Kunst und Künstler Almanach 1909. Various
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Название: Kunst und Künstler Almanach 1909

Автор: Various

Издательство: Public Domain

Жанр: Журналы

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СКАЧАТЬ sogenannt „Malerische“, sondern er fasst das Leben malerisch auf: die höchste Aufgabe des malenden Künstlers.

      Es versteht sich von selbst, dass der Maler desto mehr die Ausdrucksmittel seiner Kunst beherrschen muss, je mehr er sich auf die Malerei beschränkt, d. h. je mehr er auf literarischen Inhalt verzichtet, und wir müssen schon bis auf Velasquez und F. Hals zurückgehen, um einen „Malermeister“ wie Manet zu finden.

      Aber selbst Justi, der berühmte Verfasser des Velasquez, nennt noch Manet in seinem Pamphlet gegen die moderne Kunst (das, obgleich oder richtiger weil es nur als Manuskript gedruckt ist, in aller Händen ist) einen geistreichen Skizzisten. Was freilich nicht geschimpft ist, wenn damit gesagt sein soll, dass Manets Bilder die Frische der Skizze, die leider im Bilde fast immer verloren geht, bewahren.

      In der Skizze feiert der Künstler die Brautnacht mit seinem Werke; mit der ersten Leidenschaft und mit der Konzentration aller seiner Kräfte ergiesst er in die Skizze, was ihm im Geiste vorgeschwebt hat, und er erzeugt im Rausche der Begeisterung, was keine Mühe und Arbeit ersetzen können. Im längeren Zusammenleben mit seinem Werke erkaltet die Liebe, und der Künstler sieht zu seinem Schrecken, daß das Bild nicht hält, was die Skizze versprochen hat.

      Aber Justi verbindet mit dem Worte „Skizze“ einen Vorwurf; er meint, dass Manet – und die moderne Kunst überhaupt – keine vollendeten Werke geschaffen hat. Freilich hat Manet seine Bilder nicht vollendet wie Metsu, Mieris oder Meissonier. Aber hat er deshalb weniger vollendet? Ist etwa die berühmte Kürassier-Attacke von Meissonier durchgeführter? Allerdings sieht man jedes Hufeisen der Pferde, jedes Glanzlicht auf der Nase der Reiter, jeden Strohhalm des Kornfeldes. Nur leider fehlt die Hauptsache: das Stürmen und Dahersausen der Kürassiere, es fehlt das „hurre, hurre, hopp, hopp, hopp, ging's fort im sausenden Galopp“. Wie Manet ebenso treffend wie boshaft vor dem Bilde sagte: alles ist wie aus Erz, bis auf die – Kürasse. In einem Bildchen, nicht grösser als eine Seite von „Kunst und Künstler“ hat Manet ein Wettrennen gemalt. Drei oder vier Jockeys, ganz von vorn gesehen, die auf den Beschauer losjagen. Man fühlt das Vorbeisausen der Pferde, wie die Jockeys sie zur höchsten Schnelligkeit im Laufe anspornen, und obgleich man kaum die Beine der Pferde oder die Köpfe der Reiter sieht, ist Manets Bild im Eindruck viel vollendeter als das Meissoniers, wo jeder Pferdehuf, ja fast jeder Nagel im Hufe zu sehen ist.

      Freilich malt Manet nicht wie Velasquez, und das ist ein Glück, denn sonst hätten wir ein Genie weniger und nur einen lumpigen Nachahmer mehr. Manet hat uns etwas Eignes zu sagen: daher hat er seine eigne Sprache, die zu verstehen wir erst lernen müssen, denn nur das Gemeine wird allgemein und sogleich verstanden. Er malt keine Kunststücke, sondern Kunstwerke; keine Spur von Kalligraphie.

      Ausführung heisst nicht Ausführlichkeit. Kunst giebt nicht breite Bettelsuppe, sondern Extrakt. Manet macht keinen Strich zu viel, aber auch keinen zu wenig, ein jeder ist notwendig. Man betrachte die beiden Holzschnitte: jeder Strich „zieht“; er modelliert mit dem Kontur, mit der Linie weiss er das Schwellende des Körpers wiederzugeben, mit zwei dunklen Punkten das Funkelnde der Augen. Der Körper leuchtet. Und die Verteilung von Schwarz und Weiss: der ganze Raum ist angefüllt von „Licht und Luft und bewegendem Leben“ – daher die Grösse des Eindruckes auch bei dem kleinsten Format.

      Darin beruht die Poesie der wahren Malerei: mit den ihr eignen Ausdrucksmitteln, d. h. mit der Zeichnung und Farbe das Gefühl von Licht und Luft uns vorzuzaubern; sonst ist sie vielleicht Poesie oder Musik, keinesfalls aber Malerei.

      Wie jeder wahre Maler, ist Manet vom höchsten sinnlichen Reize. Die Mathematik in seiner Kunst ist völlig versteckt. Aber hinter der scheinbaren Zufälligkeit verbirgt sich die vollkommenste Kunst der Komposition und die Kultur der Holländer, Spanier und – last not least – der Japaner.

      Was er macht, ist eine Freude anzuschauen; jedem Material weiss er seinen geheimsten Zauber zu entlocken: welche Sattheit der Farbe, welche Fülle des Tons selbst in diesen kleinen Schwarz-Weiss-Blättchen; diese Kraft und dabei die Zartheit! Die wunderbaren Aktzeichnungen Rembrandts im Amsterdamer Kupferstichkabinett fallen mir ein: nur Rembrandt wusste mit so wenigem so viel zu geben!

      Und das sollte keine Kunst sein? Weil die Alten es anders gemacht haben?

      Wer das behauptet, beweist nur, dass er von alter Kunst ebensowenig versteht wie von moderner. Denn es giebt nur eine Kunst: die lebt, ob sie alt ist oder modern. Was jung geblieben an der alten Kunst, wird an der modernen Kunst jung bleiben. Das übrige veraltet.

      Wer aber an der alten Kunst anderes schätzt als das Leben, läuft Gefahr, nicht das Werk der alten Meister zu schätzen, sondern in den meisten Fällen nur das Werk des Restaurators.

      UEBER LANDSCHAFTSMALEREI

      VON

      ALFRED SISLEY

      Aperçüs über Kunst niederschreiben, was man heutzutage so etwa sein ästhetisches Glaubensbekenntnis nennt: das scheint mir eine recht heikle Sache zu sein, und wenn ich es versuche, muss ich gleich an Turner denken und an eine Anekdote, die mir von ihm erzählt wurde. Er ging von ein paar befreundeten Malern fort, wo nicht schlecht über Malerei gerauft worden war. Im Innern hielt natürlich jeder seine Kunst für die beste, äusserlich versuchte aber jeder, diese Vorliebe hinter grossen Worten und schönen pompösen Theorien zu verbergen. Während der ganzen Diskussion hatte Turner kein Wort geäussert. Auf der Strasse erst wendete er sich an einen Freund, der ihn begleitete, und sagte: „Eine zu komische Sache, die Malerei, was?“

      Denselben Widerwillen, den Turner empfand, Theorien aufzustellen, empfinde auch ich und glaube, dass es tausendmal leichter ist, mit dem grossen Mund ein Meisterwerk zu schaffen, als mit dem Pinsel oder einem anderen Material.

      Doch ohne irgend welchen Anspruch darauf zu erheben, eine Art Vortrag über die Landschaftsmalerei zu halten, werde ich ganz einfach sagen, was ich darüber denke.

      Das Interesse an einem Bilde beruht auf verschiedenen Ursachen.

      Das Sujet oder das Motiv muss stets in einer für den Beschauer einfachen, verständlichen und packenden Weise wiedergegeben werden.

      Der Maler muss den Beschauer zwingen durch Fortlassen alles überflüssigen Details denselben Weg mit ihm zu gehen und sofort das zu sehen, was den ausübenden Künstler gepackt hat.

      Auf einem Bilde giebt es immer ein Eckchen, das man besonders liebt.

      Dies bildet einen besonderen Reiz von Corot und auch von Jongkind.

      Neben dem Sujet liegt das Hauptinteresse innerhalb der Landschaftsmalerei in dem Leben und in der Bewegung.

      Und darin liegt zugleich auch die Hauptschwierigkeit. Seinem Werke Leben einzuhauchen, ist die unerlässliche Bedingung für den echten Künstler. Alles muss dazu beitragen: die Form, die Farbe, die Ausführung. Die Erregung des Schaffenden erzeugt das Leben und erweckt dieselbe Erregung beim Beschauer.

      Und obgleich der Maler über seinem Werke stehen soll, so muss in gewissen Momenten die Ausführung leidenschaftlich sein, um dem Beschauer die Erregung zu suggerieren, die der Künstler empfunden hat.

      Daraus sehen Sie, dass ich für eine verschiedenartige Ausführung auf ein und demselben Bilde bin. Das ist nicht die landläufige Meinung, doch glaube ich recht zu haben, hauptsächlich wenn es sich darum handelt, Lichteffekte wiederzugeben. Denn die Sonne mildert manche Teile der Landschaft und hebt andere kräftiger heraus, und diese Lichtwirkungen, die sich in der Natur beinah materiell nachweisen lassen, müssen auch materiell auf der Leinwand wiedergegeben werden.

      Es ist wichtig, dass die Gegenstände richtig und fest aufgebaut sind, absolut notwendig ist aber, dass sie von Licht umflutet dargestellt werden, wie sie es in der Natur СКАЧАТЬ