Der Zauberberg. Volume 2. Томас Манн
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Название: Der Zauberberg. Volume 2

Автор: Томас Манн

Издательство: РИПОЛ Классик

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn: 978-5-521-06257-7, 978-5-521-05933-1

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СКАЧАТЬ mit unverkennbarem, auch lo-bend ausgesprochenem Genuß von dem Baumkuchen, dessen schmale, gebogene Scheiben von Schokoladenadern durchzogen waren.

      Das Gespräch fuhr noch fort, sich mit der Pietà zu beschäftigen, da Hans Castorp mit Blick und Wort an dem Gegenstand festhielt, wobei er sich an Herrn Settembrini wandte und diesen gleichsam mit dem Kunstwerk in kritischen Kontakt zu setzen suchte, – während ja der Abscheu des Humanisten gegen diesen Zimmerschmuck deutlich genug in der Miene zu lesen war, mit der er sich danach umwandte: denn er hatte sich mit dem Rük-ken gegen jenen Winkel gesetzt. Zu höflich, um alles zu sagen, was er dachte, beschränkte er sich darauf, Fehlerhaftigkeiten in den Verhältnissen und den Körperformen der Gruppe zu beanstanden, Verstöße gegen die Naturwahrheit, die weit entfernt seien, rührend auf ihn zu wirken, da sie nicht frühzeitlichem Unvermögen, sondern bösem Willen, einem grundfeindlichen Prinzip entsprängen, – worin Naphta ihm boshaft zustimmte. Gewiß, von technischem Ungeschick könne nicht entfernt die Rede sein. Es handle sich um bewußte Emanzipation des Geistes vom Natürlichen, dessen Verächtlichkeit durch die Verweige-rung jeder Demut davor religiös verkündet werde. Als aber Settembrini die Vernachlässigung der Natur und ihres Studiums für menschlich abwegig erklärte und gegen die absurde Form-losigkeit, der das Mittelalter und die ihm nachahmenden Epo-chen gefrönt hätten, das griechisch-römische Erbe, den Klassi-zismus, Form, Schönheit, Vernunft und naturfromme Heiter-keit, die allein die Sache des Menschen zu fördern berufen seien, in prallen Worten zu erheben begann, mischte Hans Castorp sich ein und fragte, was denn aber bei solcher Bewandtnis mit Plotinus los sei, der sich nachweislich seines Körpers ge-schämt, und mit Voltaire, der im Namen der Vernunft gegen das skandalöse Erdbeben von Lissabon revoliert habe? Absurd? Das sei auch absurd gewesen, aber wenn man alles recht überle-ge, so könne man seiner Ansicht nach das Absurde recht wohl als das geistig Ehrenhafte bezeichnen, und die absurde Natur-feindschaft der gotischen Kunst sei am Ende ebenso ehrenhaft gewesen wie das Gebaren der Plotinus und Voltaire, denn es drücke sich dieselbe Emanzipation von Fatum und Faktum darin aus, derselbe unknechtische Stolz, der sich weigere, vor der dummen Macht, nämlich vor der Natur abzudanken …

      Naphta brach in Lachen aus, das sehr an den bewußten Teller erinnerte und in Husten endigte. Settembrini sagte vornehm:

      "Sie schädigen unseren Wirt, indem Sie so witzig sind, und erweisen sich also undankbar für dies köstliche Gebäck. Ist Dankbarkeit überhaupt Ihre Sache? Wobei ich voraussetze, daß Dankbarkeit darin besteht, von empfangenen Geschenken einen guten Gebrauch zu machen …"

      Da Hans Castorp sich schämte, setzte er scharmant hinzu:

      "Man kennt Sie als Schalk, Ingenieur. Ihre Art, das Gute freundschaftlich zu necken, läßt mich keineswegs an Ihrer Liebe zu ihm verzweifeln. Sie wissen selbstverständlich, daß nur die-jenige Auflehnung des Geistes gegen das Natürliche ehrenhaft zu nennen ist, die die Würde und Schönheit des Menschen im Auge hat, nicht diejenige, welche, wenn sie seine Entwürdigung und Erniedrigung nicht bezweckt, sie doch jedenfalls nach sich zieht. Sie wissen auch, welche entmenschte Greuel, welche mordgierige Unduldsamkeit die Epoche, der das Artefakt da hinter mir sein Dasein verdankt, gezeitigt hat. Ich brauche Sie nur an den entsetzlichen Typ der Ketzerrichter, an die blutige Figur eines Konrad von Marburg etwa, zu erinnern und an seine infame Priesterwut gegen alles, was der Herrschaft des Überna-türlichen entgegenstand. Sie sind weit entfernt, Schwert und Scheiterhaufen als Instrumente der Menschenliebe anzuerken-nen …"

      "In deren Dienst dagegen", äußerte Naphta, "arbeitete die Maschinerie, mit der der Konvent die Welt von schlechten Bür-gern reinigte. Alle Kirchenstrafen, auch der Scheiterhaufen, auch die Exkommunikation, wurden verhängt, um die Seele vor ewiger Verdammnis zu retten, was man von der Vertilgungslust der Jakobiner nicht sagen kann. Ich erlaube mir, zu bemerken, daß jede Pein – und Blutjustiz, die nicht dem Glauben an ein Jen-seits entspringt, viehischer Unsinn ist. Und was die Entwürdigung des Menschen betrifft, so fällt ihre Geschichte exakt mit der des bürgerlichen Geistes zusammen. Renaissance, Aufklä-rung und die Naturwissenschaft und Ökonomistik des neun-zehnten Jahrhunderts haben nichts, aber auch nichts zu lehren unterlassen, was irgend tauglich schien, diese Entwürdigung zu fördern, angefangen mit der neuen Astronomie, die aus dem Zentrum des Alls, dem erlauchten Schauplatz, wo Gott und Teufel um den Besitz des beiderseits heiß begehrten Geschöpfes kämpften, einen gleichgültigen kleinen Wandelstern machte und der großartigen kosmischen Stellung des Menschen, auf der übrigens die Astrologie beruhte, vorderhand ein Ende bereitete."

      "Vorderhand?" Herrn Settembrinis Miene hatte, wie er es lauernd fragte, selber etwas von der eines Ketzerrichters und Inquisitors, der darauf wartet, daß der Aussagende sich im un-zweifelhaft Sträflichen verfange.

      "Allerdings. Für ein paar hundert Jahre", bestätigte Naphta kalt. "Eine Ehrenrettung der Scholastik steht, wenn nicht alles täuscht, auch in dieser Beziehung bevor, sie ist schon im vollen Gange. Kopernikus wird von Ptolemäus geschlagen werden. Die heliozentrische These begegnet nachgerade einem geistigen Wi-derstand, dessen Unternehmungen wahrscheinlich zum Ziele führen werden. Die Wissenschaft wird sich philosophisch genö-tigt sehen, die Erde in alle Würden wieder einzusetzen, die das kirchliche Dogma ihr wahren wollte."

      "Wie? Wie? Geistiger Widerstand? Philosophisch genötigt sehen? Zum Ziele führen? Welche Art von Voluntarismus spricht aus Ihnen? Und die voraussetzungslose Forschung? Die reine Erkenntnis ? Die Wahrheit, mein Herr, die mit der Freiheit so innig verbunden ist, und deren Blutzeugen, aus denen Sie Beleidiger der Erde machen wollen, diesem Stern vielmehr zur ewigen Zierde gereichen?"

      Herr Settembrini hatte eine gewaltige Art, zu fragen. Hoch-aufgerichtet saß er und ließ seine ehrenhaften Worte auf den kleinen Herrn Naphta niedersausen, am Ende die Stimme so mächtig hochziehend, daß man wohl hörte, wie sicher er war, daß des Gegners Antwort hierauf nur in beschämtem Schweigen bestehen könne. Er hatte ein Stück Baumkuchen zwischen den Fingern gehalten, während er sprach, legte es aber nun auf den Teller zurück, da er nach dieser Fragestellung nicht hinein-beißen mochte.

      Naphta erwiderte mit unangenehmer Ruhe:

      "Guter Freund, es gibt keine reine Erkenntnis. Die Rechtmäßigkeit der kirchlichen Wissenschaftslehre, die sich in Augustins Satz 'Ich glaube, damit ich erkenne' zusammenfassen läßt, ist völlig unbestreitbar. Der Glaube ist das Organ der Erkenntnis und der Intellekt sekundär. Ihre voraussetzungslose Wissen-schaft ist eine Mythe. Ein Glaube, eine Weltanschauung, eine Idee, kurz: ein Wille ist regelmäßig vorhanden, und Sache der Vernunft ist es, ihn zu erörtern, ihn zu beweisen. Es läuft immer und in allen Fällen auf das 'Quod erat demonstrandum' hinaus. Schon der Begriff des Beweises enthält, psychologisch genom-men, ein stark voluntaristisches Element. Die großen Scholasti-ker des zwölften und dreizehnten Jahrhunderts waren einig in der Überzeugung, daß in der Philosophie nicht wahr sein könne, was vor der Theologie falsch sei. Lassen wir die Theologie aus dem Spiel, wenn Sie wollen, aber eine Humanität, die nicht anerkennt, daß in der Naturwissenschaft nicht wahr sein kann, was vor der Philosophie falsch ist, das ist keine Humanität. Die Argumentation des heiligen Offiziums gegen Galilei lautete da-hin, daß seine Sätze philosophisch absurd seien. Eine schlagendere Argumentation gibt es nicht."

      "Eh, eh, die Argumente unseres armen, großen Galilei haben sich als stichhaltiger erwiesen! Nein, lassen Sie uns ernsthaft re-den, Professore! Beantworten Sie mir vor diesen beiden auf-merksamen jungen Leuten die Frage: Glauben Sie an eine Wahrheit, an die objektive, die wissenschaftliche Wahrheit, der nachzustreben oberstes Gesetz aller Sittlichkeit ist, und deren Triumphe über die Autorität die Ruhmesgeschichte des Menschengeistes bilden?!"

      Hans Castorp und Joachim wandten die Köpfe von Settembrini zu Naphta, der erstere schneller, als der andere. Naphta antwortete:

      "Ein solcher Triumph ist nicht möglich, denn die Autorität ist der Mensch, sein Interesse, seine Würde, sein Heil, und zwischen ihr und der Wahrheit kann es keinen Widerstreit geben. Sie fallen zusammen."

      "Die Wahrheit wäre demnach –"

      "Wahr СКАЧАТЬ