Название: Die Schatzinsel
Автор: Роберт Стивенсон
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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„Mutter,“ sagte ich, „nimm das Ganze und schauen wir, daß wir fortkommen.“ Denn ich war sicher, daß das verriegelte Tor Argwohn erregt haben mußte und uns das ganze Hornissennest auf den Hals jagen würde. Wie froh ich trotzdem war, daß ich zugeriegelt hatte, kann niemand ermessen, der dem furchtbaren blinden Mann nie begegnet ist.
Aber meine Mutter, trotzdem sie voll Angst war, wollte dennoch keinen Pfennig mehr nehmen, als was ihr gebührte und bestand eigensinnig darauf, daß es auch keinesfalls weniger sein dürfte. Es sei noch lange nicht sieben, sagte sie, sie kenne ihr Recht und wolle es haben. Während sie noch mit mir herumstritt, hörten wir einen dünnen, leisen Pfiff ein gutes Stück entfernt vom Hügel her. Das war genug und mehr als genug für uns beide.
„Ich nehme, was ich habe“, sagte sie, aufspringend.
„Und ich nehme das da, um die Rechnung glattzustellen“, sagte ich, und nahm das Wachstuchpaket.
Im nächsten Augenblick tasteten wir uns beide die Treppe hinunter, da wir die Kerze bei dem leeren Koffer zurückgelassen hatten und eine Minute später waren wir draußen und in vollem Rückzug. Wir waren keinen Moment zu früh aufgebrochen. Der Nebel teilte sich rasch und schon beschien der Mond die Raine an beiden Seiten der Straße, und nur ganz am Grunde des Tales und rund um das Wirtshaus hing noch ein dünner Nebelschleier, der die ersten Schritte unserer Flucht deckte. Lange ehe wir den halben Weg zum Dorfe zurückgelegt hatten, mußten wir hinaus in das helle Mondlicht. Aber nicht genug daran. Der Klang mehrerer Schritte schlug an unser Ohr, und als wir in die Richtung blickten, sahen wir ein hin und her schwankendes Licht näherkommen. Es war klar, daß das nur eine Laterne sein konnte, die einer der Herannahenden trug.
„Liebling,“ flüsterte meine Mutter plötzlich, „nimm das Geld und lauf, ich kann nicht weiter, ich werde ohnmächtig!“
Das war unser beider sicheres Ende. Wie ich da die Feigheit der Nachbarn verfluchte, wie ich meiner armen Mutter grollte wegen ihrer Ehrlichkeit und ihrer Habsucht, ihrer früheren Tollkühnheit wegen und ihrer jetzigen Schwäche! Wir waren zum Glück eben zu einer kleinen Brücke gekommen und ich half der Wankenden zum Uferrand hinunter, wo sie mit einem Seufzer ohnmächtig an meine Schulter sank.
Ich weiß nicht, woher ich die Kraft nahm, sie zu tragen und ich fürchte, ich habe es nicht sehr zart gemacht, aber immerhin schleppte ich sie die Böschung hinunter und ein Stückchen unter den Brückenbogen. Weiter konnte ich sie nicht bringen, denn die Brücke war zu niedrig, so daß ich nur hineinkriechen konnte. Dort mußten wir bleiben, meine Mutter fast ganz unbeschützt, und wir beide in Hörweite vom Gasthofe.
Fünftes Kapitel
In gewissem Sinne war meine Neugierde stärker als meine Furcht, denn es hielt mich nicht in meinem Versteck, sondern ich kroch wieder auf die Böschung hinauf, von wo aus ich, den Kopf hinter einem Ginstergebüsch verborgen, die Straße vor unserem Tor überblicken konnte. Ich hatte kaum meine Stellung bezogen, als meine Feinde schon herankamen und ihre Schritte schlugen in unregelmäßigen Abständen auf den Boden. Der mit der Laterne war einige Schritte voran. Drei Männer liefen Hand in Hand und ich konnte auch durch den Nebel bemerken, daß der mittlere in diesem Trio der blinde Bettler war. Im nächsten Augenblick hörte ich an seiner Stimme, daß es so war.
„Nieder mit dem Tor!“ schrie er.
„Ja, ja, Herr!“ antworteten zwei oder drei und der „Admiral Benbow“ wurde gestürmt. Der Laternenträger folgte. Dann sah ich sie innehalten und hörte sie in leiserem Tone sprechen, als seien sie überrascht, das Tor offen zu finden. Aber die Unschlüssigkeit dauerte nicht lange, denn der blinde Mann gab wieder seine Befehle. Seine Stimme klang lauter und schärfer, wie von Eifer und Wut befeuert.
„Hinein, hinein, hinein!“ schrie er und fluchte über ihre Langsamkeit.
Vier oder fünf gehorchten sofort, zwei blieben mit dem entsetzlichen Bettler auf der Straße. Eine Weile blieb es still, dann ein Ruf der Überraschung, endlich eine Stimme aus dem Hause:
„Bill ist tot!“
Aber wieder beschimpfte sie der Blinde wegen ihres Zauderns.
„Durchsucht ihn, ein paar von euch, schwatzende Tölpel, die andern hinauf und bringt den Koffer!“ rief er.
Ich hörte ihre Füße unsere alte Treppe hinauftrampeln und das Haus mag da wohl erbebt haben. Bald darauf neue Ausrufe des Erstaunens. Mit einem Krach und Klirren von zerbrochenem Glas wurde das Fenster des Kapitäns aufgestoßen und ein Mann lehnte hinaus und wandte sich an den blinden Bettler auf der Straße.
„Pew,“ rief er, „jemand war früher da als wir und hat den Koffer um und um gedreht.“
„Ist sie da?“ brüllte Pew.
„Das Geld ist da.“
„Der Henker hol das Geld! Flints Faust mein ich.“
„Wir sehen sie hier nirgends“, erwiderte der Mann. „Hallo, ihr da unten, hat Bill sie bei sich?“ rief der blinde Mann wiederum.
Darauf kam ein anderer Bursch, offenbar derjenige, der unten geblieben war, um den Leichnam zu durchsuchen, an das Tor des Wirtshauses. „Bill ist schon durchsucht worden,“ sagte er, „nichts mehr da.“
„Das sind diese Wirtsleute – , das ist der Junge! Ich wollte ich hätte ihm die Augen ausgestochen!“ schrie der blinde Pew. „Noch vor kurzer Zeit waren sie hier – das Tor war verriegelt. Lauft Burschen, und sucht sie.“
„Freilich, sie haben ja ihre Kerze brennen lassen“, rief er aus dem Fenster.
„Auf! Verteilt euch und sucht sie! Stöbert das Haus durch!“ wiederholte Pew und stieß mit seinem Stock auf den Boden.
Dann folgte ein großes Getöse im ganzen Hause, schwere Tritte polterten treppauf, treppab, Einrichtungsstücke wurden umgeworfen, Türen eingeschlagen, daß der Lärm in den Felsen widerhallte, dann kamen die Männer einer nach dem andern auf die Straße hinaus und erklärten, daß wir nicht zu finden seien. Und eben in diesem Augenblick hörte man wieder den Pfiff, der meine Mutter und mich so erschreckt hatte, als wir das Geld des Kapitäns zählten, diesmal in zweimaliger Wiederholung. Ich hatte ihn für das Angriffssignal des blinden Bettlers gehalten, für seine Schlachttrompete sozusagen, die seine Mannschaft zum Sturm rufen sollte. Doch jetzt merkte ich, daß es ein Signal vom Hügel her gegen das Dorf zu bedeutete und aus der Wirkung auf die Piraten konnte ich deutlich schließen, daß es ein Warnungszeichen war, das drohende Gefahr meldete.
„Das ist schon wieder Dirk“, sagte einer. „Noch ein Pfiff. Wir werden verduften müssen, Kameraden!“
„Verduften, du Drückeberger“, schrie Pew. „Dirk war immer ein Narr und ein Feigling dazu, auf den braucht ihr nicht zu hören. Sie müssen in der Nähe sein, weit sind sie nicht gekommen, ihr habt sie in der Hand. Verteilt euch und sucht sie, Hunde. O verflucht,“ rief er aus, „wenn ich nur Augen hätte!“
Dieser Appell schien einige Wirkung zu üben, denn zwei der Leute begannen da und dort im Gesträuch herumzustöbern, doch wie mir schien, ohne rechten Eifer und mehr an die eigene Gefahr denkend, während die übrigen unschlüssig auf der Straße herumstanden.
„Ihr habt Tausende an der Hand, ihr Narren, und ihr schont eure Beine. Ihr könnt reich werden wie Könige, СКАЧАТЬ