Название: Anna Karenina, 1. Band
Автор: Лев Николаевич Толстой
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
isbn:
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Nachdem er alle anderen begrüßt und einige Worte gewechselt hatte, setzte er sich, ohne auch nur ein einziges Mal nach Lewin zu schauen, der keinen Blick von ihm verwandte.
„Gestattet, daß ich bekannt mache,“ hub jetzt die Fürstin an, auf Lewin weisend: „Konstantin Dmitritsch Lewin – Graf Aleksey Kyrillowitsch Wronskiy.“ —
Wronskiy erhob sich, freundlich auf Lewin blickend und ihm die Hand drückend. „Ich hätte mit Ihnen heuer im Winter dinieren müssen, scheint mir,“ begann er mit seinem guten und offenherzigen Lächeln, „aber Ihr waret so unerwartet auf das Land gereist.“
„Konstantin Dmitritsch verachtet und haßt das Stadtleben und uns, die Städter,“ warf die Gräfin Nordstone ein.
„Meine Worte müssen doch recht sehr auf Euch eingewirkt haben, da Ihr derselben so sehr gedenkt,“ sagte Lewin, wurde aber rot, da ihm einfiel, daß er diese Worte bereits vorher gesprochen hatte.
Wronskiy blickte Lewin an und dann die Gräfin Nordstone und lächelte.
„Haltet Ihr Euch stets auf dem Lande auf?“ frug er, „ich sollte meinen, im Winter ist das langweilig?“
„Es ist nicht langweilig, wenn man Beschäftigung hat und mit mir selbst langweile ich mich nicht,“ antwortete Lewin fest.
„Ich liebe das Dorf,“ fuhr Wronskiy fort, sich den Anschein gebend, als bemerke er den Ausdruck und den Ton Lewins nicht.
„Aber ich hoffe doch, Graf, daß Ihr nie einverstanden damit sein würdet, stets daselbst zu leben,“ rief die Gräfin Nordstone.
„Ich weiß nicht, da ich das Landleben auf die Dauer nicht erprobt habe. Ich empfand stets ein seltsames Gefühl,“ antwortete Wronskiy, „aber nirgends habe ich mich so gesehnt, in Langerweile, nach dem Dorfe, dem russischen Dorfe mit seinen Bastschuhen und Muschiks, als zur Zeit, da ich mit Mama einen Winter in Nizza verlebte. Nizza ist an und für sich langweilig, Ihr wißt es ja; selbst Neapel, Sorrento sind nur für kurze Zeit schön. Gerade dort gedenkt man besonders lebhaft Rußlands und vor allem des Dorfes. Jene Orte sind gleichsam“ —
Er sprach weiter, zu Kity wie zu Lewin gewendet und seine ruhigen und freundlichen Blicke von einem auf den andern gleiten lassend; er sagte offenbar das, was er eben dachte. Da er bemerkte, daß die Gräfin Nordstone etwas einwerfen wollte, hielt er inne, ohne den angefangenen Satz zu vollenden und begann, dieser aufmerksames Gehör zu schenken.
Das Gespräch verstummte keine Minute, so daß die alte Fürstin, welche stets für den Fall eintretenden Mangels an einem Gesprächsthema zwei schwere Geschütze in Reserve hatte, nämlich die klassische und die reale Bildung und die allgemeine Militärpflicht, gar nicht in die Lage kam, dieselben auffahren zu müssen, während die Gräfin Nordstone keine Gelegenheit finden konnte, sich an Lewin zu reiben.
Dieser bezeugte keine Lust, in das allgemeine Gespräch einzugreifen; er sagte jeden Augenblick zu sich selbst, er müsse nun fort, und dennoch ging er nicht gleichwie in der Erwartung irgend eines Ereignisses.
Die Unterhaltung kam jetzt auf Tischrücken und Geister, und die Gräfin Nordstone, welche an den Spiritismus glaubte, begann von Wundern zu erzählen die sie gesehen haben wollte.
„O, Gräfin, bringt mich, ich bitte Euch um aller Heiligen willen, mit den Geistern in Verbindung! Noch niemals habe ich etwas Ungewöhnliches erlebt, und suche doch allüberall darnach,“ sagte Wronskiy lächelnd.
„Gut, nächsten Sonnabend,“ versetzte die Gräfin Nordstone, „Ihr aber, Konstantin Dmitritsch, glaubt Ihr denn an die Geister?“ frug sie Lewin.
„Weshalb fragt Ihr mich? Ihr wißt ja doch wohl, was ich antworten werde.“
„Ich wünsche aber Eure Meinung zu hören.“
„Meine Meinung ist nur die,“ versetzte Lewin, „die sich bewegenden Stühle beweisen, daß die sogenannte gebildete Gesellschaft nicht höher steht als der Muschik. Dieser glaubt an den bösen Blick, an die Behexung, wir aber“ —
„Nun, Ihr glaubt nicht?“
„Ich kann es nicht, Gräfin!“
„Aber wenn ich selbst gesehen habe“ —
„Auch die alten Weiber erzählen, daß sie Kobolde gesehen haben.“
„So denkt Ihr also, ich spreche die Unwahrheit?“
Sie lachte nicht gut.
„Siehst du, Mama, Konstantin Dmitritsch sagt, er könne nicht daran glauben,“ sagte Kity, über Lewin errötend; dieser verstand das, und wollte, noch mehr in Erregung geratend, antworten, allein Wronskiy mit seinem offenen, heiteren Lächeln, kam dem Gespräch sogleich zu Hilfe, da es unangenehm zu werden drohte.
„Ihr gebt eine Möglichkeit absolut nicht zu?“ frug er, „weshalb nicht? Wir räumen doch die Existenz der Elektricität, die wir noch nicht näher kennen, ein; weshalb sollte da nicht auch eine neue Kraft die uns noch unbekannt ist, vorhanden sein können, welche“ —
„Als die Elektricität entdeckt wurde,“ erwiderte Lewin schnell, „so war nur deren Offenbarung entdeckt und es blieb Geheimnis, woher sie stamme und was sie bewirke; Jahrhunderte aber vergingen, bevor man an ihre Verwendung dachte. Die Spiritualisten hingegen begannen damit, daß ihnen ihre Tische etwas aufschrieben, daß die Geister zu ihnen kamen, und dann erst sagten sie, es sei dabei eine unerforschte Kraft vorhanden.“
Wronskiy hörte aufmerksam auf Lewins Worte, wie er es eben stets that; augenscheinlich von denselben interessiert.
„Ganz wohl; aber die Spiritualisten sagen, wir wissen jetzt nicht was für eine Kraft hier wirkt, aber es ist eine und unter bestimmten Vorbedingungen tritt sie auf. Mögen doch nun die Gelehrten entdecken, worin diese Kraft besteht. Nein, nein, ich sehe nicht ein, warum nicht eine neue Kraft vorhanden sein könnte, wenn“ —
„Da aber,“ unterbrach ihn Lewin, „bei der Elektricität stets, sobald man Bernstein an Wolle reibt, sich jene bekannte Erscheinung zeigt, hier dies aber nicht jedesmal der Fall ist, so ist diese neue Kraft wahrscheinlich doch wohl keine – Naturerscheinung.“ —
Wohl in der Empfindung, daß das Gespräch einen für die Gesellschaft zu ernsten Charakter annehme, erwiderte Wronskiy nichts hierauf, sondern lächelte nur heiter in dem Bemühen, das Thema zu wechseln, und wandte sich an die Damen.
„Machen wir sogleich eine Probe, Gräfin,“ sagte er; doch Lewin wollte aussprechen, wie er dachte.
„Ich meine,“ fuhr er fort, „daß jener Versuch der Spiritualisten, ihre Wunder mit einer neuen Kraft zu erklären, völlig unglücklich ist. Sie sprechen unverhohlen von einer geistigen Kraft und wollen diese materiellen Versuchen unterwerfen.“
Alle warteten, daß er enden sollte, und er selbst empfand das.
„Ich СКАЧАТЬ