse Worte eines Gesetzes in einem gewissen Sinne zu verstehen seien. Die Whigs hingegen nannten Sawyer einen Mörder, einen Bluthund, einen Henker. Wenn mit der von den Advokaten beanspruchten Redefreiheit die Freiheit gemeint sei, СКАЧАТЬ



<p>40</p>

Narcissus Luttrell’s Diary, Jan. 16. 1690; Van Citters an die Generalstaaten, 21. (31.) Januar.

<p>41</p>

Commons’ Journals, Jan. 16. 1689/90.

<p>42</p>

Roger North’s Life of Guildford.

<p>43</p>

Siehe den Bericht über den Prozeß in der Collection of State Trials.