Onnen Visser. Sophie Worishoffer
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Название: Onnen Visser

Автор: Sophie Worishoffer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ antwortete mit festem Tone der Seemann. »Das habe ich gesagt, Herr Oberst. Es ist ein Akt der Gewalt, nicht des Rechtes, armen Leuten ihr Eigentum zu nehmen und es zu verbrennen. Wünschen Sie sonst noch etwas!«

      »Rebell!« schrie der Franzose. »Chien!«

      Er griff an den Degen, zögerte aber doch, ihn zu ziehen. Dichter und dichter hatten sich die Fischer um den Kapitän geschart, sie murrten, sie ballten die Fäuste – noch einen einzigen Schritt weiter und der Tumult wäre ausgebrochen.

      Oberst Jouffrin sah es und trieb es klugerweise nicht weiter. Sich abwendend, sprach er einige Worte mit seinem Adjutanten, der darauf den Leuten befahl, jetzt sogleich auseinanderzugehen. »Dieser Platz ist fernerhin nur dann zu betreten«, hieß es, »wenn irgendeine Proklamation erfolgen soll. Ungerufen darf niemand kommen.«

      Die Fischer entfernten sich langsam, einer nach dem andern bot dem Kapitän treuherzig die Hand. »Wenn du es nur nicht noch büßen mußt, Visser! Der Franzose sah dich so giftig an.« Der Seemann lachte. »Sie wissen, daß meine ›Taube‹ in ihrem Schnabel allerlei Waren nach Norderney trägt, mein Junge, und sie ärgern sich, daß sie ihnen niemals zu Schuß kommt.«

      »Beschrei dein gutes Glück doch lieber nicht, Visser!«

      »Pah, die ›Taube‹ wird noch in den nächsten Tagen nach Baltrum fliegen und dort allerlei aufpicken, was hier in den Häusern fehlt – Zucker, Tabak und Kaffee.«

      Sie nickten einander zu, mühsam durch den tiefen Sand watend. Gepflasterte Straßen hat Norderney bekanntlich auch heute noch nicht, damals aber fehlten selbst die Bürgersteige aus Ziegelsteinen, die kleinen Gärten und Rasenflecke, während Pferde und Esel, Kühe, Schweine und Hühner nach Belieben herumliefen, um sich im Dorfe oder auf den Dünen das unentbehrlichste Futter zusammen zu scharren.

      Als der Kapitän mit seinem Sohne nach Hause kam, saß die alte Folke Eils schon da, um sich nach Herzenslust auszuweinen, es nahten aber von der ändern Seite her noch sonstige Gäste, der Oberst Jouffrin in eigener Person, begleitet von fünf Soldaten, die ohne Gruß oder Frage in das Zimmer gingen und jedes Stück vorn Platze rückten, jeden Gegenstand herabwarfen, umkehrten oder auseinandernahmen.

      Sie drängten sich alle zugleich in den engen Raum; dabei wurde hier eine Fensterscheibe zerstoßen, dort der Spiegel oder die Tür des Glasschrankes. Binnen wenigen Minuten glich das saubere Zimmer einem Schutthaufen, selbst Hund und Katze hatten Fußtritte erhalten, die blühenden Topfgewächse waren zerrissen und geknickt.

      Der Kapitän beherrschte mit den Augen seine Frau und seinen Sohn. Oberst Jouffrin sollte nicht die Genugtuung haben, ein Glied der kleinen Familie verhaften zu dürfen, er wollte ihn vielmehr in den Augen der Soldaten empfindlich demütigen.

      »Da, Folke Eils«, sagte er, ruhig der alten Frau eine Handvoll Taler reichend, »da sind die zwanzig. Und das Bett bringt dir mein Junge herüber.«

      »Gewiß!« rief Onnen. »Komm her, Mutter Eils, da hast du, was meine Sparbüchse vermag. Nun weine nicht mehr!«

      Der Oberst und seine Leute mußten abziehen, ohne auch nur eine Kaffeebohne oder ein Reiskorn gefunden zu haben, das steigerte ihre Wut auf das höchste, und zwar aus einem die Menschheit schändenden Grunde.

      Einzelnen Personen, Zollbeamten wie Zivilisten, war es nämlich gegen eine Abgabe gestattet, die aufgefundenen Güter der Schmuggler zu behalten und für ein Billiges an die Offizierstische oder die Hofhaltung der französischen Fürsten zu verkaufen; es wurde daher nach unversteuerten Waren gesucht wie nach Vogelnestern; wer sie fand, der machte sich den Vorteil zum Nutzen. Frau Douwe schlug die Hände zusammen. »Klaus, Klaus – das ist doch zu arg! Leben wir denn jetzt unter Räubern?«

      Der Kapitän nickte. »Genau genommen, ja. Aber laß dich das nicht anfechten, Frau – es ging wohl schon Besseres verloren als ein paar Fensterscheiben.«

      Er suchte nach der durchwachten Nacht womöglich einige Stunden zu schlafen, während Onnen hinausging auf das Watt, um die »Taube« zu scheuern und für ihre nächste Fahrt herzurichten wie immer.

      Auch hier traf er Soldaten. Sie hatten die Kajüte erbrochen und den ganzen Raum durchforscht; der Fischkasten lag zerschlagen da – alles Ausbrüche einer gemeinen Rachsucht, die nur den Gegner schädigen will, gleichviel ob mit Recht oder Unrecht.

      Onnen sah von einem zum ändern, das Blut schoß ihm heiß ins Gesicht. »Ich denke«, sagte er, »daß die Herren wohl auch den Schlüssel zur Kajüte hätten verlangen können! – Weshalb ist die Tür erbrochen worden?«

      Der kommandierende Unteroffizier lachte. »Was kräht das Bürschchen?« rief er höhnisch. »He, was willst du Grünschnabel?«

      »Ich frage Sie, weshalb die Tür in meines Vaters Schiff erbrochen wurde?«

      »Und nennst uns in deiner Einbildung Räuber und Diebe, nicht wahr? Das sind Beleidigungen! Heda, Meunier und Dubois, bringt ihn zum Amtsvogt!« setzte er hinzu. »Das soll exemplarisch bestraft werden.«

      Onnen schlug um sich. »Rührt mich nicht an!« schrie er. »Was wollt ihr Galgengesichter?«

      »Bindet ihn!« schrie wütend der Unteroffizier.

      Die fünf Männer überwältigten ohne Mühe den wehrlosen Knaben und schleppten ihn fast zur Wohnung des Amtsvogts. Unterwegs gesellten sich Leute zu dem Zuge, der Kapitän wurde geweckt und erschien selbst auf dem Schauplatz der Begebenheiten, auch Oberst Jouffrin kam fluchend und den tiefen Sand verwünschend herbei; mürrisch ließ er sich durch den Unteroffizier Bericht erstatten.

      »Der Junge soll zehn Stunden Arrest erhalten, dann mag er laufen. Vogt, Sie sperren ihn, wie es hier üblich ist, in Ihren Keller! Es sind Rebellen, die Vissers, der Vater sowohl wie der Sohn.« Der Kapitän atmete leichter. Also wenigstens keine Prügel!

      »Junge«, sagte er, »geh ruhig mit. Weshalb hast du nicht geschwiegen!«

      Und dann besänftigte er seine Landsleute. »Wer sein Vaterland liebt, der verhält sich völlig ruhig, Kinder, völlig ruhig. Der Übermacht müssen wir uns ja doch ergeben. Amtsvogt, du bürgst mir für meinen Jungen!«

      »Das tu ich, Visser, das tu ich!«

      Der Platz um die Amtswohnung dicht unter der Kirche wurde allmählich leer, und nun begann die sonderbare Strafe, welche damals für leichte, besonders knabenhafte Vergehungen auf Norderney üblich war.

      Die Kellerfenster der Amtsvogtei wurden geöffnet, um jedem Bewohner des Dorfes das Schauspiel da drinnen vollkommen deutlich zu zeigen. Auf dem Hofe lagen Backsteine, diese mußte der arme Sünder in den unterirdischen Raum hinabtragen und davon zwei Säulen oder Strebepfeiler bauen; sobald das geschehen war, legte der Wächter des Gesetzes über beide ein Brett und auf demselben saß dann der Schuldige diejenige Stundenzahl, welche ihm zuerkannt worden war.

      Onnen begann halb erbittert, halb lachend die sonderbare Arbeit. Sobald erst einmal auf der Insel alles schlief, würde ihn ja der Vogt entschlüpfen lassen, das wußte er.

      Die Steine waren bald hinabgetragen, das Brett folgte nach; heimlich ließ die Frau Amtsvögtin auch einige tüchtige Butterbrote und eine Anzahl gekochter Eier mit in die Finsternis des Kellers wandern, dann schwang sich Onnen auf seinen harten Sitz.

      Draußen war die Umgebung wie ausgestorben. Wenn sonst ein junger Bursche im Amtskeller thronte, so hänselten ihn seine Genossen, wodurch ja eben die ganze Sache erst eigentlich zur Strafe wurde, aber heute zeigte sich niemand. Auch die Rohesten wollten den Sohn des geachtetsten СКАЧАТЬ