Ardistan und Dschirnistan I. Karl May
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Название: Ardistan und Dschirnistan I

Автор: Karl May

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ also verzeihen, daß ich in diesen Dingen nicht bewandert bin und meinen Ruhm nur darin suche, daß unsere Nation an ihren Gott und Schöpfer glaubt. Wenn wir bestimmen, was mit Euch geschehen soll, so habe ich nur in Beziehung auf Eure Religion mit zu beraten, sonst aber nicht. Glaubt Ihr an Gott?«

      »Ja.«

      »So bin ich beruhigt. Denn wer einen Gott hat, der schlägt keinen Menschen tot!«

      »Ihr aber habt mir doch damit gedroht!« warf Halef ein.

      »Gedroht? Ja! Aber haben wir es getan?«

      »Bis jetzt allerdings noch nicht.«

      »So wartet also ab, ob es geschieht!«

      »Abwarten?« lachte Halef. »Ja, das werden wir, und zwar mit größtem Vergnügen! Es hat nämlich bisher noch keinen gegeben, dem es gelungen ist, uns tot zu schlagen, und so soll es mich verlangen, zu erfahren, wie Ihr es anfangen werdet, dies zu tun!«

      Da kam Taldscha von der Höhe des Ufers langsam zu uns herabgestiegen, blieb am Wasser stehen und gab der Verhandlung folgenden, für beide Teile günstigen Verlauf:

      »Ist der, der sich Hadschi Halef Omar nannte, ein Araber?«

      »Ja,« nickte dieser.

      »Wirklich ein Scheik?«

      »Ja.«

      »Und aus welchem Lande ist Emir Kara Ben Nemsi?«

      Halef hatte vorhin in seiner bekannten Art und Weise über mich und seine Person geflunkert, um zu imponieren. Ich brauchte mich dieser Aufschneiderei allerdings nicht etwa in mich selbst hinein zu schämen, denn was er tat, ist orientalischer Gebrauch oder vielmehr morgenländische Ausdrucksweise. Ihn zu verbessern, hätte nichts nützen können, aber sicherlich geschadet. Dennoch war ich entschlossen, seine Angaben jetzt, falls Taldscha mich fragen würde, auf die reine, nackte Wahrheit zurückzuführen. Es kam aber nicht so weit. Die Ussul waren zu naiv und selbst viel zu wahrheitsliebend, als daß es ihnen eingefallen wäre, an den Worten des Hadschi herumzumäkeln.

      »Ich bin aus Dschermanistan,« antwortete ich.

      »Das kenne ich nicht. Folglich kann es nicht in unserem Erdteile liegen,« erklärte sie.

      »Es liegt allerdings nicht im Morgen-, sondern im Abendlande.«

      Es war mir nahegelegt worden, zu verschweigen, daß ich ein Abendländer sei; aber diesen hellen, klaren, außerordentlich ehrlich blickenden blauen Augen gegenüber, die jetzt auf mich gerichtet waren, fühlte ich mich nicht imstande, etwas anderes als die Wahrheit zu sagen. Ich ersah aus einer schnellen Bewegung ihres Kopfes, daß sie sich nicht unangenehm überrascht fühlt. Sie fuhr fort:

      »Im Abendlande? Und wo wolltest Du jetzt hin?«

      »Durch das ganze Ardistan.«

      »Dann bist Du entweder ein sehr unvorsichtiger oder ein sehr kühner Mann. Denn der ‘Mir von Ardistan würde Dich höchst wahrscheinlich töten lassen, sobald er erführe, daß Du ein Abendländer bist. Glücklicherweise aber wirst Du diesem Tode entgehen, weil Du gar nicht zu ihm kommst, sondern für immer bei uns bleibst. Nach den Gesetzen unseres Landes bist Du unser Eigentum.«

      »Nach den Gesetzen meines Landes aber bin ich es nicht,« entgegnete ich.

      »Wir haben den Gesetzen unseres Landes zu gehorchen, nicht aber den Gesetzes des Deinigen!«

      »Das begreife ich. Und Du wirst ebenso begreifen, daß ich den Gesetzen meines Landes zu gehorchen habe, nicht aber den Gesetzen des Eurigen!«

      »Du willst Dich gegen uns wehren?«

      »Ja.«

      »Es wird vergeblich sein!«

      »Du irrst. Bisher war es sehr von Erfolg. Wir befinden uns keineswegs in Eurer Gewalt. Wir sind frei. Dagegen ist Euer Scheik und Euer Priester in unsere Hände geraten. Wenn wir mit diesem Boote grad quer über den See rudern, kommen wir viel eher an das jenseitige Ufer als Ihr. Wer will uns hindern, erst den Priester und dann auch den Scheik zu töten, falls wir davon überzeugt sind, daß Ihr nicht Frieden halten wollt?«

      Sie antwortete nicht gleich; sie überlegte. Und sie musterte uns dabei mit prüfenden Augen. Dann sagte sie:

      »Ich bin ungewiß und unzufrieden. Ihr gefällt mir sehr, ja, wirklich sehr. Ich möchte gern recht viel über das Abendland erfahren. Und es wäre wohl schön, wenn Du als freier Mann, nicht aber als Knecht und Sklave von ihm erzähltest. Es würde mich freuen, wenn ich zu Dir sagen dürfte: Du bist mein Gast, bist nicht mein Eigentum! Aber ich habe den Gesetzen meines Landes zu gehorchen, nicht meinen Wünschen. Es gäbe zwar einen Weg, ein Mittel – — —«

      Sie sprach nicht weiter. Sie machte eine Handbewegung, als wie um anzudeuten, daß sie das, woran sie dachte, für unmöglich halte.

      »Welchen Weg? Und welches Mittel?« erkundigte ich mich.

      »Es ist für Euch überflüssig, hiernach zu fragen,« antwortete sie, indem sie die Handbewegung wiederholte.

      »Weißt Du das so genau? Ich wiederhole meine Frage und bitte Dich, mir Auskunft zu erteilen, damit auch ich mich darüber aussprechen kann, ob es so überflüssig ist, wie Du meinst!«

      Wieder dachte sie nach, und wieder musterte sie uns mit zwar wohlwollenden aber unbefriedigten Augen. Hierauf sprach sie:

      »Es gibt ein Mittel, Euch von der Knechtschaft, die Euch droht, zu befreien. Das Gesetz liefert Euch in unsere Hände; dasselbe Gesetz aber macht Euch wieder frei, indem es Euch gestattet, Euch von uns loszukämpfen.«

      Als Halef diese Worte hörte, warf er beide Arme hoch empor und rief aus:

      »Sihdi, wir kämpfen uns los!«

      Ich aber beachtete ihn und seinen Ausruf nicht. Grad er hatte während der letzten zwei Stunden bewiesen, daß er nicht der Mann war, einen solchen Kampf aus eigener Kraft zu bestehen. Ich faßte die rätselhafte Frau, die vor uns stand, nun ebenso scharf in die Augen, wie sie uns, und entgegnete:

      »So hattest Du allerdings recht. Die Auskunft, die Du uns erteilst, ist überflüssig, völlig überflüssig. Du glaubtest, uns etwas mitzuteilen, wovon wir keine Ahnung haben. Du eröffnest uns, daß Euer Gesetz uns die Möglichkeit biete, uns durch einen siegreichen Kampf von Euch zu befreien. Hierbei sagt uns der Blick Deines Auges, daß Du einen Sieg von unserer Seite für ausgeschlossen hältst – — —«

      Da fiel sie mir in die Rede:

      »Daß Ihr auf alle Fälle gegen uns unterliegen würdet, das kannst Du doch nicht leugnen!«

      »Unterliegen?« fragte ich, indem ich auf den gefesselten Zauberpriester deutete. »Nennst Du das unterliegen? Du zeigst uns den Kampf, durch den wir uns von Euch befreien können, als eine entfernte Möglichkeit, um die wir Euch wohl gar zu bitten haben. Siehst Du wirklich die Größe der Täuschung nicht, in der Du Dich befindest? Dieser Kampf ist nicht mehr bloß möglich, sondern er ist bereits zur Wirklichkeit geworden. Er liegt nicht mehr in der Ferne, sondern er ist schon hier; wir stehen mitten drin. Und der Sieg hat bisher nur auf unserer, nicht aber auf Eurer Seite gelegen!«

      Wäre ihr Gesicht nicht vollständig behaart gewesen, so hätte ich wohl das tiefste Erstaunen gesehen, das sich nur durch einen langsamen, schweren Atemzug verraten konnte.

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