Название: Kritik der reinen Vernunft
Автор: Immanuel Kant
Издательство: Public Domain
Жанр: Философия
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Zweitens werden wir uns bloß auf diejenigen Grundsätze, die sich auf die Kategorien beziehen, einschränken. Die Prinzipien der transzendentalen Ästhetik, nach welchen Raum und Zeit die Bedingungen der Möglichkeit aller Dinge als Erscheinungen sind, imgleichen die Restriktion dieser Grundsätze: daß sie nämlich nicht auf Dinge an sich selbst bezogen werden können, gehören also nicht in unser abgestochenes Feld der Untersuchung. Ebenso machen die mathematischen Grundsätze keinen Teil dieses Systems aus, weil sie nur aus der Anschauung, aber nicht aus dem reinen Verstandesbegriffe gezogen sind; doch wird die Möglichkeit derselben, weil sie gleichwohl synthetische Urteile a priori sind, hier notwendig Platz finden, zwar nicht, um ihre Richtigkeit und apodiktische Gewißheit zu beweisen, welches sie gar nicht nötig haben, sondern nur die Möglichkeit solcher evidenten Erkenntnisse a priori begreiflich zu machen und zu deduzieren.
Wir werden aber auch von dem Grundsatze analytischer Urteile reden müssen, und dieses zwar im Gegensatz mit der synthetischen, als mit welchen wir uns eigentlich beschäftigen, weil eben diese Gegenstellung die Theorie der letzteren von allem Mißverstande befreit, und sie in ihrer eigentümlichen Natur deutlich vor Augen legt.
Das System der Grundsätze des reinen Verstandes
Erster Abschnitt
Von dem obersten Grundsatze aller analytischen Urteile
Von welchem Inhalt auch unsere Erkenntnis sei, und wie sie sich auf das Objekt beziehen mag, so ist doch die allgemeine, obzwar nur negative Bedingung aller unserer Urteile überhaupt, daß sie sich nicht selbst widersprechen; widrigenfalls diese Urteile an sich selbst (auch ohne Rücksicht aufs Objekt) nichts sind. Wenn aber auch gleich in unserem Urteile kein Widerspruch ist, so kann es dem ungeachtet doch Begriffe so verbinden, wie es der Gegenstand nicht mit sich bringt, oder auch, ohne daß uns irgendein Grund weder a priori noch a posteriori gegeben ist, welcher ein solches Urteil berechtigte, und so kann ein Urteil bei allem dem, daß es von allem inneren Widerspruche frei ist, doch entweder falsch oder grundlos sein.
Der Satz nun: Keinem Dinge kommt ein Prädikat zu, welches ihm widerspricht, heißt der Satz des Widerspruchs, und ist ein allgemeines, obzwar bloß negatives, Kriterium aller Wahrheit, gehört aber auch darum bloß in die Logik, weil er von Erkenntnissen, bloß als Erkenntnissen überhaupt, unangesehen ihres Inhalts gilt, und sagt: daß der Widerspruch sie gänzlich vernichte und aufhebe.
Man kann aber doch von demselben auch einen positiven Gebrauch machen, d.i. nicht bloß, um Falschheit und Irrtum (sofern er auf dem Widerspruch beruht) zu verbannen, sondern auch Wahrheit zu erkennen. Denn, wenn das Urteil analytisch ist, es mag nun verneinend oder bejahend sein, so muß dessen Wahrheit jederzeit nach dem Satze des Widerspruchs hinreichend können erkannt werden. Denn von dem, was in der Erkenntnis des Objekts schon als Begriff liegt und gedacht wird, wird das Widerspiel jederzeit richtig verneint, der Begriff selber aber notwendig von ihm bejaht werden müssen, darum, weil das Gegenteil desselben dem Objekte widersprechen würde.
Daher müssen wir auch den Satz des Widerspruchs als das allgemeine und völlig hinreichende Prinzipium aller analytischen Erkenntnis gelten lassen; aber weiter geht auch sein Ansehen und Brauchbarkeit nicht, als eines hinreichenden Kriterium der Wahrheit. Denn daß ihm gar keine Erkenntnis zuwider sein könne, ohne sich selbst zu vernichten, das macht diesen Satz wohl zur conditio sine qua non, aber nicht zum Bestimmungsgrunde der Wahrheit unserer Erkenntnis. Da wir es nun eigentlich nur mit dem synthetischen Teile unserer Erkenntnis zu tun haben, so werden wir zwar jederzeit bedacht sein, diesem unverletzlichen Grundsatz niemals zuwider zu handeln, von ihm aber, in Ansehung der Wahrheit von dergleichen Art der Erkenntnis, niemals einigen Aufschluß gewärtigen können.
Es ist aber doch eine Formel dieses berühmten, obzwar von allem Inhalt entblößten und bloß formalen Grundsatzes, die eine Synthesis enthält, welche aus Unvorsichtigkeit und ganz unnötigerweise in ihr gemischt worden. Sie heißt: es ist unmöglich, daß etwas zugleich sei und nicht sei. Außer dem, daß hier die apodiktische Gewißheit (durch das Wort unmöglich) überflüssigerweise angehängt worden, die sich doch von selbst aus dem Satz muß verstehen lassen, so ist der Satz durch die Bedingung der Zeit affiziert, und sagt gleichsam: Ein Ding = A, welches etwas = B ist, kann nicht zu gleicher Zeit non B sein; aber es kann gar wohl beides (B sowohl, als non B) nacheinander sein. Z.B. ein Mensch, der jung ist, kann nicht zugleich alt sein; ebenderselbe kann aber sehr wohl zu einer Zeit jung, zur anderen nicht-jung, d.i. alt sein. Nun muß der Satz des Widerspruchs, als ein bloß logischer Grundsatz, seine Aussprüche gar nicht auf die Zeitverhältnisse einschränken, daher ist eine solche Formel der Absicht desselben ganz zuwider. Der Mißverstand kommt bloß daher: daß man ein Prädikat eines Dinges zuvörderst von dem Begriff desselben absondert, und nachher sein Gegenteil mit diesem Prädikate verknüpft, welches niemals einen Widerspruch mit dem Subjekte, sondern nur mit dessen Prädikate, welches mit jenem synthetisch verbunden worden, abgibt, und zwar nur dann, wenn das erste und zweite Prädikat zu gleicher Zeit gesetzt werden. Sage ich, ein Mensch, der ungelehrt ist, ist nicht gelehrt, so muß die Bedingung: zugleich, dabei stehen, denn der, so zu einer Zeit ungelehrt ist, kann zu einer anderen gar wohl gelehrt sein. Sage ich aber, kein ungelehrter Mensch ist gelehrt, so ist der Satz analytisch, weil das Merkmal (der Ungelehrtheit) nunmehr den Begriff des Subjekts mit ausmacht, und alsdann erhellt der verneinende Satz unmittelbar aus dem Satze des Widerspruchs, ohne daß die Bedingung: zugleich, hinzukommen darf. Dieses ist denn auch die Ursache, weswegen ich oben die Formel desselben so verändert habe, daß die Natur eines analytischen Satzes dadurch deutlich ausgedrückt wird.
Des Systems der Grundsätze des reinen Verstandes
Zweiter Abschnitt
Von dem obersten Grundsatze aller synthetischen Urteile
Die Erklärung der Möglichkeit synthetischer Urteile, ist eine Aufgabe, mit der die allgemeine Logik gar nichts zu schaffen hat, die auch sogar ihren Namen nicht einmal kennen darf. Sie ist aber in einer transzendentalen Logik das wichtigste Geschäft unter allen, und sogar das einzige, wenn von der Möglichkeit synthetischer Urteile a priori die Rede ist, imgleichen den Bedingungen und dem Umfange ihrer Gültigkeit. Denn nach Vollendung desselben, kann sie ihrem Zwecke, nämlich den Umfang und die Grenzen des reinen Verstandes zu bestimmen, vollkommen ein Genüge tun.
Im analytischen Urteile bleibe ich bei dem gegebenen Begriffe, um etwas von ihm auszumachen. Soll es bejahend sein, so lege ich diesem Begriffe nur dasjenige bei, was in ihm schon gedacht war; soll es verneinend sein, so schließe ich nur das Gegenteil desselben von ihm aus. In synthetischen Urteilen aber soll ich aus dem gegebenen Begriff hinausgehen, um etwas ganz anderes, als in ihm gedacht war, mit demselben im Verhältnis zu betrachten, welches daher niemals, weder ein Verhältnis der Identität, noch des Widerspruchs ist, und wobei dem Urteile an ihm selbst weder die Wahrheit, noch der Irrtum angesehen werden kann.
Also zugegeben: daß man aus einem gegebenen Begriffe hinausgehen müsse, um ihn mit einem anderen synthetisch zu vergleichen, so ist ein Drittes nötig, worin allein die Synthesis zweier Begriffe entstehen kann. Was ist nun aber dieses Dritte, als das Medium aller synthetischen Urteile? Es ist nur ein Inbegriff, darin alle unsere Vorstellungen enthalten sind, nämlich der innere Sinn, und die Form desselben a priori, die Zeit. Die Synthesis der Vorstellungen beruht auf der Einbildungskraft, die synthetische Einheit derselben aber (die zum Urteile erforderlich ist) auf der Einheit der Apperzeption. Hierin wird also die Möglichkeit synthetischer Urteile, und da alle drei die Quellen zu Vorstellungen a priori enthalten, auch die Möglichkeit reiner synthetischer СКАЧАТЬ