Название: Winnetou 3
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Hm, ja; Ihr scheint mir allerdings ein sehr vornehmer Gentleman zu sein,« meinte er mit einem geringschätzigen Blick auf mich. »Daher werde ich Euch sogleich die verlangte Auskunft geben!« – Er winkte rückwärts und dann vorwärts. »Ich komme von daher und will dorthin.«
Der Mann begann, mir zu gefallen. Jedenfalls hielt er mich für einen von seiner Gesellschaft abgekommenen Sonntagsjäger. Der echte Westmann gibt auf sein Äußeres nichts und hegt eine offen gezeigte Abneigung gegen alles, was sauber ist. Wer sich jahrelang im wilden Westen umhertreibt, ist in Beziehung auf seinen Habitus nicht salonfähig und vermutet in jedem, der sich propre trägt, einen Greenbill, dem nichts Rechtes zuzutrauen ist. Ich hatte mich droben in Fort Wilfers mit neuer Kleidung versehen und war von jeher gewohnt, meine Waffen blank zu halten, zwei Umstände, welche nicht geeignet waren, mich in den Augen eines Savannenläufers als vollgültig erscheinen zu lassen. Daher nahm ich das kurz angebundene Wesen des fremden Männchens nicht übel und antwortete nun ebenso wie er nach vorwärts deutend:
»So macht, daß Ihr ›dorthin‹ kommt; nehmt Euch aber vor den vier Indsmen in acht, welche sich da hinten auf Eurer Fährte halten! Ihr habt sie wohl noch gar nicht bemerkt?«
Er fixierte mich aus den hellen, scharfen Äuglein mit einem Blick, in welchem sich Erstaunen und Belustigung zugleich kundgaben.
»Nicht bemerkt? Hihihihi! Vier Indsmen hinter mir, und ich sie nicht bemerken! Ihr scheint mir zum Beispiel ein sonderbarer Kauz zu sein! Die guten Leute sind bereits seit heut früh hinter mir her; ich aber brauche mich nach ihnen gar nicht umzusehen, denn man kennt ja die Weise dieser roten Mesch‘schurs. Sie werden sich in gehöriger Entfernung halten, solange es Tag ist, und mich dann beschleichen, wenn ich mir irgendwo einen Lagerplatz gesucht habe. Aber sie sollen sich zum Beispiel sehr verrechnet haben, denn ich werde ihnen einen Ring schlagen, der mich in ihren Rücken bringt. Ich hatte nur bisher kein passendes Terrain dazu; hier zwischen diesen Wellen kann ich‘s endlich tun, und wenn Ihr lernen und sehen wollt, wie ein alter Westmann es einrichtet, sich an die Redmen zu bringen, so dürft Ihr nur hier bleiben und zehn Minuten warten. Werdet es aber wohl bleiben lassen, denn ein Mann Eures Schlages pflegt zum Beispiel verteufelt wenig Lust zu haben, eine Portion Indianerparfum einzuschnobern! Come on, Tony!«
Ohne sich weiter um mich zu bekümmern, ritt er davon und war bereits nach einer halben Minute samt seiner famosen Stute zwischen den Bodenerhebungen verschwunden.
Sein Plan war mir sehr verständlich, denn ich an seiner Stelle hätte einen ähnlichen Gedanken ausgeführt. Er wollte einen Bogen reiten, der ihn hinter seine Verfolger brachte, denen er sich nähern mußte, noch ehe sie aus der veränderten Richtung auf seine Taktik schließen konnten. Um diesen Zweck zu erreichen, durfte er sich natürlich nur in den Wellentälern halten, und besser war es, wenn er sich nicht hinter die Indsmen brachte, sondern den Bogen so kurz schlug, daß sie an ihm vorüber mußten. Sie hatten ihn bisher genau beobachten können, wußten also, wie weit sie ihn vor sich hatten, und konnten nicht vermuten, daß er ihnen wieder nahe sei.
Es waren Vier gegen Einen, und die Möglichkeit lag vor, daß ich in die Lage kommen konnte, meine Waffen zu gebrauchen. Ich untersuchte sie daher und erwartete dann den Verlauf der Dinge.
Die Indianer kamen jeden Augenblick näher, immer einer hinter dem andern. Sie hatten beinahe die Stelle erreicht, an welcher die Spur des Kleinen mit der meinigen zusammenlief, als der vorderste von ihnen sein Pferd anhielt und sich zurückwandte. Es schien sie doch zu befremden, daß der von ihnen verfolgte Weiße nicht mehr zu sehen war. Sie hielten eine kurze Beratung, während welcher sie eng beisammen blieben. Mit einer Kugel meines Bärentöters konnte ich sie bereits erreichen; aber das war gar nicht nötig, denn jetzt krachte ein Schuß, und in der nächsten Sekunde ein zweiter. Zwei Indianer sanken tot von ihren Pferden, und zu gleicher Zeit ertönte ein lauter, triumphierender Ruf.
»O – hi – hi – hiiii!« erscholl es in jenem Kehllaute, in welchem der Schlachtruf der Indianer ausgestoßen wird.
Aber nicht ein Indianer ließ ihn hören, sondern der kleine Jäger, welcher aus einer nahen Talrinne auftauchte. Er hatte seinen Vorsatz ausgeführt, war hinter mir verschwunden, und vor mir wieder zu sehen. Er tat, als ob er nach seinen beiden Schüssen fliehen wolle. Seine Stute schien jetzt auf einmal ein ganz anderes Wesen geworden zu sein; sie warf die Beine auseinander, daß der Rasen krachte; der Kopf mit den enthusiastisch gespitzten Ohren lag tief im Genick, und jede Sehne, jede Faser schien angespannt zu sein. Reiter und Pferd waren wie verwachsen miteinander. Der Erstere schwang sein Gewehr und lud es im Galopp mit einer Sicherheit, welche darauf schließen ließ, daß er sich nicht das erste Mal in einer solchen Lage befand.
Hinter ihm knatterten zwei Schüsse; die beiden Indianer hatten auf ihn abgedrückt, aber keine Kugel traf ihn. Die Indsmen stießen ein Wutgeheul aus, griffen zu den Tomahawks und sprengten hinter ihm her. Er hatte sich bisher noch gar nicht nach ihnen umgesehen; jetzt aber war er mit dem Laden fertig und riß sein Pferd herum. Es war, als ob das Tier die Entschlüsse seines Reiters mitdächte; es hielt, streckte sich und stand dann bewegungslos wie ein Sägebock. Er nahm das Gewehr empor und zielte kurz; in den nächsten Augenblicken blitzte es zweimal auf, ohne daß die Stute zuckte – die beiden Indsmen waren durch die Köpfe getroffen.
Ich hatte bisher im Anschlage gelegen, aber nicht losgedrückt, da der Kleine meiner Hilfe nicht bedurfte. Jetzt war er vom Pferde gestiegen, um die Gefallenen zu untersuchen, und ich ging zu ihm heran.
»Nun, Sir, wißt Ihr jetzt zum Beispiel, wie man diesen roten Halunken einen Ring schlägt, he?« fragte er mich.
»Thank you, Master! Ich sehe, daß man bei Euch etwas lernen kann!«
Mein Lächeln mußte ihm denn doch etwas zweideutig erscheinen; er blickte mich scharf an und meinte dann:
»Oder wäret etwa auch Ihr auf einen solchen Gedanken gekommen?«
»Ein Ring war gerade nicht notwendig. Bei diesem Terrain, wo man sich in den Wellentälern unsichtbar machen kann, genügt es, sich auf einem großen Vorsprunge dem Feinde zu zeigen, und dann reitet man einfach auf der eigenen Spur zurück. Der Ring ist weit angemessener für die ebene und offene Prairie.«
»Schaut, wo Ihr das alles her haben mögt! Wer seid Ihr denn eigentlich, he?«
»Ich schreibe Bücher.«
»Ihr – schreibt – Bücher —?« Er trat erstaunt einen Schritt zurück und zog ein halb bedenkliches, halb mitleidiges Gesicht. »Seid Ihr krank, Sir?«
Er deutete dabei nach der Stirn, so daß ich ganz genau wissen konnte, welche Krankheit er im Sinne habe.
»Nein!« antwortete ich.
»Nicht? So kann Euch vielleicht ein Bär begreifen, ich aber nicht! Ich schieße mir einen Büffel, weil ich essen muß; aus welchem guten Grunde schreibt Ihr denn Eure Bücher?«
»Damit sie gelesen werden.«
»Sir, nehmt es mir nicht übel, aber das ist ja die allergrößte Dummheit, die sich ausdenken läßt! Wer Bücher lesen will, mag sie sich selbst schreiben, das muß ja zum Beispiel jedes Kind einsehen. Ich schieße mein Fleisch ja auch nicht für Andere! Also, hm, ja, ein book-maker seid Ihr? Aber wozu kommt Ihr da in die Savanne, he? Wollt Ihr etwa hier zum Beispiel Bücher schreiben?«
»Das tue ich erst, wenn ich wieder daheim bin; dann erzähle ich alles, was ich erlebt und gesehen habe, und viele Tausende von Leuten lesen es und wissen dann sehr genau, wie es in der Savanne zugeht, ohne daß sie nötig haben, selbst in die Prairie zu gehen.«
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