Название: Der Schut
Автор: Karl May
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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Als wir damit fertig waren, kamen die Grabmacher und meldeten, die Grube sei fertig. Nun nahmen sie die Leiche auf, und wir folgten ihnen.
Es ist immer eine ernste Sache, an dem Grabe eines Menschen zu stehen. Ob man demselben Gutes oder Böses zu verdanken hat, das ist von keiner Bedeutung gegenüber dem Gedanken, daß er nun vor seinem Richter stehe, dessen Urteil einst auch über uns ergehen wird. Da schwindet der Haß, und es schweigt die Rache. Man denkt an nichts als an das ernsteste Wort aller Erdensprachen: Ewigkeit. Ich wenigstens fühlte jetzt nichts als nur noch Mitleid mit dem Feinde, welcher eines so bösen Todes gestorben und ohne Reue über seine Sünden von hinnen gegangen war. Auch Halef sagte:
»Vergeben wir ihm alles, was er an uns getan hat und noch zu tun beabsichtigte. Ich bin ein gläubiger Sohn des Propheten, und du bist ein gehorsamer Anhänger deines Glaubens. Wir können keinen Toten hassen, sondern wir wollen ihm den letzten Dienst erweisen und an seinem Grabe beten.«
Beim Schein des Feuers sahen wir üppige Farne. Diese schnitten wir, um mit ihnen die Grube auszukleiden. Den Toten senkten wir hinab und deckten ihn auch mit Farnwedeln zu. Dann fragte Halef:
»Wer soll das Gebet sprechen? Du, Sihdi?«
»Nein, ich bin kein Mohammedaner. Seine Freunde mögen sprechen!«
»Wir sind nicht seine Freunde,« erklärte der Konakdschi. »Mir ist es gleich, ob die Sure des Todes an seinem Grab gebetet wird oder nicht. Auch ist es mir sehr gleichgültig, ob derjenige, der sie betet, ein Mohammedaner ist oder ein Christ. Ich aber kann nicht beten. Ich habe kein Geschick dazu und kenne den Kuran nicht auswendig. Dem Junak aber dürft ihr das noch viel weniger zumuten.«
»Nun gut, so werde ich sie beten,« sagte Halef. »Du aber, Sihdi, magst vorher die Fatha beten, die Eröffnung des Kuran, welche jeder Handlung vorangehen muß. Willst du?«
»Ja.«
»So bete sie, aber in der Mundart des Propheten. Der Verstorbene hat die heiligen Orte besucht und vom Wasser des Zemzem getrunken. Seine sündige Seele wird vielleicht Gnade finden, wenn Allah aus deinem Mund den Dialekt vernimmt, in welchem der Erzengel Tschebrail (* Gabriel.) mit dem Propheten redete. Ich verstehe nicht so wie du, ihn zu sprechen. Laßt uns also niederknien und beten!«
Sie ließen sich am offenen Grab auf ihre Knie nieder, die Gesichter nach Mekka gerichtet. Ich allein blieb stehen. Ich war diesen Leuten gern zu Willen, doch widerstrebte es mir, die Fatha kniend zu sprechen. Nachdem sie sich dreimal verneigt hatten, rief Halef die sieben vornehmsten Eigenschaften Gottes aus, und dann begann ich in der eigenartigen Rhythmik und der Koreisch-Mundart des Originales:
»El Hamdu lillahi, rabbi 'l 'alamina. Er rahmani 'r 'rahimi, Maliki yaumi 'd dini! Iyyake nabodu, we iyyake nestaïnu, Ibdinah 'ss ssirata 'l mustakina. Ssirata 'l ladsina enamta alaihim, Ghairi 'l maghdhubi alaihim, We la 'dh dhalina!«
Das ist auf deutsch:
»Preis sei Allah, dem Herrn der Welten, dem Barmherzigen und Gnädigen, dem Herrscher am Tage des Gerichtes! Dich beten wir an; dich flehen wir um Hilfe; führe uns auf den geraden Weg. Auf den Weg derer, denen du Huld bewiesen, nicht derer, denen du zürnest, noch derer, die in der Irre wandeln!«
Und nun betete Halef mit lauter Stimme und indem er die gefalteten Hände erhob:
»Im Namen des allbarmherzigen Gottes! Höret, ihr Sterblichen, die Stunde des Gerichtes nahet heran. In dieser Stunde werden die Augen der Menschen gräßlich vor sich hinstarren; kein Augenlid wird zucken, und ihre Herzen werden ohne Blut sein.
Die Erde wird beben und ihre Lasten abschütteln, und der Mensch wird schreien: »Wehe, was ist ihr zugestoßen!« Dann wird sie den Auftrag verkündigen, der ihr von Allah geworden ist.
Die Sonnen werden zittern, die Sterne erbleichen und die Berge schwanken. Die Kamelstute wird ihre Jungen vergessen, und die Raubtiere werden sich angstvoll zusammendrängen. Das Meer wallt auf und die Himmel werden hinweggenommen. Die Hölle wird angefacht und das Paradies der Erde nahegerückt werden. Der Mond wird sich spalten, und die Menschen werden vergeblich nach einem Zufluchtsort schreien.
Darum wehe dir, wehe dir! Und abermals wehe dir und wehe dir! Hast du deine Seele nicht bereitet, vor dem Richter zu bestehen, so wäre es dir besser, du wärest nie geboren. Die Verdammnis wird dich umfangen und dich nicht wieder ausspeien in alle Ewigkeit.
Und wohl aber dir, wohl dir! Und abermals wohl dir! Hast du deine Sünden im Wasser der Reue gewaschen und sie hier zurückgelassen, so hast du es nicht zu fürchten, daß an jenem Tage die Hölle herangebracht wird, denn Allah wird kommen mit einer Engelsschar und dich einführen in sein Paradies.«
Der Hadschi verneigte sich dreimal und stand dann auf. Sein Gebet war zu Ende. Wir überließen es dem Konakdschi, dem Kohlenhändler und seinem Weib, die Grube mit Erde zu füllen, und kehrten nach dem Hause zurück, wo wir uns beim Feuer niederließen.
Jetzt konnten wir die Pferde wieder aus dem Schuppen holen, damit sie weideten. Der Bär war nicht mehr zu fürchten.
Wir selbst bedurften der Ruhe. Es gab für uns nichts mehr zu tun, und so nahmen wir die Sättel unter die Köpfe, um zu schlafen. Aus Vorsicht aber mußte einer wachen. Die Ablösung sollte alle Stunden erfolgen. Wir durften den dreien, welche sich dort beim Grab befanden, nicht trauen.
Zuvor untersuchte ich meinen Fuß. So sorgfältig und fest ich ihn betastete, ich empfand keine Schmerzen. Die Büchse hatte ich natürlich gesucht und gefunden. Die Waffen befanden sich zum augenblicklichen Gebrauch neben uns, und so lagen wir da und schlossen die Augen.
Aber wir wurden noch einmal gestört. Die zwei Männer kamen mit der Frau, um den Bären in das Haus zu schaffen. Dabei kam mir ein Gedanke. Ich stand wieder auf und schnitt mir ein tüchtiges Stück von der dicken Fettlage ab, welche der amerikanische Jäger Bearfat, Bärenspeck, nennt. Die Drei standen dabei, ohne mich zu fragen, wozu ich das nehmen wolle. Dabei bemerkte ich, daß an dem linken Fuß des Kohlenhändlers, welcher weder Schuhe noch Stiefel trug, die kleine Zehe fehlte.
»Du hast nur vier Zehen am linken Fuß. Wie hast du sie verloren?«
»Das Rad meines schwer beladenen Wagens ging darüber und hat sie mir zerquetscht. Sie hing so locker am Fuß, daß ich sie mir abschneiden mußte. Warum fragst du?«
»Ohne alle Absicht. Ich erblickte soeben den Fuß.«
»Nimmst du noch von dem Fleisch oder können wir es nun forttragen?«
»Schafft es hinein; es ist euer.«
Sie schleppten die schwere Last fort. Meine Gefährten hatten mein Tun beobachtet, und Halef erkundigte sich:
»Wozu hast du das Fett genommen, Sihdi? Wir brauchen es doch nicht.«
»Wir werden es vielleicht sehr nötig haben. Wenn wir in die Höhle der Juwelen kommen, wird es finster in derselben sein.«
»Willst du sie denn wirklich betreten?«
»Das weiß ich noch nicht. Es ist zu vermuten, daß ich es tue, und da kann ich mir mittels des Fettes eine Lampe machen.«
»So mußt du doch auch einen Docht haben. Da liegt noch der Fetzen, in welchen die Wurst gewickelt war. Der Wirt hat ihn liegen lassen. Wir können das Fett einwickeln und ihn dann als Docht benutzen.«
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