Название: Im Lande des Mahdi III
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Wir bekamen auch jetzt Fleisch und Wasser. Da ich mich freier bewegen konnte, sah ich, wie bereits oben bemerkt, aus welchen und wie vielen Leuten unser Zug bestand. Man hatte Reserveochsen mitgenommen. Zwei von ihnen trugen das Zelt des Anführers. Auf dem Packsattel eines dritten sah ich ein langes Bündel, aus welchem die Kolben und Läufe unserer Gewehre blickten. Daß man uns nicht nur die Waffen, sondern überhaupt alles abgenommen hatte, bedarf eigentlich keiner besonderen Erwähnung.
Zwei Stunden mochten wir geruht haben, als wir wieder aufbrachen. Wie war ich erfreut, als man mir, bevor ich aufsteigen mußte, die Schebah vom Halse nahm! Ich bekam sogar einen andern, bessern Ochsen. Meine Bemerkung hatte also die beabsichtigten Früchte getragen. Zwar wurde ich wieder durch Riemen mit Ibn Asl und Selim verbunden, aber die Gabel hinderte und drückte mich nicht mehr, und ich konnte trotz der gefesselten Hände die Zügel halten und auch führen. Das hatte zur Folge, daß ich während des ganzen Nachmittages fast nicht die mindeste Belästigung fühlte, nur daß am Abende, als wir wieder Halt machten, noch eine gewisse Steifheit zu bemerken war.
Wir befanden uns am Rande einer Art von Prairie. Die Ochsen sollten einige Stunden grasen und dann wiederkäuen, natürlich unter Aufsicht von Wächtern, die sich während der Nacht abzulösen hatten. Für Ibn Asl wurde das Zelt aufgeschlagen, und mir wurde die Schebah wieder angelegt. Als Abendessen bekamen wir einen Brei von Durrhamehl, in kaltem Wasser angerührt.
Es war ein Feuer angebrannt worden, welches, um die Stechmücken abzuwehren, die ganze Nacht unterhalten werden sollte. Dort hatten Ben Nil und Selim sich niederzulegen, weil sie, von den Flammen beschienen, besser bewacht werden konnten. Was aber mich betraf, so sagte Ibn Asl, nachdem er meine Handschellen und die Schebah sorgfältig untersucht hatte:
»Dich lasse ich nicht im Freien. Du mußt mit ins Zelt hinein, damit ich deiner vollständig sicher bin.«
Ich wurde also in das Zelt geschafft und im Hintergrunde desselben niedergelegt, nachdem man mir mit einem Riemen beide Fußgelenke zusammengebunden hatte. Die Spitze der Schebah wurde fest an die eine Zeltstange geschnürt, so daß ich die ganze Nacht den Kopf und Oberkörper nicht zu bewegen vermochte, eine mehr als unbequeme Lage.
Nahe dem Eingange wurde für Ibn Asl ein Lager aus weichen Decken zurechtgemacht und für den etwaigen Bedarf während der Nacht ein Gefäß voll Trinkwasser daneben gestellt. Dieses Wasser hätte mich retten können; leider aber stand es nicht in meinem Bereiche. Als er sich auf sein Lager hingestreckt hatte, machte er mir die Bemerkung:
»Denke nicht etwa an Flucht! Ich werde jede deiner Bewegungen hören. Wolltest du dich erheben, so würdest du, da die Schebah mit dem Zelte verbunden ist, dasselbe erschüttern, oder gar niederreißen. Auch sitzen die Wächter draußen am Feuer und werden das Zelt nicht aus den Augen lassen.«
Der gute Mann hatte sehr recht; aber wenn mir das Wassergefäß zugänglich gewesen wäre, so hätte er nicht recht gehabt. Er verschloß den Eingang des Zeltes, indem er den Vorhang vorzog, und verhielt sich von jetzt an ruhig. Ich war ebenso still wie er, aber nur äußerlich. In meinem Innern sprachen verschiedene Stimmen, von denen aber keine zur wirklichen Geltung gelangte. Sowie ich jetzt hier im Zelte lag, war Flucht unmöglich. Ich mußte mich heute noch in Geduld fügen. Aber Schlaf fand ich nicht. Erstens war meine Lage zu unbequem dazu, und zweitens galt es, nachzudenken, ob es nicht auf eine andere, mir bisher noch nicht eingefallene Weise möglich sei, loszukommen. Aber all mein Sinnen führte zu keinem Ziele; der Kopf wurde mir schwer; ich fiel zuweilen in eine Art von Halbschlummer, aus dem ich immer schnell wieder erwachte, und als die Wächter draußen die Schläfer mit lauter Stimme weckten, war ich viel müder, als ich am Abende gewesen war.
Der Tag brach an. Man band mir die Füße frei, löste die Schebah von der Zeltstange und führte mich hinaus, wo ich wieder Durrhabrei, und zwar in derselben Weise wie am vorigen Abende zu essen bekam. Dann wurde ich, nachdem man mir die Schebah abgenommen hatte, wieder auf den Ochsen gebunden, Ben Nil und Selim ebenso, worauf der heutige Ritt begann. Einer der Führer fehlte. Wie ich später erfuhr, war er schon während der Nacht aufgebrochen, um uns als Kundschaftet voranzureiten.
Während ich über mein Befinden im Sattel jetzt nicht mehr zu klagen hatte und auch Ben Nil sich nicht beschwerte, begann Selim hinter uns zu wimmern und zu klagen. Es war klar, daß der alte Mann solchen Anstrengungen nicht gewachsen sein konnte. Ich bedauerte ihn, obgleich nur er allein unsere gegenwärtige Lage verschuldete, und warf ihm einige Bemerkungen, die ihn trösten sollten, zu. Dies war mir heute möglich, da ich die Schebah nicht zu tragen hatte und mich also umdrehen konnte.
»Schweig, Effendi!« fuhr er mich undankbar an. »Du bist schuld an allem, was ich zu leiden habe.«
»Ich? Wieso?« fragte ich verwundert.
»Wärst du in Wagunda geblieben, so wäre ich dir nicht nachgelaufen! Meine Glieder sind wie von Papier, und meine Seele weint mehr Thränen, als es in einem Jahre regnen kann. Dieser Ochse ist mein Tod.«
»Ich habe geglaubt, daß du ein guter Reiter seist!«
»Der bin ich auch. Ich bin der kühnste und gewandteste Reiter des Weltalls. Ich bändige selbst das wildeste Roß; aber welcher wahrhaft Gläubige hat jemals schon auf einem Ochsen gesessen?«
Er konnte selbst in unserer jetzigen Lage das Aufschneiden nicht lassen. Uebrigens verdenke ich es selbst heute noch keinem gläubigen Moslem, wenn er es vorzieht, lieber auf einem sammtnen Diwan, als auf einem sudanesischen Ochsen zu sitzen. Es soll sogar Christen geben, welche genau derselben Meinung sind.
Als wir die Prairie hinter uns hatten, ritten wir durch einen Wald, am Rande eines Sumpfes hin. Die Gegend kam mir bekannt vor. Bald darauf ging es wieder über eine Lichtung, welche ich auch schon gesehen zu haben glaubte. Als ich infolgedessen schärfer nach allen Seiten blickte, sagte Ben Nil:
»Weißt du, Effendi, daß wir hier gewesen sind? Ueber diesen Platz sind wir am frühen Morgen des zweiten Tages gekommen.«
»Ah, du hast recht; ich besinne mich.«
»Denke dir also, wie schnell wir geritten sind!«
»Wir haben gestern allerdings eine weite Strecke zurückgelegt; aber das ist nicht die einzige Ursache, daß wir uns schon hier befinden. Wir haben ausgezeichnete Führer bei uns.«
»Das ist schlimm, weil wir die Strecke, zu welcher wir zu Fuße drei Tage brauchten, jetzt in zwei zurücklegen werden. Wann, meinst du, daß wir Wagunda erreichen?«
»Wahrscheinlich schon heute.«
»So sind unsere Freunde verloren und wir mit ihnen.«
»Noch nicht. Bis dahin kann noch viel geschehen. Sei nur getrost.«
Es war nun allerdings Grund vorhanden, unsere Hoffnungen herabzustimmen. Wenn wir uns jetzt nicht in der Gegend geirrt hatten, so war anzunehmen, daß wir am Abende in die Nähe von Wagunda gelangen würden. Und der Umstand, daß ein Kundschafter vorausgegangen war, bewies, daß wir uns diesem Ziele näherten. Kamen wir nicht zu spät dort an, so durften wir vermuten, daß Ihn Asl den Angriff noch heute unternehmen werde, falls er nämlich finden sollte, daß die Verteidiger unvorbereitet seien. Das Dorf war zu gut besetzt, aber wenn die Leute schliefen und es wie Foguda angebrannt wurde, so waren unsere Freunde allem Vermuten nach doch verloren.
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